Bad Berleburg. . Seit Jahren nimmt die Zahl der Verkaufsstände auf dem Berleburger Marktplatz ab. Händler fühlen sich von der Politik im Stich gelassen.

  • Beim letzten Wochenmarkt waren gerade mal sieben Händler vor Ort
  • Händler überlegen z.B. nach Dillenburg auszuweichen
  • Stadt möchte am Konzept und Standort festhalten

Eine ehemals geliebte Einrichtung im Herzen der Stadt Bad Berleburg droht zu verschwinden. „Der Wochenmarkt hier steht vor dem Aus“ – das befürchten zumindest die Stammhändler, die teilweise seit Jahrzehnten ihre Waren an fast jedem Mittwochnachmittag im Jahr anbieten. Ein Signal für ihre Einschätzung ist der drastische Rückgang der Stände.

Marina Küppers und Dieter Friese denken darüber nach, ihren Mittwoch-Standort nach Dillenburg zu verlegen.
Marina Küppers und Dieter Friese denken darüber nach, ihren Mittwoch-Standort nach Dillenburg zu verlegen. © Christoph Vetter

Marina Küppers zählt sich gemeinsam mit ihrem im vergangenen Jahr verstorbenen Mann zu den Händlern der ersten Stunde – „das war vor 35 Jahren“. Mit ihren Schnitt- und Topfblumen hat sie sich eine große und treue Stammkundschaft aufgebaut. Mit im Verkaufsteam, das früher einmal aus vier Mitarbeitern bestand, ist auch Dieter Friese. Er fungiert als kommissarischer Marktleiter insofern, als dass er an jedem Mittwochabend von seinen Kollegen das Standgeld kassiert. Am vergangenen Mittwoch waren das übrigens weniger als 50 Euro – von sieben Händlern. Sie zahlen je nach Größe und Beschaffenheit ihres Standes zwischen drei und elf Euro.

Die Resignation

„Das können Sie ruhig schreiben“, beginnt Friese seine Analyse, „dass wir dem Wochenmarkt in Bad Berleburg in dieser Form keine Chance mehr geben.“ Deswegen überlegt der Blumenhandel Küppers, Berleburg den Rücken zu kehren, um künftig jeden Mittwoch in Dillenburg am Wochenmarkt teilzunehmen. „Die ziehen das dort ganz groß auf. Der Bürgermeister persönlich kümmert sich um Händler, der hat auch bei uns angerufen“, berichtet Dieter Friese. Der 58-Jährige aus Kreuztal glaubt, mehrere Gründe für den Niedergang der Veranstaltung zu kennen. Gemeinsam mit Eckhardt Doury, den alle Welt als „Spargel-Willi“ kennt, listet er auf:

Die Ursachen

Mit dem Zusammenbruch des Kurwesens sind etliche Hotel- und Pensionsbetreiber als Kunden weggefallen. „Die haben sich mittwochs bei uns mit allem eingedeckt“, blickt Spargel-Willi zurück.
Schlechte Marktleiter haben in der Vergangenheit etliche Händler mit leeren Versprechungen vergrault. „Die kommen nie mehr wieder hier hin.“
Die Stadt macht keine Werbung für den Wochenmarkt. „Die kassieren nur.“
Als der 1-A-Markt noch da war, gab es viel mehr Laufkundschaft. „Das könnte sich wieder verbessern, wenn der Lidl hier oben hin kommt.“
Die Supermärkte und Discounter haben bis 22 Uhr geöffnet. „Das hat das Kundenverhalten verändert.“

Otto Klinker, Bäckermeister aus Raumland, kommt
Otto Klinker, Bäckermeister aus Raumland, kommt "überhaupt nur noch, weil ich meine Stammkunden nicht vor den Kopf stoßen möchte." © Christoph Vetter

Otto Klinker, Bäckermeister aus Raumland, belegt seinen Stammplatz vorm Bürgerhaus mit dem Verkaufswagen seit 1980. „Früher mussten wir die Feuerwehr hier noch durchlassen, wenn es brannte“, lacht er – aber damals seien wenigstens überhaupt noch Besucher gekommen. „Das hat sich auf die Stammkunden reduziert. Für die stehe ich hier, bin mit allen seit Jahren per Du.“ Hat Klinker ein Rezept für eine Wiederbelebung des Marktes? „Es muss attraktive Angebote geben. Fünf Stände reichen nicht mehr aus.“ Er jedenfalls werde durchhalten, denn: „Ich will ja meine Stammkunden nicht vor den Kopf stoßen.“

Die Verlust-Liste

Aktuell gelitten habe der Markt nach Einschätzung sowohl der Händler als auch der meisten Besucher, weil das gesamte Angebot in den vergangenen Wochen überschaubar geworden ist:
Demeter-Stand? – weg
Frischer Fisch aus Holland? – weg
Kurzwaren? – verschwunden
Frische Waffeln? – weg
Fleisch und Wurst? – nicht mehr da
Gemüse? – nur Spargel bei Willi
Smoker-Grill? – Anhänger ist zur Reparatur, will im Juni wiederkommen.

Alle diese Kolleginnen und Kollegen, das berichtet Dieter Friese, haben aus überwiegend wirtschaftlichen Gründen Bad Berleburg den Rücken gekehrt. „Für 20 Euro Umsatz baut hier keiner auf und stellt sich dahin.“

So ganz stimmt das nicht. Seit rund zehn Jahren bietet der Arfelder Imker Helmut Peter (84) seine Honigprodukten auf einem kleinen Campingtisch an. Auch er bedauert: „Es ist so ärmlich geworden hier; es lohnt sich kaum noch, weil die Leute wegbleiben. Aber bei mir ist das ja Hobby, und das soll es auch bleiben.“

>>> STADT HÄLT AM STANDORT FEST

Am jetzigen Standort für den Wochenmarkt möchte die Stadtverwaltung „auf jeden Fall festhalten“, betont der für Stadt- und Dorfentwicklung verantwortliche Dezernent Wolfgang Acker-Marx. Man nehme die Anfrage und Recherche-Ergebnisse jetzt zum Anlass, noch einmal zeitnah mit den Händlern des Wochenmarktes in Kontakt zu treten. „Wir sind für Vorschläge offen und werden die Anregungen prüfen. Was machbar ist, das wollen wir auch versuchen.“

Acker-Marx weiß natürlich um die Problematik und führt „eine generell gute Angebotsstruktur in den heimischen Einkaufsmärkten“ an. Als der Wochenmarkt in den 1980er-Jahren ins Leben gerufen wurde, habe es dieses sehr hohe Versorgungsniveau nicht gegeben.

Der Dezernent berichtet außerdem von einem Konzept, das noch in der Überlegung sei, etwa einen an einem Samstag im Monat einen Themenmarkt mit Angeboten von Selbstvermarktern oder heimischen Landwirten zu veranstalten.