Wittgenstein. . Die Mieten sind günstig, aber die Neubaupreise stark gestiegen. Was Wittgensteins Wohnungsmarkt noch besonders macht, lesen Sie hier.

  • Im Vergleich zu den 1990er-Jahren hat der Neubau in Wittgenstein drastisch abgenommen.
  • Guter und gleichzeitig preiswerter Wohnraum ist knapp, aber die Mieten haben auch nur moderat gesteigert.
  • Der Wohnungsmarkt in Wittgenstein ist entspannt, aber nicht ausreichend auf ältere Menschen ausgerichtet.

Angesichts steigender Einwohnerzahlen wird in Nordrhein-Westfalen zu wenig gebaut. Die Konsequenz: In vielen Regionen kann die Bautätigkeit mit der hohen Nachfrage nicht Schritt halten. Das ist das Ergebnis des aktuellen Wohnungsmarktberichtes, den die NRW.Bank veröffentlicht hat. Auch auf dem Wittgensteiner Wohnungsmarkt wird immer mehr auf gebrauchte Immobilien zurückgegriffen. „Im Vergleich zu den 1990er-Jahren hat der Neubau drastisch abgenommen“, sagt Günter Schmidt, Immobilienmakler bei Rothaar Immobilien.

Guter und gleichzeitig preiswerter Wohnraum sei knapp, aber: „Die Mieten haben sich hier in den letzten Jahren recht moderat gesteigert, zwischen 1,5 und 2 Prozent. Der Wohnungsmarkt in Wittgenstein ist relativ entspannt“, erklärt Marc Hofmann, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Wittgenstein (WSG). Trotzdem gebe es Handlungsbedarf.

Energetische Sanierung

Im Gegensatz dazu sind die Neubaupreise in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen, „etwa 10 bis 15 Prozent“, schätzt Schmidt. Das liege vor allem an den hohen energetischen Vorgaben, die bei Neubauten eingehalten werden müssen. Dämmungen, Wärmepumpen und Solaranlagen gehören beispielsweise dazu. Bei der WSG liegt der Fokus deswegen auf Modernisierung des Wohnungsbestands. „Die Mehrheit der Mieter ist preisbewusst und achtet verstärkt auf die Neben- und Heizkosten“, so Hofmann.

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© Grafik/Manuela Nossutta

Wenn der Wohnraum auf dem modernsten energetischen Stand ist, ist es für den Mieter langfristig sowohl kostengünstiger als auch umweltfreundlicher. Obwohl Wittgenstein – wie andere Regionen auch – mit den Folgen der Demografie zu kämpfen hat, fehlt es an altersgerechtem Wohnraum. Ein barrierefreier Zugang, Haltegriffe, Assistenzsystem oder das Modell des betreuten Wohnens: Diese Anforderungen gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Mehr Menschen und mehr Ältere

2015 wuchs die NRW-Bevölkerung um 227 000 Personen auf 17,9 Millionen Menschen an. Das entspricht einem Plus von 1,3 Prozent.

Im Jahr 2015 wurden in NRW insgesamt 40 700 Wohnungen fertiggestellt. Das sind 12 Prozent weniger als im Vorjahr, allerdings noch vier Prozent mehr als 2013.

Laut des aktuellen Mikrozensus machen Senioren (65 Jahre und älter) 20,3 Prozent der Gesamtbevölkerung in NRW aus.

„Da besteht Nachholbedarf“, bestätigt Günter Schmidt, aber: „Barrierefreier Zugang bedeutet, dass man einen Aufzug einbauen muss – und das ist im Nachhinein oft nur schwer realisierbar.“ Dafür müsse neu gebaut werden. Häufig ist „Wohnen im Alter“ gleichbedeutend mit „Singlehaushalt“ oder „Zwei-Personen-Haushalt“. Allein der Anteil der Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern in Wittgenstein (siehe Grafik) deutet aber schon an: Es mangelt an Angeboten für kleine Haushalte.

Leerstand

„Ein strukturell anhaltender Leerstand stellt für uns kein Problem dar“, sagt Marc Hofmann. Die Fluktuationsrate bei der WSG liegt bei 12,2 Prozent, ein Indiz dafür, dass Mieter aus- und andere Mieter wieder einziehen. „Außerdem sind die Leute bereit, für guten Wohnraum auch dementsprechend Geld auszugeben“, meint Günter Schmidt. Entscheidend dafür sei in erster Linie die Lage und der (energetische) Modernisierungszustand. „Gleichzeitig ist guter Wohnraum knapp“, so Schmidt. Die Herausforderung besteht also darin, den aktuellen Neubaubedarf hinsichtlich des altersgerechten Wohnraum zu decken, ohne den Leerstand von morgen zu produzieren.