Siegen-Wittgenstein. . Immer weniger Unternehmen im Kreis finden geeignete Nachwuchskräfte. Vor allem die Nahrungsmittelindustrie kann Stellen immer schlechter besetzen
- Agentur für Arbeit meldet erneut Überhang: Mehr freie Stellen als Bewerber
- Der Trend werde sich nicht abschwächen, im Gegenteil, so der Agentur-Chef
- Ausbildungsberufe sind unterschiedlich beliebt – Agentur will regulierend
Den Unternehmen im Kreis fällt es immer schwerer, ihre Ausbildungsstellen mit passenden Bewerbern zu besetzen. Das sagt Frank Schmidt, Vorsitzender der Agentur für Arbeit Siegen: In Siegen-Wittgenstein gibt es erneut weniger Bewerber als Ausbildungsstellen. Immer mehr Betriebe meldeten ihre Stellen bei der Arbeitsagentur, um mit Unterstützung des Arbeitgeberservice und der Berufsberatung geeignete Bewerber ansprechen zu können.
Im Ausbildungsjahr 2016/17 waren im Bezirk der Agentur 3225 junge Menschen als Bewerber gemeldet – 81 weniger als im Jahr davor –, dem gegenüber stehen 3677 freie Stellen (plus 155). „Aufgrund der sinkenden Schülerzahlen erwarten wir auch in der Zukunft keine steigenden Bewerberzahlen“, so Schmidt. Siegen-Wittgenstein steht im Vergleich zum Nachbarkreis Olpe etwas besser da: Die Zahl der Bewerber sank um 4 auf 2140, die Betriebe meldeten 2225 Stellen, 158 mehr.
Ausbildungsstellen können in die Jobbörse der Arbeitsagentur aufgenommen werden, über die nicht nur Bewerber aus der Region darauf aufmerksam werden können. Insbesondere kleine Betriebe hätten so die Chance, auf sich aufmerksam zu machen. Die Agentur empfiehlt Unternehmen, schon jetzt ihre freien Ausbildungsstellen für 2018 zu melden.
Berufe unterschiedlich beliebt
Dennoch: Dass es mehr Stellen als Bewerber gibt, heißt nicht, dass alle Jugendlichen einen Ausbildungsplatz finden. Während manche unversorgt blieben, seien anderswo Stellen frei. Grund ist, dass nach wie vor manche Berufsbilder beliebter sind als andere. Hier sieht sich die Arbeitsagentur in der Pflicht, für einen Ausgleich am Ausbildungsmarkt zu sorgen.
Besonders betroffen ist die Lebensmittelbranche: Köche, Bäcker und Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk. Auch Stellen im allgemeinen Verkauf, für Berufskraftfahrer und im Hotel- und Restaurantfach blieben unbesetzt. „Die Betriebe dürfen sich nicht von sinkenden Schülerzahlen beeindrucken lassen“, so Frank Schmidt.
Ein Beispiel dafür, wie es gelingen kann ist der Kreuztaler Alex Weller: Er wollte mit seinem Abschluss (Klasse 10A an der Hauptschule Eichen) eigentlich Maler oder Landschaftsbauer werden – jetzt ist er Fleischer-Azubi in der Metzgerei Wied in Erndtebrück. Zwei Tage lang testete Weller den Beruf; kennengelernt hat er seinen heutigen Arbeitgeber bei einer Ausbildungsbörse der Arbeitsagentur im Sommer.
Chance für Studienabbrecher
Dafür waren Arbeitgeber und Bewerber zum Erfahrungsaustausch im Berufsinformationszentrum (BiZ) in Siegen eingeladen – mit mäßiger Resonanz. Leider seien viel zu wenige Jugendliche da gewesen, bedauert Fleischer Wied, der diese Idee des „Speed Datings“ zur Anbahnung eines Ausbildungsverhältnisses begrüßt. Ebenso Alex Weller: „So etwas sollte es öfters geben“, sagt er. Vor der Börse habe der 18-Jährige „keine Sekunde über den Beruf als Fleischer nachgedacht“, so Joachim Schneider, Teamleiter Berufsberatung der Arbeitsagentur – „bis zu dieser Begegnung mit Herrn Wied“.
Nicht nur der Azubi müsse Zugeständnisse machen, so Simone Stuhrmann, auch der Arbeitgeber: Auch Studienabbrecher könnten vielversprechende Fachkräfte werden. Eine solche Börse sei jedenfalls besser geeignet, als Jugendliche in berufsvorbereitende Maßnahmen zu stecken, findet Frank Schmidt. Die Aktion soll fortgesetzt werden.
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