Wittgenstein. . Weg vom „Turbo-Abi“, zurück zu „G9“: Wie’s weitergeht, dazu können die Leiter der Wittgensteiner Gymnasien Schüler-Eltern derzeit nur wenig sagen
- Clemens Binder: Diese Unsicherheit im Moment – „das ist schon eine Zumutung für die Eltern“
- Steffen Roth: „Ich sehe unsere Schüler jedenfalls nicht am Limit oder ausgezehrt“
- Dr. Bettina Kramer: „Wir entscheiden gemeinsam mit dem Schulträger, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen“
Wenn Clemens Binder, Leiter Johannes-Althusius-Gymnasium Bad Berleburg, heute beim Info-Abend im Bürgerhaus vor die Eltern von Viertklässlern tritt, wird er eine Frage noch nicht verbindlich beantworten können: Bleibt es am JAG beim G8-„Turbo-Abitur“ oder geht’s zurück zum ein Schuljahr längeren G9 bis Jahrgangsstufe 13? Wobei Binder Letzteres für wahrscheinlicher hält. Wie übrigens seine Amtskollegen der zwei anderen Wittgensteiner Gymnasien auch.
Johannes-Althusius-Gymnasium Bad Berleburg
Diese Unsicherheit im Moment – „das ist schon eine Zumutung für die Eltern“, sagt Binder. „Aber ich glaube, wir kriegen den Rückweg zu G9 auch ganz gut hin.“ Wobei das wirklich letzte Wort natürlich die Schulkonferenz mit Lehrern, Eltern und Schülern habe.
Ein Moment zum Innehalten
Hat der Wechsel zu G8 eigentlich damals dafür gesorgt, dass Wittgensteiner Schüler nach Hessen gingen, wo G9 weiterlief?
„Das war ein Moment, wo wir innegehalten haben“, so Steffen Roth, Städtisches Gymnasium Bad Laasphe, doch: Einen Einbruch bei den Schülerzahlen etwa durch Abwanderung nach Biedenkopf habe es nicht gegeben.
Bislang fehlten den Wittgensteiner Schulen für eine Rückkehr zu G9 aber ganz einfach noch die rechtlichen Grundlagen, so Binder. Denn was NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in Düsseldorf vorgestellt habe, sei lediglich der Entwurf eines Gesetzes dazu und politisch eben noch nicht abgesegnet. Und womöglich hätten Gymnasien vor allem im ländlichen Raum auch gar keine echte Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9.
In den Klassen 5 bis 7 laufe G8 „gut“, ist Binders Erfahrung – „ohne viel Nachmittagsunterricht“. In der Oberstufe dagegen führten die üblichen 34 Wochenstunden plus Hausaufgaben und Klausur-Vorbereitungen oft dazu, „dass die Schüler aus dem Ehrenamt in Vereinen oder Kirchen aussteigen“, hat Binder festgestellt. „Über diese Baustelle hat sich die Schulministerin noch gar nicht geäußert.“
Städtisches Gymnasium Bad Laasphe
Steffen Roth, stellvertretender Leiter des Städtischen Gymnasiums Bad Laasphe, glaubt allerdings, dass die NRW-Landesregierung den Schulen einen Wechsel zu G9 einfacher machen werde als den Verbleib beim derzeitigen G8-Modell, der jeder Schule ja in ihrer Entscheidung freigestellt bleiben soll. Konkrete Hinweise von politischer Seite gebe es dazu jedoch noch nicht.
Roth vermutet, dass es im Verlauf des Prozederes vom ersten Entwurf zum verbindlichen Gesetz irgendwann auch einen informellen Termin für die Schulleiter gebe – ehe die Schulkonferenz final beschließe. Und in welche Richtung? Steffen Roth glaubt hier im Moment eine „allgemeine Tendenz zu G9“ herauszuhören, dass nur wenige Schulen G8 anstreben.
Mehr Infos vielleicht beim Info-Tag im Januar
Spannend werde es aber ohnehin erst zum Start ins Schuljahr 2019/20, schätzt Roth – obwohl das neue Gesetz laut Entwurf offenbar rückwirkend schon für Schüler gelten soll, die zum Schuljahr 2018/19 in die fünfte Klasse eines Gymnasiums kommen. Derweil vertröstet Roth fragende Eltern bis zum nächsten Info-Tag des Städtischen Gymnasiums Bad Laasphe Ende Januar. Vielleicht sehe man dann ja schon klarer.
Das häufige Eltern-Argument, die Kinder hätten beim derzeitigen G8-Unterricht am Nachmittag zu wenig Freizeit, kann Steffen Roth verstehen, aber: „Wir haben an unserer Schule das Glück, dass die letzte Stunde schon um 15 Uhr endet.“ Da seien die Schüler „in der Regel früh zuhause“. Der stellvertretende Schulleiter glaubt übrigens nicht, dass das „Turbo-Abi“ für überhöhten Leistungsdruck gesorgt habe: „Ich sehe unsere Schüler jedenfalls nicht am Limit oder ausgezehrt.“ Was Roth nicht missen möchte: die Ergänzungsstunden des G8-Modells zur gezielten Förderung einzelner Schüler. „Die sollte man auch beim neuen G9 beibehalten“, findet er.
Gymnasium Schloss Wittgenstein
Am Bad Laaspher Gymnasium Schloss Wittgenstein war letzten Samstag Info-Tag für die Eltern der Schulwechsler. „Und natürlich fragen die nach“, so Dr. Bettina Kramer, stellvertretende Schulleiterin.
Aber auch die Schulleitung auf dem Schlossberg legt sich noch nicht fest. „Wir entscheiden gemeinsam mit dem Schulträger, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen“, so Kramer. Man werde die Vorgaben des Landes NRW abwarten – „und dann eine Entscheidung im Interesse der Schüler treffen“.