Erndtebrück. . Der Erndtebrücker Fleischermeister Fritz Wied steht vor einer neuen Auszeichnung. Ein Gespräch über Gefühle – und das Kreative bei den Produkten.

Am kommenden Freitag schlägt für Metzgermeister Fritz Wied ab 17 Uhr die Stunde der Wahrheit. Dann steigt in Arnsberg zum ersten Mal die Preisverleihung zum „Ausbildungsbetrieb des Jahres“. Die Handwerkskammer Südwestfalen kürt in drei Kategorien jeweils einen Preisträger, der sich neben Ruhm und Ehre auch über eine Geldspritze von 2000 Euro freuen darf. Zu den Nominierten in der Kategorie „Soziale Verantwortung und gesellschaftliches Engagement“ gehört auch die Erndtebrücker Metzgerei Wied. Wir sprachen mit Inhaber Fritz Wied, der sein Leben schon seit über 30 Jahren der Fleisch-Zubereitung widmet, bei einer Tasse Kaffee über die Ehrung – und die schönen wie auch schattigen Seiten seines Berufs.

Herr Wied, ist der feine Zwirn für die Preisverleihung denn schon aus den Untiefen des Schranks geholt?

Fritz Wied: (grinst) Natürlich gibt es für diesen Abend nicht nur ein Metzgerhemd, sondern auch ein feines Sakko.

Koch-Workshops im unregelmäßigen Abstand

Immer wieder bietet die Metzgerei Wied Workshops an.

Wer schon immer mal wissen wollte, wie man ein Steak ordentlich zubereitet oder Wurst produziert, sollte die Internetseite www.metzgerei-wied.de/wurst_workshop.php anklicken – und sich dort über die Kurse und Termine informieren.

Was war das für ein Gefühl, als sie von der Nominierung hörten?

Das war natürlich wunderschön. Dass wir als kleine Metzgerei dabei sind, ist schon eine große Überraschung. Als ich anfangs von dem Wettbewerb gehört habe, dachte ich: Was soll ich denn da? Aber nun freue ich mich auf einen Abend mit Riesen-Tamtam.

Wie wurde die Handwerkskammer denn auf Ihren Betrieb aufmerksam?

Durch ein Summe von lauter Kleinigkeiten. Auch Zitate und Verrücktes, was ich mal gesagt und gemacht habe. Dann haben wir verschiedene Aktionen gebracht – beispielsweise einem Azubi ein Auto geleast, der morgens früh mit dem Bus keine Chance hatte, nach Erndtebrück zu komme. Geld für Benzin inklusive. Zudem kann ich mich an einen Fall erinnern, wo wir eine sehr engagierte und nette junge Dame hier hatten, die aber mal zum Friseur musste und ein Zahnsanierung nötig hatte. Das wurde dann mit der Krankenkasse und der Arbeitsagentur vereinbart und bewerkstelligt.

In vielen handwerklichen Berufen suchen Betriebe aktuell händeringend neue Bewerber für einen Ausbildungsplatz. Was macht denn die „Faszination Metzger“ für Sie aus?

Sie schaffen mit den Händen, Sie sehen, was Sie gemacht haben. Und Sie können es sogar essen. Das ist das Fantastische. Wir sind in der heutigen Zeit auch richtige Genussmacher...

Shows von und mit Köchen erfreuen sich seit Jahren im Fernsehen großer Beliebtheit. Es scheint, als ob die Leute die Freude am Kochen wiedergefunden haben...

Absolut. Seit fünf, sechs Jahren gibt es sogar Sendungen im TV, wo gezeigt wird, wie man Chips oder Pizza richtig macht. Oder gucken Sie mal auf YouTube. Wir Metzger sind die neuen Rockstars. Die Leuten wollen wissen, was sie essen. Der Markt ist hellwach. Die Art, wie man isst, hat sich geändert. Das Mittagessen ist ja quasi weggefallen. Kitas und Schule haben ihr eigenes Mittagessen. Am Abend trifft man sich dann wieder, dann wird das Privatleben und das Essen zelebriert. Sowas wie früher, wo die Oma fürs Mittagessen drei Stunden am Sonntag in der Küche stand, gibt es ja nicht mehr. Montag bis Donnerstag ist die ganze Republik „to go“. Am Wochenende wird dann wieder gekocht und das Essen zelebriert.

Welche Rolle spielen dabei die sogenannten „regionalen Produkte“?

