Erndtebrück. . Heinz-Georg Grebe wünscht sich Perspektiven für den Erndtebrücker Bahnhof und das Soldatenheim

  • FDP für Abriss des Bahnhofs
  • Forderung für Umgang mit Bauruinen
  • Interkommunaler Dialog über Windkraft

Er ist liberal aber nicht beliebig. Heinz-Georg Grebe, politisches Urgestein mit fast 40 Jahren Erfahrung, bezieht klar Stellung. Er fordert zum Beispiel den Abriss des maroden Bahnhofsgebäudes, spricht sich für einen interkommunalen Dialog zur Windkraft aus und hofft auf zügige Planungen für die Ortsumgehung Erndtebrück.

Stichwort Windkraft

Diese Diskussion bestimmt die Sommerpause der Politik in Wittgenstein. Erndtebrück betrifft dies in besonderer Weise durch die mögliche Ausweisung der Vorrangzone Kilbe-Nord, direkt hinter der Gemeindegrenze in Bad Berleburg. Hinzu kommen die Pläne der Wittgenstein New Energy auf dem Benfer Rücken in Bad Laasphe.

In der Öffentlichkeit werden Vorwürfe zu mangelnder Kommunikation zwischen den Kommunen erhoben. Wie haben Sie von den beiden Projekten erfahren?

Heinz Georg Grebe: Wir waren total überrascht, auch von der Planung auf dem Benfer-Rücken. Ich habe davon aus der Zeitung erfahren. Dazu ist zu sagen: Wir reden ja oft von der interkommunalen Zusammenarbeit. Da würde ich mir auch wünschen, dass man Windkraft auch mal zum Thema im Zweckverband Region Wittgenstein macht. Jede Kommune ist ja autark. Aber wenn es hier Überschneidungen gibt, bei denen die Nachbarschaft betroffen ist, sollten alle Kommunen miteinander reden.

Erndtebrück steht bislang offenbar unter dem Schutz der Radarstellung der Bundeswehr. Müssen Sie sich nicht trotzdem Gedanken um Vorrangzonen machen, um vor Überraschungen gerüstet zu sein?

Wir haben uns mit der Materie schon 2013 beschäftigt. Aber es hat sich auch viel gesetzlich und in der Landesentwicklungsplanung geändert. Es werden ja heute Schneisen in den Wald geschlagen, das wäre früher aus Umweltschutzgesichtspunkten undenkbar gewesen. Aber die werden heute beiseite gewischt, scheinbar weil man Planziele erreichen will. Wir wollen uns jetzt mit allen Fraktionen im Erndtebrücker Rat nach der Sommerpause zusammensetzen. Dabei geht es in erster Linie um einen verbindlichen Planungsstand der Bundeswehr. Sie muss uns doch definitiv sagen können, was geht und was nicht.

Wie stehen sie persönlich zum Thema Windkraft?

Ich persönlich habe nichts gegen Windkraft. Nur es muss Planungsklarheit herrschen. Das haben wir nicht, weil es in den Ländern verschiedene Abstandsregelungen gibt. Hier ist der Gesetzgeber gefordert. Es müssen bundesweit einheitliche Standards her. Ich bin ehrenamtlich am Verwaltungsgericht Arnsberg tätig. Da haben wir ja auch schon diese Klagen zu Abständen. Das muss jetzt geklärt werden. Und was noch wichtiger ist, wir müssen den Windkraft-Strom von der Ost- und Nordsee ins Inland bringen. Wir müssen die Stromtrassen bauen. Da stehlen sich ja auch viele aus der Verantwortung und wollen dieses und jenes nicht. Wenn man die Energiewende haben will, dann muss man auch dafür sorgen. Aber es darf nicht dazu führen, dass die Energiewende auf dem Rücken der Bürger verwirklicht wird.

Stichwort Bahnhof

In Erndtebrück werden rund 11 Millionen Euro investiert. Der neue barrierefreie Bahn-Haltepunkt, zwei modernisierte Bahnübergänge und der Stellwerksneubau lassen für den Bestand der Linie hoffen.

Warum lohnt sich diese Investition, obwohl der Personenverkehr ein Zuschussgeschäft ist?

Wir wollen ja mehr Menschen auf der Bahn haben. Dann sind gewisse Standards nötig, nicht nur mit neuen Zügen. Deshalb müssen wir auch etwas tun, um die Strecken schneller und attraktiver zu machen. Auch vom Service her muss Einiges passieren.

Die Bahnsteige werden saniert. Am maroden Bahnhofsgebäude tut sich aber seit Jahren nichts. Was kann die Politik in Erndtebrück tun, um diesen Zustand zu ändern?

Kaffee Gespräch mit Heinz Georg Grebe FDP Erndtebrück
Kaffee Gespräch mit Heinz Georg Grebe FDP Erndtebrück © WP

Seit Jahrzehnten wird versucht, diesen Bahnhof zu vermarkten. 2003 hat es noch einmal intensive Bemühungen um eine neue Perspektive gegeben. Seitdem ist im Grunde nichts passiert. Die Politik in Erndtebrück hat sich immer dafür eingesetzt, dass der Bahnhof ausgebaut wird. Dafür brauchen wir aber einen Investor. Wir hatten einen potenten Investor, der das sicherlich sehr ansprechend gestaltet hätte. Aber aus Gründen, die er nicht zu verantworten hatte, musste er von dem Projekt Abstand nehmen. Wir waren überzeugt von dem städtischen Modell Bahnhof Altenhundem, haben uns das auch 2005 angeschaut. Wir haben nur festgestellt, dies ist finanziell für die Gemeinde nicht darstellbar. In den alten Planungen war vorgesehen, bei einer Renovierung des Bahnhofs Fahrkartenausgabe, Stellwerk und Fahrradverleih zu integrieren.

