Wittgenstein. . Die Polizei ermittelt unter anderem auch verdeckt im Kampf gegen Drogendealer. Auch Jugendliche sind schon bei der Suchtberatung.
Einige Freunde nehmen es schon, die Neugier und Langeweile sind groß. Wie fühlt sich das Rauscherlebnis wohl an? Besonders emotional instabile Jugendliche laufen Gefahr, der Versuchung nachzugeben – und in Wittgenstein gibt es einen Markt dafür. „In Berleburg hat sich seit den 80er Jahren eine kleine Drogenszene festgesetzt“, sagt Hans-Peter Bernshausen von der Suchtberatungsstelle vom Diakonischen Werk Wittgenstein. Polizeisprecher Meik Reichmann aus Siegen bestätigt: „Der Berleburger Bahnhof und die Toiletten beim Bürgerhaus am Marktplatz sind bekannt dafür, dass dort Drogen konsumiert und verkauft werden.“
Die Drogen
Wurde in den 80er-Jahren noch zu Opiaten oder Benzodiazepine (Schlaf- und Beruhigungsmittel) gegriffen, sind heutzutage auch harte Drogen wie Crystal Meth, Ecstasy, LSD und Heroin hoch im Kurs. Dass Cannabis häufig als Einstiegsdroge funktioniert, sieht Polizeisprecher Reichmann als erwiesen an. „Zumindest habe ich diese Erfahrung als Rauschgiftermittler in Siegen gemacht.“ Häufig bleibt es auch nicht nur bei einer Droge, denn Abhängige werden meist zu „Mehrfachkonsumenten“, wie Suchtberater Bernshausen erklärt. Dabei spiele auch Alkohol eine Rolle.
Die Konsumenten
182 Klienten aus ganz Wittgenstein nehmen die Hilfe der örtlichen Suchtberatungsstelle in Anspruch, darunter auch 15 Jugendliche unter 18 Jahren. Das geht aus dem internen Jahresbericht von 2015 hervor. 77 Klienten sind wegen ihrer Abhängigkeit von illegalen Drogen in Behandlung. „Wir sind zwar keine Drogenhochburg – aber wir haben ein enormes Problem“, sagt Bernshausen. Konkrete Zahlen zu den Drogenabhängigen im Altkreis liegen der Polizei nicht vor. Allerdings lassen sich die Ermittlungen bei Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz beziffern: 84 Mal wurde im vergangenen Jahr Anzeige erstattet, in 82 Fällen konnte die Polizei die Tat aufklären. Berleburg führt die Statistik klar mit 65 Delikten an, dahinter kommen Bad Laasphe mit elf und Erndtebrück mit acht Verstößen.
Die Ermittlungen
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Erst im vergangenen Monat hat die Polizei einen 35-Jährigen am Bahnhof in Berleburg gefasst, der mit Heroin gedealt hat. Der Berleburger sitzt zurzeit noch in Untersuchungshaft. Außerdem soll er einen Läufer beauftragt haben, für seine Drogengeschäfte Heroin zu besorgen. Vor ein paar Monaten wurde die Wohnung des Komplizen in Berleburg durchsucht. Das Ergebnis: Amphetamine in einer nicht geringen Menge. „Damit sind wir nicht mehr im Bereich des Vergehens, sondern des Verbrechens. Den Mann erwartet damit eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr“, erklärt Reichmann.
Zusätzlich wird noch gegen einen 32-jährigen Berleburger ermittelt, der in seiner Wohnung Marihuana angepflanzt und weiterverkauft haben soll. Im April durchsuchte die Polizei seine Wohnung, brachteauch ihn vorübergehend in Untersuchungshaft.
Die Symptome
Betroffene ziehen sich häufig von Familie und Freunde zurück, Schule, Ausbildung oder Job leiden unter der Antriebslosigkeit. „Oft beobachten wir auch, dass die Klienten das Interesse an ihren bisherigen Hobbys verloren haben“, sagt Bernshausen. Auch veränderte Schlafgewohnheiten – tagsüber schlafen, nachts wach sein – können ein Anzeichen für Drogenkonsum sein.
Die Maßnahmen
Die Drogenproblematik zieht sich hier in der Region durch sämtliche Gesellschaftsschichten: „Da lassen sich keine Tendenzen festmachen“, sagt Bernshausen. Es gebe Fälle, in denen Kinder ebenfalls zu Drogen greifen, wenn schon die Eltern abhängig waren oder sind. „Aber das passiert auch in Familien, in denen Drogen vorher nicht präsent waren.“
Generell sei es aber schon so, dass Eltern ihrem Kind als gesundes Vorbild dienen sollten, es fordern und ihm gleichzeitig Grenzen setzen. „Vor allem sollte man den Jugendlichen Abwechslung bieten und bei ihnen Interessen wecken, wie zum Beispiel Sport.“ Wichtig sei es außerdem, eine beobachtende, aber keine kontrollierende Haltung gegenüber dem Kind einzunehmen; es anzusprechen, wenn es Auffälligkeiten gibt, sowohl im Verhalten als auch bei äußerlichen Veränderungen.
Bei der Suchtberatungsstelle geht es vor allem darum, die Konsumenten für eine stationäre Aufnahme zu motivieren. Eltern könnten bei Jugendlichen zwar auch als Vormund auftreten, aber: „Die Therapiebehandlung ist freiwillig; ist das nicht gegeben, wird die Behandlung auch nicht erfolgreich sein“, meint Bernshausen. In der Therapie selbst sollen die Patienten lernen, ihr Verhalten zu reflektieren; warum sie zu Drogen greifen und in welchen Situationen.
Die Strategie
„Die Dunkelziffer bei den Drogendelikten liegt natürlich höher“ – darüber ist sich Polizeisprecher Reichmann bewusst. Aber die Beamten vor Ort wissen um die Drogen-Umschlagplätze und gehen strategisch vor. „Wir ermitteln auch verdeckt“, so Reichmann. Damit erhofft sich die Polizei, mehr Drogendealer zu überführen.