Heißes Thema. Es gibt kaum ein Wort, was so ausgelutscht und überrepräsentiert ist. Wir haben vor drei Monaten einen Preis von Umweltminister Remmel bekommen, weil wir – ich formuliere es jetzt mal so – anständig wursten. Beinahe hätte ich den aber nicht bekommen, weil wir in Manderbach schlachten lassen.

Essen Sie eigentlich nur „Ihr“ Fleisch? Was gönnen Sie sich, wenn Sie ausgehen?

Ich betreibe viel Marktforschung, auch bei Imbissbuden und probiere viel. Zuletzt war ich beim Fest in der Berleburger Oberstadt. Bei Discount-Hähnchen oder Pangasius für 2,99 Euro vergeht mir aber auch mal schnell der Appetit.

Darüber hinaus fallen Sie auch immer wieder als Urheber kreativer Ideen auf. Leute können sich beispielsweise ihren eigenen Rollbraten mit Toppings zusammenstellen und bestellen...

Ja, das mit myrollbraten.de als Webshop ist schon eine hochinnovative Idee. Eine andere Werbeaktion lief gerade in dieser Woche. Ein Gewinnspiel, wo man lebenslänglich Mettbrötchen gewinnen konnte. Wie soll ich sonst gegen Werbung anstinken, wo Millionen reingesteckt werden und ein ganzes Team dahintersteht? Da muss ich mit Kreativität gegensteuern.

Das könnte im Umkehrschluss bedeuten, dass Qualität alleine heutzutage nicht mehr ausreicht.

Reden tun davon sehr viele, handeln tun wenige. Man will ein anständiges Essen. Wenn man allerdings täglich lange berufstätig ist, geht man nicht mehr einzeln zum Käseladen, in die Bäckerei und zum Metzger. Die Verführung der Supermärkte, die bis 22 Uhr aufhaben und alles im Sortiment haben, ist extrem groß. Natürlich gibt es treue Fans der Fachgeschäfte, aber auch Gegenbeispiele.

Viele können ja auch heutzutage gar nicht mehr kochen...

Da arbeiten wir jetzt gegen. Bald gibt es bei uns den ersten Kochkurs, die Nachfrage ist groß. Der erstreckt sich über drei Stunden und wir machen dort drei Gerichte, um das Basiswissen mit Charme und Spaß zu vermitteln.

Immer größer wird in Deutschland die Fraktion der Vegetarier und Veganer. Welche Auswirkungen hat das auf Ihr Geschäft – und wie ist die Nachfrage?

Wir brauchen sehr viele Zutaten, um vegetarische Wurst zu machen. Auch chemische Zusätze, die früher in der Wurst-Herstellung verboten werden. Den Geschmack haben wir soweit hingekriegt, den Biss und das Mundgefühl aber nicht. Eigentlich ist der Metzger da vielleicht auch der falsche Ansprechpartner, aber sonst hat ja niemand die Maschinen, um das zu verarbeiten. Veganes herzustellen, ist für uns aufgrund der Zusatzstoffe und des Produktionsprozesses aber ganz schwer. Die Nachfrage ist dummerweise nicht so da, das liegt aber auch an der Region. In den Großstädten bekommen sie häufig nur so hingefuddeltes Fleisch, kann ich den Verzicht darauf verstehen. Hier ist die Landwirtschaft und das Angebot aber so groß, hier wird deftig und anständig gegessen.

Ihr Berufszweig sieht sich immer wieder gewissen Vorurteilen ausgesetzt. Mit welchem wollen Sie denn mal aufräumen?

Die Regionalität liegt mir am Herzen. Diese Sprüche müssen mal durchleuchtet werden. Alles, was aus einem Gebiet kommt, das kleiner ist als die Bundesrepublik Deutschland, gilt als regional. Das ist kein geschützter Begriff, mit diesem Begriff würde ich gerne aufräumen. Wir dürfen aber nicht mal schreiben, von welchem Bauer das Material für unseren Laden kommt.

Letzte Frage: Was möchten Sie unseren Lesern noch mitteilen?

Ein Dorf, dass seinen Metzger nicht ernährt, hat den Metzger nicht verdient. Wenn ein Dorf keinen Metzger mehr hat, sterben danach die Landwirte und dann wachsen Disteln auf den Wiesen. Haltet euren Metzger am Leben! Denn nicht alles lässt sich bei Amazon machen.