Bad Berleburg. . Johann Schwarz tauscht Behinderten-Werkstatt gegen Anstellung bei ETS Elektrotechnik. Das Jobcenter hilft mit Programm gegen Langzeitarbeitslosigkeit.
- 27-Jähriger aus Bad Berleburg schrieb zunächst unermüdlich, jedoch erfolglos Bewerbungen
- Job in der Werkstatt: Nach einem Tag „wieder nach Hause gegangen“
- Kollegen: „Herr Schwarz ist sehr motiviert. So einen Mitarbeiter wünscht man sich einfach“
Johann Schwarz war vier Jahre arbeitslos. Vielfältig die Gründe, warum Menschen so lange ohne Job sind. Bei dem 27-jährigen Berleburger könnte es seine körperliche Einschränkung sein. In der Vergangenheit schien sie potenzielle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen eher abzuschrecken. Sei es, dass der Betrieb nicht barrierefrei war oder aufgrund immer noch verbreiteter Vorurteile. So schrieb Schwarz unermüdlich, jedoch erfolglos Bewerbungen.
„Ich dachte schon, es hat keinen Sinn mehr“, sagt er. „Ich wollte schon alles aufgeben, zu Hause sitzen konnte ich aber nicht. Also habe ich in einer Behinderten-Werkstatt angefangen und war dort komplett unterfordert“, berichtet Johann Schwarz von seinen Erfahrungen. Einen Tag lang habe er 2000 Rohrteile eingetütet, aber das sei für ihn keine erfüllende Aufgabe gewesen: „Da bin ich wieder nach Hause gegangen.“
Und schon die erste Weiterbildung
Jetzt verdrahtet er Schaltschränke, repariert Kleingeräte und besucht bereits die erste Weiterbildung im Bereich Elektrotechnik. Und das dank eines zuvorkommenden Arbeitgebers, der Beratung durch das Jobcenter Kreis Siegen-Wittgenstein und einer Förderung durch das ESF-Bundesprogramm zum Abbau von Langzeit-Arbeitslosigkeit.
Mario Schumann, Firmenchef bei ETS Elektrotechnik in Bad Berleburg, hat ebenfalls eine körperliche Einschränkung, seit er vor Jahren seinen linken Arm an einer Schmiede-Maschine verlor.
Von Einschränkung nichts gewusst
„Ich wusste ja gar nichts von seiner Einschränkung, als ich ihn zum Bewerbungsgespräch einlud“, erzählt Schumann. Da er jedoch aus eigener Erfahrung weiß, dass sich körperliche Einschränkungen kompensieren lassen, ist es ihm als Arbeitgeber viel wichtiger, dass der neue Mitarbeiter zum Betrieb passt, Arbeitsleistung und Vergütung in einem ordentlichen Verhältnis stehen.
„Wenn ich jemanden fest einstelle, gehe ich immer ein Risiko ein“, betont Schumann. Darum hat Johann Schwarz erst einmal ein Praktikum gemacht. „Man muss ja erst mal den Betrieb, die Kunden und die Arbeitsweise kennen lernen“, sind sich beide einig. Nachdem klar war, dass Schwarz ins Team passt, stand die Frage im Raum, wie die Vergütung während der Einarbeitungszeit aussehen kann. An diesem Punkt setzte das Jobcenter Siegen-Wittgenstein mit dem ESF-Förderprogramm an – denn neben ganz persönlicher Unterstützung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bietet es auch finanzielle Fördermöglichkeiten.
Das ESF-Bundesprogramm ist speziell auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Langzeit-Arbeitslosen zugeschnitten. Es unterscheidet sich von anderen Programmen durch die Kombination von persönlicher Unterstützung, Qualifizierung, auch nach Beschäftigungsaufnahme, und einer hohen finanziellen Förderung. Neueinstellungen von Langzeit-Arbeitslosen können im Rahmen des ESF-Bundesprogramms mit bis zu 75 Prozent des Lohnes gefördert werden. Wie hoch der Fördersatz genau ist, hängt von der Dauer der Arbeitslosigkeit ab. Zusätzlich gibt es einen Etat für nötige Qualifizierungen der Arbeitnehmer. Konkret kann das Jobcenter Einstellung von langzeit-arbeitslosen Menschen fördern, die über 35 Jahre alt und mehr als zwei Jahre ununterbrochen arbeitslos sind, keinen Berufsabschluss haben.
Damit die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen nicht viel Zeit in das Ausfüllen von Anträgen investieren müssen, beschäftigt das Jobcenter Kreis Siegen-Wittgenstein extra einen Betriebsakquisiteur. Er berät die Unternehmen im Vorfeld und füllt die notwendigen Anträge unterschriftsreif aus.
Kollegen sind begeistert
Auf die Frage, ob ihn die ESF-Förderung zur Einstellung bewogen hat, antwortet Mario Schumann: „Natürlich war die Förderung ein Grund. Das hier ist doch ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen. Das Geld, Herrn Schwarz nach Tarif zu bezahlen, hätten wir momentan nicht gehabt. Und in der Form ist das Förderprogramm ja auch berechtigt, weil die Leute erst nicht voll einsatzfähig sind.“
Die Motivation der ehemaligen Langzeit-Arbeitslosen ist neben der Förderung ein weiterer Volltreffer. „Es gibt ja Leute im Praktikum, die geben sich überhaupt keine Mühe, aber Herr Schwarz ist sehr motiviert. So einen Mitarbeiter wünscht man sich einfach“, sagen seine Kollegen Samantha Cox und Jan Vomhof freudestrahlend.