Wittgenstein. . Blick in die Schul-Landschaft Wittgensteins: Trotz Schließung zweier Hauptschulen und befürchtet sinkender Schülerzahlen scheint die Lage stabil

  • Lage im Altkreis Wittgenstein offenbar gar nicht so schlecht wie mit Blick auf den demografischen Wandel befürchtet
  • Berufskolleg Wittgenstein und Lachsbachschule müssen sich in der Schul-Landschaft behaupten
  • „Labor Wittgenstein Wandel“ soll sich im Bereich „Schule und berufliche Qualifikation“ auch um zweites Schulforum kümmern

Die Hauptschulen in Bad Laasphe und Erndtebrück geschlossen, die Prognosen bei den Schülerzahlen bislang düster – wie steht es eigentlich um die Schul-Landschaft in Wittgenstein? Offenbar gar nicht so schlecht wie mit Blick auf den demografischen Wandel befürchtet. Ein aktueller Blick in die drei Kommunen.

Bad Berleburg

Grundschulen: 185 Schulanfänger erwarten die sechs Bad Berleburger Grundschulen zum Schuljahr 2018/19 – zehn Erstklässler mehr als im laufenden. Anmeldungen von Kindern aus Bad Berleburg an Grundschulen in Nachbarkommunen seien dieses Jahr nicht registriert worden, so die Stadt als Schulträger – allerdings seien an der Grundschule Aue-Wingeshausen sechs Kinder aus Erndtebrück angemeldet worden. Das hat natürlich auch etwas mit der Nähe beider Orte zu tun. Insgesamt würden „die rechtlichen Vorgaben zu den Klassengrößen und zur Anzahl der Eingangsklassen ohne weitere Steuerungsmaßnahmen erfüllt“, so die Stadt als Schulträger.

Angelika Winkler, Leiterin Fachbereich Bürgerdienste im Rathaus Bad Berleburg
Angelika Winkler, Leiterin Fachbereich Bürgerdienste im Rathaus Bad Berleburg © Peter Kehrle

Die Lage an den Schulen sei derzeit „völlig entspannt, auch bei der Lehrerstellen-Versorgung“, sagt Angelika Winkler, im Bad Berleburger Rathaus Leiterin des Fachbereichs Bürgerdienste, zu dem auch die Abteilung Schulen gehört.

Weiterführende Schulen: Das gelte ebenso für die weiterführenden Schulen, so Winkler weiter. Hier laufe das Anmeldeverfahren fürs nächste Schuljahr zwar erst im Februar 2018, doch zeichneten sich bei den erwarteten Schülerzahlen bislang keine gravierenden Veränderungen ab.

Bad Laasphe

Städtische Schulen: In der Lahnstadt gibt es vier Grundschulen und ein Gymnasium in städtischer Trägerschaft, außerdem die beiden privaten Schulen am Schloss. Und das werde aus heutiger Sicht auch erst einmal so bleiben, schätzt Rainer Schmalz, Dezernent im Bad Laaspher Rathaus. Kurz- oder mittelfristige Änderungen, Erweiterungen oder gar Schließungen geplant? Schmalz fasst sich kurz: „Da ist im Moment nichts Akutes zu erwarten.“ Und er ist überzeugt: Es war vor drei Jahren die richtige Entscheidung der Stadt als Schulträger, die Hauptschule am Gennernbach dicht zu machen. Und aktuelle Zahlen sprechen für sich: Zu Beginn des laufenden Schuljahrs sind gerade einmal neun Bad Laaspher Grundschüler zu einer Hauptschule gewechselt.

Private Schulen: Blick hinauf zu Gymnasium und Realschule am Schloss Wittgenstein: Auch hier sieht der private Schulträger die aktuelle Situation total entspannt. „Die Angebote der beiden Schulen haben sich im Lauf der Jahrzehnte an den Bedürfnissen der Schüler orientiert“, schildert Gudrun Kämmerling, Vorsitzende des Schulverein Wittgenstein, die Entwicklung. Die Einrichtungen seien damit auch deutlich gewachsen: „Früher gab’s zum Beispiel kein Berufsorientierungsbüro, keine Informatik, kein bilingualen Unterricht“, erinnert sich Kämmerling. Und nicht zuletzt: „Wir sind die einzige Realschule vor Ort“, betont sie. „Wir bieten da schon eine gute Ergänzung zu den staatlichen Schulen an."

Erndtebrück

Eine Grundschule, eine Realschule – sicher: „Unsere Schul-Landschaft ist überschaubar“, weiß Thomas Müsse, Beigeordneter im Erndtebrücker Rathaus. Aber die Schülerzahlen seien in beiden Fällen stabil. Auch, weil die Realschule seit Schließung der Rothaarsteig-Hauptschule Anfang des Schuljahrs einen eigenen Hauptschul-Zweig anbietet.

Und die Statistik zeigt: Sieben Schüler aus Erndtebrück besuchen aktuell die fünften Klassen der drei weiterführenden Schulen in Bad Berleburg, während im Gegenzug acht Schüler aus Aue und Wingeshausen zur Realschule in Erndtebrück gehen. Mal ganz abgesehen von den zwölf Fünftklässlern unter den Realschülern, die aus dem Raum Bad Laasphe kommen. Beide Erndtebrücker Schulen seien „gut ausgestattet“, betont Müsse – baulich wie auch lehrmittelmäßig. Und Investitionen in neue Räume für Biologie, Physik und die Computer seien in den nächsten Jahren fest im Gemeinde-Haushalt eingeplant.

