Erndtebrück. . Politiker stimmen nichtöffentlich im Ältestenrat zu. Bei der Vorstellung der Zahlen kündigen Bürgermeister Gronau und Kämmerer Müsse hohes Defizit im Haushalt an.
Eigentlich hatte Erndtebrücks Kämmerer Thomas Müsse für den Haushaltsplan 2016 mit einem Defizit von „nur“ 1,3 Millionen Euro gerechnet. Doch die vorliegenden Daten zeigen klar: Rund 18,4 Millionen Euro an Erträgen stehen rund 20,9 Millionen Euro an nötigen Aufwendungen entgegen – macht ein Defizit im Haushalt von rund 2,5 Millionen Euro.
Das höhere Defizit – es ist eines der Gründe dafür, dass der Hebesatz Grundsteuer B für bebaute oder bebaubare Privatgrundstücke sowie Gebäude zum 1. Juli von 425 auf 450 Prozentpunkte steigt. Für den einzelnen Grundstückseigentümer bedeutet dies eine Erhöhung um knapp 6 Prozent.
Politisch besprochen wurde die Erhöhung kurzfristig nichtöffentlich im Ältestenrat der Gemeinde – und sie sei von den Fraktionen überwiegend begrüßt worden. Das sei nötig gewesen, betonen Kämmerer und Bürgermeister Henning Gronau bei der Präsentation des Zahlenwerks am Montag im Rathaus, um den Haushaltsplan überhaupt für die politischen Beratungen im Februar erarbeiten zu können. Aber nicht nur: Die Erhöhung sei insbesondere deshalb nötig, argumentiert der Kämmerer, weil der Erndtebrücker Steuersatz – grob gesagt – den höheren NRW-Durchschnittswerten nicht mehr entspreche. Unter anderem nach denen wiederum werde aber die Höhe der Kreisumlage berechnet, für die der Kreis Siegen-Wittgenstein alle Kommunen zur Kasse bittet.
Weitere Erhöhungen zu erwarten
Und mit weiteren Steuer-Erhöhungen nach diesem Muster müssten die Bürger in den nächsten Jahren rechnen, macht der Kämmerer deutlich. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Grundsteuer-Hebesatz im Kreisgebiet lag bereits 2015 bei 476 Prozentpunkten. Bürgermeister Gronau kritisierte, dass die „Aufwärtsspirale“ bei den NRW-Durchschnittswerten im Grunde „keinen Sinn“ mache, die Kommunen nur noch stärker belaste. Die erhöhte Grundsteuer B soll der Gemeinde im laufenden Jahr Einnahmen von insgesamt rund 1,1 Millionen Euro bringen.
Gewerbesteuer bleibt unverändert
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Bei der Gewerbesteuer geht Müsse mit Einnahmen von rund fünf Millionen Euro aus – eine Million Euro weniger als zunächst kalkuliert. Dennoch möchte die Gemeinde hier nicht wie viele Nachbarkommunen an der Steuerschraube drehen, denn: „Die Betriebe sind ja auch schon durch die erhöhte Grundsteuer betroffen“, erläutert der Kämmerer. Außerdem sehe man im Rathaus die sehr niedrige Gewerbesteuer auch als eine Art Ausgleich für Nachteile der Unternehmen etwa durch die ungünstige Verkehrsanbindung Wittgensteins. Laut Thomas Müsse sind es übrigens fünf große Betriebe, die den Löwenanteil des Erndtebrücker Gewerbesteuer-Aufkommens trügen. Bürgermeister Henning Gronau kündigte an, dass man gerade bei den Einnahmen der Gewerbesteuer künftig „konservativer“, also mit niedrigeren Werten planen werde.
Flüchtlingshilfe: 2017 „deutliche Entlastung“
Auch Kosten, die für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in Erndtebrück entstehen, belasten nach wie vor den Gemeinde-Haushalt. Grund sind laut Kämmerei noch immer zu geringe Mittel des Landes NRW, die derzeit als Jahrespauschale nach einem Zuweisungsschlüssel fließen. Zugleich plant Kämmerer Thomas Müsse mit Investitionen von rund vier Millionen Euro – auch für weitere Flüchtlingsunterkünfte.
Erst für 2017 rechnet Bürgermeister Henning Gronau mit einer wirklich „deutlichen Entlastung“, wenn das Land eine wirklich faire Pauschale von 10 000 Euro pro Jahr für jeden Flüchtling zahle, welcher der Kommune auch tatsächlich zugewiesen worden sei. Aktuell betreue man in Erndtebrück rund 170 Flüchtlinge, berichtet Gronau.
Asyl: Drei Stellen zusätzlich besetzt
Für das Haushaltsjahr 2016 insgesamt kalkuliert Kämmerer Thomas Müsse mit schätzungsweise 220 Flüchtlingen. Für sie wird Erndtebrück vom Land nach dem noch gültigen Schlüssel knapp eine Million Euro an Finanzmitteln erhalten, denen jedoch allein an auszuzahlenden Leistungen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz rund 1,7 Millionen Euro entgegenstünden – Kosten für Unterkünfte und Personal-Aufwendungen im Rathaus für die Sachbearbeitung noch gar nicht mitgerechnet. Nach der neuen Pro-Kopf-Pauschale dagegen könne die Gemeinde mit Mitteln von rund 2,2 Millionen Euro bei angenommenen 220 Flüchtlingen kalkulieren.
Im Grunde seien die Kosten für die Flüchtlinge aber gar nicht planbar, weil sich deren Zahl immer wieder verändere, so Müsse und seine Kollegin Petra Göbel, im Erndtebrücker Rathaus Leiterin des Fachbereichs „Finanzielle Aufgaben“.
Derzeit hat die Gemeinde insgesamt fast 57 Planstellen. Allein für die Sachbearbeitung „Asyl“ hat die Gemeinde drei zusätzlich besetzt. „Aufgrund der drastisch steigenden Zuweisungen von Flüchtlingen war und ist eine Aufstockung des Stellenbedarfs unumgänglich“, heißt es dazu in einer Vorlage der Verwaltung zum Thema Stellenplan im Rathaus. Damit verbunden seien „Mehraufwendungen bei den Personalkosten von rund 130 000 Euro pro Jahr“.
Für den Bau oder Erwerb weiterer Flüchtlingsunterkünfte sind im Haushaltsplan 300 000 Euro veranschlagt. In welchem Umfang das im laufenden Jahr tatsächlich nötig sein wird, richtet sich nach der Zahl der Zuweisungen. Bürgermeister Gronau rechnet jedenfalls damit, dass es damit nach einer längeren Pause über Weihnachten Mitte März weitergeht – und dann auch die frisch hergerichtete Unterkunft in Birkelbach belegt werden kann.
936 000 Euro für neues Baugebiet
Für Investitionen im öffentlichen Raum hat die Gemeinde Erndtebrück 2016 rund vier Millionen Euro eingeplant. Beispiele:
936 000 Euro Erschließung Baugebiet Altenschlag/Grimbach
565 000 Euro Erneuerung Kanalisation/Gehwege Wabrichstraße
480 000 Euro dringender Ausbau Höhenweg und Talstraße
425 000 Euro Neubau der Park-&-Ride-Anlage am Bahnhof
Einen ersten ausgeglichenen Haushalt erwartet Kämmerer Thomas Müsse übrigens für das Jahr 2024.