Bad Laasphe. . Noch mehr Wisente – darauf dürfen sich die Wittgensteiner, aber auch Touristen noch in diesem Jahr freuen. Beheimatet sein werden die Tiere aber in Feudingen – im Artenschutzzentrum von Achim Wickel. Im Interview mit unserer Zeitung spricht er auch über andere Projekte, seine Familie und – seine Sicht auf die Region.
Noch mehr Wisente – darauf dürfen sich die Wittgensteiner, aber auch Touristen noch in diesem Jahr freuen. Beheimatet sein werden die Tiere aber in Feudingen – im Artenschutzzentrum von Achim Wickel. Im Interview mit unserer Zeitung spricht er auch über andere Projekte, seine Familie und – seine Sicht auf die Region.
Artenschutzzentrum im Dernbach, Strom aus Wasserkraft an der Mühle in Womelsdorf – Ihre beiden großen Projekte scheinen ja derzeit ganz gut zu laufen. Gibt’s da eigentlich noch etwas Neues?
Achim Wickel: Im Moment suche ich noch einen Lkw, mit dem ich einen Wisent aus Beton abholen kann. Den hat der Rönkhauser Bildhauer Friedrich Freiburg (Internet: www.ffreiburg.de/aktuelles.htm) inzwischen fertig modelliert.
Freiburg war dabei, als wir Anfang 2015 das Konzept unseres Artenschutzzentrums vorgestellt haben – und sofort begeistert davon, das Gelände mit einem eigenen Kunstwerk zu bereichern.
Noch in diesem Jahr werden sich zu unseren drei bislang übrigens friedlichen Bisons im Gehege 1 mehrere Wisente im Gehege 2 gesellen. Dort wäre Platz für fünf bis acht Tiere. Die Wisente werden wir gemeinsam mit Experten der Uni Warschau nach genetischen Gesichtspunkten für die Zucht ausgucken.
Haben Sie noch andere Träume, die Sie sich in Form weiterer Projekte gerne verwirklichen würden?
Kein Freund von Radikalität
Achim Wickel (58), gebürtiger Feudinger, groß geworden in Finnentrop, ist verheiratet und hat fünf Kinder aus zwei Ehen.
Nach seiner Schullaufbahn hat Wickel zunächst eine Ausbildung in der Verwaltung der damaligen Bundesbahn gemacht, anschließend eine in Pädagogik.
Später arbeitete Wickel 25 Jahre als Stadtjugendpfleger in Hofheim/Ts. und Haiger. Dabei habe er auch viel mit jugendlichen Drogen-Konsumenten zu tun gehabt.
Diese Erfahrung mache ihn zu einem absoluten Gegner von Drogen aller Art, so Wickel. Aber auch „jegliche Form von Radikalität oder religiösem Fundamentalismus lehne ich ab“, sagt er.
Träume sollten es eigentlich nicht sein, lieber etwas Realistisches. Bei unserem Projekt in Womelsdorf haben Bernd Föllmer und ich viel über Wasserkraft gelernt und auch darüber, wie man formelle Hürden nimmt und sich eine solche Anlage erfolgreich genehmigen lässt. Dieses Know-how würden wir nun gerne weitergeben – zum Beispiel an eine Privatperson, die den Mut hat, hier in Wittgenstein ein ähnliches Projekt zu realisieren, vielleicht irgendwo im Verlauf der Eder?
Wie sieht es denn mit Ihrer Idee für Gastronomie im Dernbach aus?
Für unser geplantes Dreh-Haus mit Café und Ferienwohnungen erarbeiten wir gerade mit der Stadt Bad Laasphe einen städtebaulichen Vertrag. Das Konzept für unser Energie-Plus-Gebäude ist stimmig und überschaubar – wir hoffen deshalb, dass es bald genehmigt werden kann. Und die Einnahmen könnten dann später der finanzielle Grundstock dafür sein, das große Haus meiner Großeltern auf dem Gelände in ein Hotel zu verwandeln.
Sie sprechen gerne über die Politik für die Region Wittgenstein, üben da zum Teil ja auch ganz offen Kritik. Wo wären denn aus Ihrer Sicht Verbesserungen ganz dringend nötig?
Wenn ich unsere Region zum Beispiel mit dem Kreis Olpe vergleiche, den ich ja auch gut kenne, dann stelle ich fest: Es gibt in Wittgenstein Leute, die immer so tun, als wenn sie etwas für die Region täten – sich dann aber nichts tut. Das gilt insbesondere für die nach wie vor schlechte Verkehrsanbindung. Ich denke, dass man Unternehmer wie die Schorges in Erndtebrück ernst nehmen sollte, die mit der Verlagerung ihrer Produktion samt dazugehöriger Arbeitsplätze drohen – sollte es zum Beispiel für Schwertransporte auf Straße oder Schiene weiterhin schwierig bleiben.
