Bad Laasphe/Wittgenstein. . Mindestens 400 Jahre lang haben Juden und Christen in Wittgenstein friedlich zusammengelebt. „Diese Tatsache kann auch die Vernichtung durch die Nazis nicht ungeschehen machen“, sagt Dr. Ulf Lückel. Der aus Girkhausen stammende Marburger Kirchenhistoriker hat den über 100 Besuchern der Gedenkfeier im Bad Laaspher Haus des Gastes in einem engagierten Vortrag die Geschichte jüdischen Lebens in Wittgenstein mit neuestem Forschungsstand nahe gebracht.

Mindestens 400 Jahre lang haben Juden und Christen in Wittgenstein friedlich zusammengelebt. „Diese Tatsache kann auch die Vernichtung durch die Nazis nicht ungeschehen machen“, sagt Dr. Ulf Lückel. Der aus Girkhausen stammende Marburger Kirchenhistoriker hat den über 100 Besuchern der Gedenkfeier im Bad Laaspher Haus des Gastes in einem engagierten Vortrag die Geschichte jüdischen Lebens in Wittgenstein mit neuestem Forschungsstand nahe gebracht.

Am Tag des Judenpogroms vor 79 Jahren, mit dem in ganz Wittgenstein, aber eben auch in Bad Laasphe, das Ende des jüdischen Lebens eingeläutet wurde, war dieser Vortrag nicht die einzige Besonderheit, wie Rainer Becker, der Vorsitzende des Christlich-jüdischen Freundeskreises feststellte. Er freute sich über Neuntklässler des städtischen Gymnasiums, die an die Schicksale der ermordeten Juden und anderer Naziopfer mit Worten und Teelichtern erinnerten. Damit sind endlich wieder auch junge Bad Laaspher Teil dieser so lebendigen Erinnerungskultur, die ihren Kern im Freundeskreis hat. Umrahmt wurde der Abend außerdem von einem sehr persönlichen Grußwort des Bürgermeisters Dr. Torsten Spillmann, Liedern des PopChorns und Klavierstücken von Harald Schmidt.

Aber zurück zum „einst blühenden jüdischen Leben in Wittgenstein“, wie Ulf Lückel berichtet. Das hatte seinen Ursprung nicht nur in Zuwanderern aus Hessen, sondern sehr stark auch aus dem „Kölschen“, dem Herzogtum Westfalen. Und hier im Besonderen aus Schmallenberg, Hallenberg und Medebach, wie Lückel nachweist.

Ursache dieser Entwicklung waren die Wittgensteiner Grafenhäuser in Berleburg und Laasphe, die die Schutzgelder für Juden deutlich niedriger hielten oder senkten, und so Zuzug ermöglichten. In Berleburg betrug der Anteil an der Bevölkerung im 18. Jahrhundert zwölf Prozent, in Laasphe zehn Prozent und in Elsoff, das zur Laaspher Grafschaft gehörte, sogar 20 Prozent. Nirgends in Westfalen war er höher. Dies zeugt von einem Miteinander. Das war nie konfliktfrei. Aber in Wittgenstein gab es auch keine Ghettos wie andernorts, z.B. in Marburg. In Laasphe lebten Juden und Christen im Einzelfall sogar unter einem Dach. Das zeigt die besondere Koexistenz, die dann mit Völkermord der Nazis, auch in Wittgenstein ein trauriges Ende findet.