Zinse. . Der Energieversorger RWE hat bald alle Stromkabel im Dorf in der Erde vergraben. Letzte Etappe: die Spülbohrung unter der Kreisstraße hindurch.
Freileitungen über den Dächern von Zinse? Bald sind sie endlich Geschichte – und alle Stromleitungen für das 130-Einwohner-Dorf unter der Erde. Nur noch 70 Meter sind es bis zum Anschluss an das 10-Kilovolt-Erdkabel hinüber in den Kernort Erndtebrück. 70 Meter unter der Kreisstraße 33 und dem Bach „Mittel“ hindurch. Mit einer sogenannten Spülbohrung für die passende Verrohrung sollte das in ein, zwei Tagen erledigt sein. Doch einfach ist die Sache nicht.
Mächtige Technik im Einsatz
„Wir wollen das Stromnetz sichern und die Versorgungsqualität erhöhen“, erläutert Netzplaner Achim Jung von der RWE-Tochter „Westnetz“. Bohrgeräteführer Patrick Hennemann von der Firma H. Spiekermann Bohrtechnik in Schmallenberg-Winkhausen hat es in der Hand: Er steuert die mobile Bohranlage „Grundodrill 15 XP“ so, dass sich das nach und nach verlängerte Bohrgestänge wenige Meter unter der Oberfläche waagerecht durch den Erdboden bohrt. Zugleich werden Steine per Hochdruckreiniger ausgespült.
2007: Orkan „Kyrill“ zerstört Stromversorgung
Dass die Stromversorgung in Zinse nun komplett unter der Erde liegt, haben die Bewohner nicht zuletzt Super-Orkan „Kyrill“ vom Januar 2007 zu verdanken.
Damals nämlich waren im Dorf durch umstürzende Bäume so viele oberirdische Kabel beschädigt worden, dass Energieversorger RWE kurzerhand Gräben für rund 600 Meter Leitung im Ort zog, um Sturmschäden künftig zu vermeiden.
Kräfte mit 15 Tonnen bei Schub und Zug sind hier am Werk, erklärt Hennemann. Eine mächtige Technik – aber schlank genug für die Bohrung mit nur 16 Zentimetern Durchmesser. Sie reicht, um später nach einer Aufweitung zwei Leerrohre mit 125 Zentimetern durchziehen zu können – für das 10-KV-Hauptkabel zur Trafostation im Dorf und ein 400-Volt-Niederspannungskabel. Bleibt noch Platz etwa für ein Breitband-Kabel später zur Versorgung mit schnellem Internet.
Doch heute geht es erst einmal um die Stromleitungen. Damit die Fachleute aus Schmallenberg loslegen können, hat die Erndtebrücker Firma Berge Bau zwei Baugruben am Anfang und am Ende der Kabel-Strecke vorbereitet. Zunächst geht’s mit dem Bohrkopf im Wert von 800 Euro auch gut voran. Doch dann, nach einigen Metern: Felsgestein. Also noch einmal anbohren.
Über Funk steht Bohrgeräteführer Hennemann mit seinem Kollegen Guido Linhoff in Verbindung. „Ich messe ich nach, in welche Richtung er steuert“, erklärt der Bohrtechniker. Mit einer speziellen Sonde peilt er vom Erdboden aus die aktuelle Position des Bohrkopfs an, dessen Elektronik ein Signal sendet. Am Abend ist es dann geschafft: Fast punktgenau kommt der Bohrkopf in der Zielgrube wieder heraus.
Und wann wird Zinse nun tatsächlich an der neuen Leitung hängen? Netzplaner Jung schätzt, dass der neue Anschluss nächste Woche in Betrieb gehen kann. Und die letzte überflüssige Freileitung spätestens bis Mai abgebaut ist.
Rund 80 000 Euro investiert
Ein dickes Lob Jungs geht an die Bewohner Zinses: Sie seien im Zuge der Bauarbeiten stets hilfsbereit gewesen. Schließlich gewinne das Dorf durch das Verschwinden der Freileitungen ja auch optisch, findet RWE-Sprecher Christoph Brombach. Kosten der Gesamt-Maßnahme: rund 80 000 Euro.
Die Bewohner Benfes zum Beispiel haben eine Verkabelung dieser Art schon hinter sich. Als vor ein paar Jahren die Ortsdurchfahrt saniert wurde, kam auch hier die Stromversorgung unter die Erde, erneuerte der Energieversorger die Trafostation fürs Dorf. Kostenpunkt damals: rund 500 000 Euro.