Für mich ist es die traurigste Zeit im Jahr, wenn Gymnasiasten aus Wittgenstein zum Studium in die Städte ziehen – und nicht mehr wiederkommen. Hätten wir zum Beispiel schon die „Route 57“, könnte ein junger Mensch in Bad Laasphe wohnen und von dort einfach schneller zu seinem Ausbildungsplatz in einer Nachbarregion pendeln. Und er bliebe Wittgenstein mit seinem Wohnsitz erhalten.
Gibt es auch zwei oder drei Beispiele, wo Sie sagen: Daumen hoch, das hat in der Region gut geklappt?
Mit dem Bahnhof in Bad Laasphe plus neuem Zentralen Omnibusbahnhof gleich nebenan ist natürlich etwas ganz Edles gelungen. Das hat Bad Laasphe einen deutlichen Schub nach vorn gegeben. Hut ab! So etwas nenne ich gelungene Kommunalpolitik.
Dazu passt jetzt gut die nächste Frage: Warum engagieren Sie sich selbst nicht wieder mehr politisch? Schließlich waren Sie früher einmal für die SPD und die inzwischen wieder aufgelöste Freie Wählergemeinschaft (FWG) in Bad Laasphe aktiv.
Ich habe mir die Frage nach meiner politischen Aktivität in den letzten Jahren nicht mehr gestellt. Mein Kopf wäre dafür auch nicht frei gewesen. Ich habe eine noch relativ junge Familie, unterstütze den Betrieb meiner Frau und kümmere mich noch um meine Tante. Das alles bindet Kräfte.
Zwischen 2008 und 2013 taucht Ihr Name in unserer Berichterstattung kaum bis gar nicht auf. Erst im Juli 2013 melden Sie sich mit Plänen für eine Edelkrebs-Teichanlage zurück. Was war denn in den Jahren dazwischen los?
Ich sage das jetzt mit einem Schmunzeln: Das war meine Zeit im Schützengraben. Wir als Familie sind in dieser Zeit derartig unter Druck geraten, dass uns so ein bisschen die Fantasie fehlte. Wir haben diese Phase überlebt – möchten das aber nicht noch einmal erleben. Zugleich haben wir unsere Ziele in Sachen Wisente nicht aus den Augen verloren – obwohl wir damals gewarnt worden sind.
Ihre Prognose: Wie wird sich angesichts des laufenden Rechtsstreits zwischen dem Trägerverein der „Wisent-Welt Wittgenstein“ und Waldbauern im Hochsauerland das Wisent-Projekt in Bad Berleburg entwickeln?
Jeder Wisent auf dieser Welt schält – und wird es auch weiter tun. Eine ausgewilderte Wisent-Population in Deutschland wäre wohl auch in 20 Jahren noch problematisch – das kann man übrigens in Polen sehr gut nachvollziehen. Daher kann ich auch die Waldbauern gut verstehen. Wollte man mit dem Artenschutz-Projekt ernst machen, die Wisente wirklich in die Herrenlosigkeit entlassen, müsste aus meiner Sicht das Jagdrecht geändert werden.
Sind Sie ein Familienmensch?
Nur soviel: Ich halte die Familie nach wie vor für das beste Konstrukt für ein Leben miteinander.
Sind Sie neben Ihren Projekten auch anderswo noch unterwegs?
Meine Frau ist Griechin – klar, dass wir in ihrer Heimat gerne Urlaub machen. Und da zeigt sich für mich immer wieder: Griechenland braucht einfach mehr Hilfe in Sachen Verwaltung. Da steht dann nur ein einziger PC im Rathaus, gibt es kein Grundbuch-Amt wie bei uns, fehlt zum Beispiel für Grundstücke jegliche Datenbasis. Klar, dass da die Korruption blüht.
Wenn Sie sich ehrenamtlich in einem Verein engagieren sollten: In welchem würden Sie aktiv?
Wie gesagt: Im Moment bin ich mit der Familie und meinen Projekten echt ausgelastet. Ein ganz privates Hobby von mir ist zwar die Dendrologie, also die Lehre von den Bäumen und Gehölzen. Aber dafür brauche ich keine Mitgliedschaft in einem Verein.
Wegen Ihrer Bisons und deren Züchtung haben Sie Kontakte nach Russland. Interessiert Sie das Land eigentlich auch politisch?
Natürlich. Und ich finde es richtig, dass es so einen starken Präsidenten hat, der das Land zusammenhält. Aber das ist wohl nur aus Sicht der Russen selbst wirklich zu verstehen.
Wann gibt’s eigentlich wieder einen Weihnachtsmarkt im Dernbach?
Wir haben dort 2008 einen einzigen Weihnachtsmarkt organisiert. Danach ist Volkholz mit seinem Weihnachtsmärktchen gestartet. Und es ist gut, dass das Dorf damit auch von Jahr zu Jahr Erfolg hat. Wir brauchen nicht alle 500 Meter so einen Markt. Vielmehr brauchen wir hier im Dernbach eigene neue Ideen, um Besucher zu begeistern.