Ein Rezept: Sich immer wieder neu erfinden

Ihren Platz in der Wittgensteiner Schul-Landschaft behaupten müssen auch das Berufskolleg Wittgenstein in Bad Berleburg und die Lachsbachschule in Bad Laasphe.

Lachsbachschule: „Es bröckelt“

Frank Schmidt, Leiter der Lachsbachschule in Bad Laasphe.
Frank Schmidt, Leiter der Lachsbachschule in Bad Laasphe. © Eberhard Demtröder

In der Lachsbachschule macht sich Schulleiter Frank Schmidt derzeit keine ernsthaften Sorgen um den Fortbestand. Allerdings: „Wir bemerken einen Trend, dass bei uns immer weniger Kinder eingeschult werden. Es bröckelt.“ Auch, weil Schüler mit Förderbedarf zunehmend in den Unterricht der Regelschulen eingebunden werden. Aber: Oft seien es „Schüler der Klassen 5, die zu uns kommen“ – sechs allein dieses Schuljahr. Grund: „Eltern sehen ihre Kinder hier besser aufgehoben als in der Regelschule.“

Mindestens 144 Kinder und Jugendliche sollten es pro Förderschul-Standort sein. Und dank Fusion seinerzeit mit der Kindelsberg­schule in Kreuztal „passt es“, so Schmidt: 76 Schüler in Bad Laasphe, 72 in Kreuztal. Schmidt setzt aber auch auf die Politik: „Die neue NRW-Landesregierung hat sich ja klar gegen eine weitere Schließung von Förderschulen ausgesprochen.“

Berufskolleg: Ständig neue Angebote

Neue Bildungsangebote, Internet-Zugang für die gesamte Schule per W-LAN – am Berufskolleg Wittgenstein passiert eine Menge, um die Einrichtung attraktiv zu halten, berichtet Ingo Gieseler, stellvertretender Schulleiter. So habe man in den letzten Jahren erfolgreich die Fachschule Technik, Fachrichtung Maschinentechnik, mit Berufsabschluss „Staatlich geprüften Techniker“ aufgebaut. Damit lässt sich auch die Fachhochschulreife erreichen. Und das Berufskolleg werde auch weiter Angebote machen, die zur Region passen, zum Ausbildungsbedarf. Gieseler: „Wir haben festgestellt, dass das für immer mehr junge Leute in Wittgenstein in Frage kommt, aber auch für Azubis aus dem Sauerland.“ Jedenfalls habe das Kolleg mit etwa 750 jungen Leuten „konstant hohe Schülerzahlen“.

Zweites Schulforum nach 2015 denkbar

Eine integrierte Schulentwicklungsplanung für den gesamten Altkreis Wittgenstein – sie war das Ziel eines ersten großen Schulforums im Januar 2015, dem noch im Laufe des Jahres ein zweites folgen sollte. Stattgefunden hat es aber nie. Das könnte aber schon bald nachgeholt werden.

Im Zweckverband Region Wittgenstein der drei Kommunen Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück gibt es jedenfalls Stimmen, die eine weitere Schulentwicklung für den gesamten Altkreis Wittgenstein vorantreiben wollen.

Digitalisierung als Schwerpunkt-Thema angeregt

Bad Berleburgs Bürgermeister widersprach am Dienstagabend bei der Verbandsversammlung im Bad Laaspher Rathaus einem Sachstandsbericht zu Projekten des sogenannten „Labors Wittgenstein Wandel“, nach dem angesichts der Entwicklung bei den Schülerzahlen „kein aktueller Handlungsbedarf“ bestehe. Auch sein Erndtebrücker Amtskollege Henning Gronau, derzeit zugleich Verbandsvorsteher, fand, man müsse beim Thema dranbleiben.

Wolle man die Schulentwicklung tatsächlich weiterbetreiben, so Carsten Lottner von der Deutschen Stadt- und Grundstücksgesellschaft (DSK), die den Labor-Prozess moderiert, sei es durchaus denkbar, „das Schulforum wieder aufleben zu lassen“. Ein erstes Treffen dieser Art in Erndtebrück war bereits im Januar 2015 gelaufen, ein zweites sollte zeitnah folgen, fand dann aber nie statt. Nach den Gesprächen der Kommunen als Schulträger mit dem Regierungspräsidenten in Arnsberg könnte bei einer Neuauflage des Forums das Thema „Digitalisierung“ im Vordergrund stehen, regte Lottner an.

An dem ersten Forum damals in den Räumen der AWO-Werkstätten Schameder nahmen über 70 Personen teil – darunter auch Vertreter von Schulen der Region, der Schulpflegschaften sowie aus der Politik der drei Wittgensteiner Kommunen.

Die Ergebnisse

Ergebnisse damals unter anderem:

> Die Schulbus-Verbindungen verbessern, den Unterrichtszeiten anpassen
> Die Schul-Landschaft in der Region insgesamt attraktiv halten oder gestalten – einschließlich der Grundschulen auf den Dörfern und der Sicherung eines Schulangebotes Sekundarstufe I in Erndtebrück
> Den Gedanken einer „Gesamtschule Wittgenstein“ mit verschiedenen Standorten nicht ganz verwerfen
> Auszubildende sollen vor allem auch aus der eigenen Region rekrutiert werden, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegen zu wirken