Bad Berleburg. . Stadtverordnete der Union erklären, warum sie für oder gegen die Windkraft-Vorrangzonen stimmen
Einige Bad Berleburger CDU-Ratsmitglieder und Ortsvorsteher werden gegen ihre persönliche Überzeugung mit „Ja“ stimmen, zumindest einer klar und deutlich mit „Nein“. Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Andreas Lückel aus Schwarzenau, das Berleburger Ratsmitglied Werner Wegener, der Ortsvorsteher von Arfeld, Kai-Uwe Jochims, und der Berghäuser Stadtverordnete Uwe Weinhold möchten ihr Abstimmungsverhalten erklären.
„Wir befinden uns in einer Zwickmühle“, sagt Kai-Uwe Jochims über die Diskussion und Auswahl potenzieller Konzentrationszonen für Windkraft. Am Montag entscheidet der Bad Berleburger Stadtrat im Bürgerhaus am Markt. Die Zustimmung zur Eröffnung des Offenlegungsverfahrens für den geänderten Flächennutzungsplan Windkraft gilt als sicher. Das heißt aber nicht, dass Einigkeit innerhalb der Politik besteht.
Entscheidung über Windkraft-Vorrangzonen fällt nicht am Montag
Die Abstimmung am Montag im Rat bedeutet noch nicht die Festlegung auf die Vorrangzonen Ohrenbach, Osterholz und Kilbe-Nord. Die Änderung des Flächennutzungsplans Windkraft geht dann zunächst in die Offenlegung.
Die Einwohner haben dann vier Wochen lang die Möglichkeit, zu prüfen, ob ihre bislang eingereichten Anregungen ausreichend berücksichtigt sind. Zudem besteht in diesem Zeitraum die Möglichkeit, auch neue Stellungnahmen einzubringen, sei es durch die Einwohnerschaft oder die Träger öffentlicher Belange.
Erst dann kann den Gremien ein Feststellungsbeschlusses zum sachlichen Teilplan Windenergie vorgelegt werden.
Der Bad Berleburger CDU-Stadtverbandsvorsitzende Andreas Lückel erläutert, wie und warum dieses Abstimmungsergebnis zustande kommen wird: „Ich bin kein Befürworter der Windkraft, werde aber gegen meine Überzeugung mit „Ja“ stimmen.“ Das Gleiche gilt für den Arfelder Ortsvorsteher, Kai-Uwe Jochims und den Berleburger Werner Wegener. Das unterscheidet sie von ihrem Parteifreund Uwe Weinhold, der in Berghausen mit Blick auf die mögliche Vorrangzone Kilbe-Nord vor Anwohnern erklärt: „Ich stimme mit Nein“. Dafür gibt es Applaus.
Vorgaben des Windkraft-Erlasses
Andreas Lückel erklärt, dass es innerhalb der Fraktion keine Abstimmungsvorgaben gibt oder geben werde. Aber er sagt auch, warum er als Gegner der Windkraft dem Verwaltungsvorschlag, zustimmen wird: „Schuld ist der Windkrafterlass der NRW-Landesregierung, die Windkraft im Wald zulässt und eine Kommune wie Bad Berleburg in Nöte stürzt.“ Und Werner Wegener, ergänzt: Wenn man keine Vorrangzonen ausweise, und der Windkraft den gesetzlich geforderten „substanziellen Raum“ gebe, dann könnten die über 20 Bauanträge auf Windkraftanlagen, die bereits bei der Stadt Bad Berleburg bzw. dem Kreis Siegen-Wittgenstein eingegangen sind als Privilegierte Bauverfahren über den Wunsch der Stadt hinweg vom Kreis genehmigt werden. Das habe die Kreisverwaltung auch bereits schriftlich signalisiert. Ein Aussitzen der Situation, bis das geänderte Erneuerbare Energien Gesetz in Kraft tritt werde nicht geduldet. „Dann ist der Verspargelung Tor und Tür geöffnet. Nur wenn wir die Vorrangzonen ausweisen, haben wir es in der Hand, wo gebaut werden kann“, ärgert sich Andreas Lückel.
„Wahl zwischen Pest und Cholera“
Kai-Uwe Jochims hat als Ortsvorsteher von Arfeld die potenzielle Vorrangzone Ohrenbach vor der Nase, wird aber zustimmen, „weil ich mich erpresst fühle. Ich habe die Wahl zwischen Pest und Cholera. Das Land hat uns die Entscheidung überlassen: Zerstört die Umwelt in euren Dörfern. Ihr dürft entscheiden, wo gebaut werden kann und wer daran verdienen kann.“ Wenn der Rat seine Entscheidung nicht treffe, das Land habe seine bereits getroffen. „Wenn ich nicht zustimme, wird es Wildwuchs geben.“ Also wählt Jochims das nach seiner Überzeugung kleinere Übel für die Region. Sein Ratskollege Uwe Weinhold will hart bleiben und mit „Nein“ stimmen. Der Berghäuser begründet seine Ablehnung mit der Zerstörung des einzigartigen Naturraumes im Edertal durch Industrieanlagen, der sei aber Lebensraum für Roten Milan, Schwarzstorch und Reiher. Weinhold verweist auf das immer wieder herausgestellte Alleinstellungsmerkmal der intakten Natur und wirft dem grünen NRW-Umweltminister Johannes Remmel Beliebigkeit im Umgang mit dem Naturschutz vor: „Die Route57 wird wegen einer Wildkatze verhindert, aber Windkraftanlagen im Wald werden genehmigt. Und es geht hier um Industrieanlagen mit über 200 Metern Nabenhöhe.“ Der Berghäuser vergleicht, auch dass in Bayern die zehnfache Windradhöhe als Mindestabstand zur Bebauung festgeschrieben sei, in NRW aber niedrigere Werte gelten. Dazu ergänzt Anwohner Dr. Frank Melz, dass in einem 1,5 Kilometer-Radius um die Vorrangzone Kilbe Nord 500 Berghäuser und 150 Birkefehler beeinträchtigt werden könnten.
Anders als sein Parteikollegen, stellt sich Weinhold quer und will sich auch durch die Erlasslage nicht einschüchtern lassen. Sein Verständnis von Politik sagt: „Demokratie sollte von unten nach oben gehen. Deshalb sollten wir geschlossen gegen die Anlagen stimmen und einen Volksentscheid über Windkraft herbeiführen.“