Bad Berleburg. Die Stadt wollte Drogensüchtige abschrecken, als sie die Anlagen in Bürgerhaus und Friedhof schloss. Doch Bürger protestierten - mit Erfolg.

Die öffentlichen Toiletten in Bürgerhaus am Markt schon seit Tagen, die in der Kapelle des Friedhofs am Sengelsberg gar schon seit Wochen geschlossen – vor allem viele ältere Mitbürger zeigen sich darüber verwundert. Den Grund dafür nennt auf Anfrage unserer Zeitung Stadt-Pressesprecherin Regina Linde: Drogenabhängige, welche die WCs immer wieder nutzen, um sich hier den nächsten Schuss zu setzen.

Folge: Gebrauchte Spritzen und Kanülen liegen oft in den Kabinen herum, nicht selten sind die Wände blutverschmiert. Inzwischen sind die Toiletten wieder öffentlich zugänglich, das Problem aber bleibt. Die Polizei ermittelt, die Stadt will nun verstärkt kontrollieren.

„Kein überdimensionales Drogenproblem“

„Wir haben kein überdimensionales Drogenproblem in Bad Berleburg“, betont Meik Reichmann, Sprecher der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein. Besagte Drogensüchtige seien der Wittgen­steiner Polizei weitgehend bekannt.

Allerdings nehme man Ängste in der Bevölkerung ernst und werde an den beiden genannten Standorten Bürgerhaus und Friedhofskapelle häufiger eine Polizei-Streife vorbeischicken.

Zugleich appelliert Reichmann an die Bevölkerung, die Augen offen zu halten: Läuft da gerade zwischen Unbekannten womöglich die Übergabe von Drogen oder Geld? Dann könnte das zum Beispiel ein entscheidender Hinweis auf eine Straftat sein, den die Polizei in Bad Berleburg entweder per Notruf 110, oder aber unter 02751/909-0 gerne entgegennehme.

Vergangene Woche, kurz vor dem Kindertheater im Saal des Bürgerhauses: Reinigungskräfte stellen fest, dass in den Toiletten „die Verschmutzung wirklich sehr extrem“ ist, wie es Linde formuliert. Was, wenn Kinder die verunreinigten Utensilien entdecken, damit spielen, sich verletzen? Da sei „besondere Vorsicht geboten“ gewesen, erklärt Linde. Und: Die Stadtverwaltung zieht aus dieser Lage die Konsequenz, die Anlagen vorläufig zu schließen – zumindest dann, wenn nicht gerade Veranstaltungen im Bürgerhaus oder Beerdigungen auf dem Friedhof stattfinden. „Es blieben nur noch die öffentlichen Toiletten im Rathaus geöffnet“, so Linde.

Bürgermeister zieht die Notbremse

Doch dann beklagten sich mehrere Bad Berleburger Senioren über die geschlossenen WCs. Tenor: Auch bei der Grabpflege oder beim Einkaufen auf dem Wochenmarkt werde man doch auch einmal müssen dürfen. Kurzum: Der öffentliche Service wurde schmerzlich vermisst. Und auch Ursula Belz als Ortsvorsteherin der Bad Berleburger Kernstadt hatte den Missstand bei der Seniorenfeier am Donnerstag im Bürgerhaus zum Thema gemacht. „Ich habe den Senioren gesagt, wie es ist“, so Belz. Angesichts der Gefahr habe sich die Stadt eben nicht mehr anders zu helfen gewusst. Andererseits sei die Schließung natürlich „ausgesprochen bedauerlich“, findet die Ortsvorsteherin. Außerdem müsse man offensiv mit dem Problem umgehen.

Daraufhin zog Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann die Notbremse, ordnete an, die Toiletten umgehend wieder zu öffnen. Schließlich habe die Stadt ja auch Gäste, denen man diesen Service einfach anbieten müsse, so eines seiner Argumente. Und insbesondere die Rollstuhlfahrer unter ihnen seien auf die behindertengerechten Anlagen nicht selten angewiesen, ergänzt Belz.

Die Toiletten als Treffpunkt von Junkies – das Problem sei grundsätzlich nicht neu, so Stadt-Sprecherin Regina Linde weiter. So setze die Stadt in den WC-Anlagen schon seit einiger Zeit Schwarzlicht ein, damit Süchtige beim Spritzen ihre Venen nicht so gut erkennen können. Doch die behelfen sich dabei inzwischen mit Licht vom Handy-Display, so dass diese Maßnahme kaum noch abschreckende Wirkung habe, erklärt Linde. Gleiches gelte für die zeitweise Video-Überwachung der WC-Eingänge im Bürgerhaus, die im Übrigen dauerhaft nicht gestattet und daher keine Lösung sei.

Streife kommt jetzt öfter vorbei

Und eine Schließung weiterhin? „Damit verlagern wir nur die Problematik“, sagt Linde. Dann träfen sich Drogensüchtige eben woanders im Stadtgebiet. Jetzt werde die Stadt erst einmal die Kontrollen der WC-Anlagen verstärken – auch, um Verunreinigungen schnellstmöglich zu beseitigen. Außerdem arbeite man intensiv mit der Bad Berleburger Polizei zusammen.

„Ich bin zunächst einmal froh, dass die Toiletten wieder geöffnet sind“, sagt Ortsvorsteherin Ursula Belz. Allerdings sei sie „sehr skeptisch“, ob das Problem nun auf andere Weise in den Griff zu bekommen sei.

Auch Belz setzt darauf, dass Menschen im Umfeld der Toiletten nun ein Auge darauf haben – wie etwa in vorbildlicher Weise Jürgen Freischlader, Hausmeister im Bürgerhaus. Zuviel „Bewachung“ sei aber auch nicht sinnvoll, warnt Belz – weil sich die Drogen-Szene sonst wer weiß wohin verlagere
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