Das sehen die aktuellen Pläne nicht mehr vor...

Jetzt ist der Bahnhof gar nicht mehr darstellbar. Weil z. B. das Stellwerk neu gebaut und die Fahrgast-Unterführung gänzlich entfällt. Von daher brauchen wir diesen maroden Bahnhof nicht. Das ist eine ganz klare Aussage der FDP-Fraktion. Da sind wir auf Seiten der Bürger, die sagen: Reißt das Ding doch ab. Das ist das Schlagwort. Wir hören nicht: Erhaltet den Bahnhof. Wir als Gemeinde können das finanziell auch nicht.

Hinter dem Bahnhofsgelände wird ein Park&Ride-Parkplatz samt Wohnmobilstellplätzen gebaut. Entsteht hier sozusagen als Kontrapunkt zum alten Bahnhofsgebäude das neue Entree der Gemeinde?

Wir haben uns immer für Park&Ride-Parkplätze eingesetzt. Dadurch wird auch die Bahn wirtschaftlicher. Auch Behinderte können die Bahn dann barrierefrei erreichen. Das ist in der Tat ein Vorzeigeobjekt, das leider dadurch benachteiligt wird, dass man auf eine Schrottimmobilie schaut. Das ist unvorstellbar. Dieses marode Bahnhofsgebäude tangiert das neue. Das beste wäre, dieser Bahnhof würde abgerissen.

Stichwort Verkehrsanbindung

Die Ortsumgehung hat in ihren Planungen Höhen und Tiefen erlebt. Jetzt ist sie zusammen mit einer Bundesstraßen-Planung bis ins hessische Frankenberg wieder in den Fokus gerückt.

Wie haben Sie diese Nachricht aufgenommen?

Wenn ich ehrlich bin, habe ich geschmunzelt und gedacht: Wir können froh sein, dass wir nächstes Jahr Landtags- und Bundestagswahlen haben. Denn was wollten unsere Bundes- und Landespolitiker aller Couleur dann sagen, was sie für Wittgenstein erreicht haben? Was aber auch gefruchtet hat, ist, dass die Region in Gänze zusammengehalten hat. Kommunen, Politik, Gewerkschaften, Betriebsräte und IHK haben Flagge gezeigt. Berlin hat gemerkt, man kann eine ganze Region nicht hängen lassen. Genauso wäre es gekommen. Wittgenstein wäre bis ins Jahr 2030 abgehängt gewesen.

Und die Ortsumgehung?

Wir haben uns für eine Umgehung eingesetzt. In Erndtebrück gab es den wenigsten Widerstand. Dort hätte man die Arbeiten intensivieren können. Dort hätte man anfangen können. Die Ortsumgehung wäre ja auch kein Torso geworden, weil sie ja auch in den neuen Plänen gebraucht wird und weil sie Erndtebrück und Schameder entlastet. 7800 Autos quälen sich täglich durch Erndtebrück. Deshalb sind wir froh, dass das jetzt kommt.

Immer wieder werden Stimmen laut, die die Route57 kritisieren. Die sagen, dass das lange Festhalten an der Autobahn-Idee und nun der Fernstraßenplanung einen Ausbau der bestehenden Straßen verhindert hat. Was sagen Sie zu dieser Kritik?

Verhindert ist vielleicht zu hart. In den 1970er Jahren haben wir als FDP uns schon für die Südumgehung eingesetzt, und gesagt, die Rederei über die Autobahn muss aufhören. Wir müssen praktisch ran gehen und Ersatz schaffen. Wenn Pläne unrealisierbar sind, muss man als verantwortungsbewusster Politiker umdenken.

Stichwort Bauruinen

Seit Jahren plagt sich die Gemeinde Erndtebrück – mal abgesehen vom Bahnhof – gleich mit drei Bauruinen, schwierigen Eigentumsverhältnissen oder fehlenden Investoren.

Welche Perspektive gibt es für das Soldatenheim, diesem früher so wichtigen zentralen Gebäude der Gemeinde?

Dafür haben wir lange gekämpft. Ich gehörte danach dem Kuratorium an. Deshalb blutet einem das Herz, wenn man sieht, dass diese Begegnungsstätte und der Dorfplatz davor nicht mehr genutzt wird. Jetzt haben wir aber private Besitzverhältnisse und können wenig oder gar nicht eingreifen.

Im Grundgesetz heißt es: Eigentum verpflichtet. Bei den Kuhlmannhäusern möchte man diesen Grundsatz erweitern und sagen, es verpflichtet zu gar nichts. Was halten Sie von der Möglichkeit der Enteignung in solchen Fällen?

In unserem Rechtsstaat ist Enteignung immer nur der allerletzte Schritt. Da würde ich vorsichtig mit umgehen.

In Benfe steht das Haus Ederkopf. Das Gebäude muss gesichert werden, um keine Gefahr für die Allgemeinheit darzustellen. Können Sie sich vorstellen, dass Kommune oder Landkreis stärker das Mittel des Abrisses ins Auge fassen sollten?

Das wäre so ein Fall wie der Bahnhof Erndtebrück. Wenn man als Nothaushaltskommunen schon finanziell nichts machen kann, um etwas anzustoßen, müsste den Kommunen doch zumindest im Haushalt die Möglichkeit gegeben werden, Kosten für einen Abriss darzustellen, um uns also daran wenigstens zu beteiligen. Im Fall des Bahnhofs könnte ich mir gut vorstellen, dass dann ein Investor herkommt und dort zumindest einen „Minibahnhof“ errichtet.