Erndtebrück/Siegen. Wegen Grünschnitt-Häcksel verhandelte das Arbeitsgericht in Siegen eine Stunde lang über eine Kündigung.

  • Weil er Häcklselmaterial veruntreut haben sollte hat die Gemeinde Erndtebrück einem Mitarbeiter gekündigt.
  • Vor dem Arbeitsgericht wurde diese fristlose Kündigung jetzt zurückgenommen.
  • Die Gemeinde muss dem Mann außerdem eine Abfindung von knapp 19000 Euro zahlen.

Kammertermin am gestrigen Montag vor dem Arbeitsgericht in Siegen: Hat sich die Gemeindeverwaltung Erndtebrück an Recht und Gesetz gehalten, als sie kürzlich einem ihrer Bauhof-Mitarbeiter fristlos kündigte, nachdem dieser angeblich gehäckseltes Grünzeug gestohlen hatte? Hätte sie ihn nicht zuvor abmahnen müssen? Nun soll die Gemeinde als Arbeitgeber dem Mitarbeiter sogar noch eine Abfindung zahlen.

Über eine Stunde verhandelten beide Seiten unter Vorsitz von Richter Sebastian Schulte – bis es am Ende auf einen Vergleich hinauslief: Die Gemeinde zahlt ihrem Mitarbeiter eine Abfindung von 18 750 Euro – und wandelt die fristlose in eine fristgerechte Kündigung zum 31. März 2017 um. Und ein positives Zeugnis soll der betroffene Beschäftigte auch bekommen. Nach Informationen unserer Zeitung soll er allerdings bis zu seinem Ausscheiden vom Dienst freigestellt sein.

Bei einem ersten Gütetermin vor dem Arbeitsgericht im Verlauf des Verfahrens konnten sich beide Seiten jedoch im September vergangenen Jahres nicht auf besagten Vergleich verständigen, den der Richter üblicherweise zunächst vorschlägt.

Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau äußerte sich zu der Personal-Angelegenheit gestern zurückhaltend – nur soviel: „Wir wollen das Ergebnis erst einmal verwaltungsintern bewerten.“

Finanzieller Schaden durch Abfindung

„Das ist keine gute Nachricht für uns“, kommentiert CDU-Fraktionschef Heinz-Josef Linten das Ergebnis aus Siegen. Damit habe sich nun „das bestätigt, wovor wir gewarnt haben“, sagt er – und verweist auf einen gemeinsamen Eilantrag von CDU, FDP und UWG von Anfang September 2016. Darin hatten die Parteien den Bürgermeister aufgefordert, das Personal-Problem so zu lösen, dass der Gemeinde kein finanzieller Schaden entstehe. Genau der ergebe sich aber nun mit dem Vergleich samt Abfindung. Mindestens die ansonsten übliche Abmahnung hätte es vor Kündigung geben sollen, so Linten, wenn sie denn aus Sicht der Gemeinde schon fristlos sein müsse.

Müsse sie aber nicht, meint Linten. Den dieses Häcksel-Material, das sich der Mitarbeiter mitgenommen habe, sei den Erndtebrücker Bürgern vor Jahren noch „wie sauer Bier angeboten worden“. Im, Klartext: Der Bauhof wurde das Grünzeug einfach nicht los. Der Wert des Materials sei im Grunde gering, die fristlose Entlassung rechtlich zumindest „fragwürdig“.

Was die nun vor Gericht vereinbarte Abfindung angeht: „Man kann einfach nicht so mit dem Geld der Gemeinde spielen“, findet Linten. „Das haben wir dem Bürgermeister im Herbst auch in aller Klarheit gesagt.“ Schließlich geht es mit den 18 750 Euro um eine Summe, die vermutlich zusätzlich aus dem laufenden Personalkosten-Budget finanziert werden muss – ein Aspekt, den die CDU-Fraktion, aber auch andere Ratsparteien im Rahmen der anstehenden Beratungen zum Plan für den Gemeinde-Haushalt 2017 noch kritisch ansprechen wollen.

Gemeinde hat Recht auf Widerruf

Der CDU-Fraktionschef stellt außerdem die Frage in den Raum, ob dem Gekündigten nun womöglich noch ausstehende Gehälter nachgezahlt werden müssten, wenn die Kündigung nun tatsächlich fristgerecht erfolgen solle.

Überhaupt ist der geschlossene Vergleich wohl noch nicht ganz in trockenen Tüchern, denn: Die Gemeinde Erndtebrück behält sich das Recht vor, ihn binnen drei Wochen zu widerrufen. Sollten die Parteien die angestrebte Verständigung nicht finden, so Arbeitsrichter Sebastian Schulte im Gespräch mit unserer Zeitung, werde weiterverhandelt – dann womöglich bis zu einem Urteil.