Bad Berleburg. . Weil ihm der Knast den Entzug erleichtert hat, nimmt ein 32-Jähriger aus Bad Berleburg eine Gefängnisstrafe gern an. Dem voran steht aber erst einmal eine Suchttherapie.

Als Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel dem Angeklagten ihre Strafmaß-Forderung von einem Jahr und zehn Monaten Haft vortrug, schien es so, als zeige sich der 32 Jahre alte Sozialhilfe-Empfänger dankbar. Er lächelte sogar kopfnickend von der Anklagebank und hinterließ den Eindruck, dass er sich auf die Rückkehr in seine Zelle freut, die er seit Ende Oktober in der JVA Attendorn bewohnt.

Entgiftung in der Justizvollzugsanstalt

Dort, unweit der Staumauer des Biggesee, habe er nach eigenen Angaben „wieder Sport gemacht, an Gewicht zugenommen, Arbeit gefunden und vor allem entgiftet“. Jetzt wolle er die Chance weiter nutzen, endlich von den Drogen loszukommen, die sei seinem 13. Lebensjahr das Abdriften auf die schiefe Bahn unaufhaltsam beeinflusst haben. Das belegt die lange Liste der einschlägigen Vorstrafen – immer wieder Beschaffungskriminalität, immer wieder Gefängnis. Und immer wieder Rückfälle. Mal allein, mal mit einer Freundin, die am gestrigen Dienstag in der Hauptverhandlung mit auf der „Sünderbank“ vor Strafrichter Torsten Hoffmann saß.

Während der Angeklagte freudig und recht überzeugend verkündete: „Ich bin jetzt clean“, musste die 35-Jährige auf Nachfrage von Judith Hippenstiel einräumen, dass sie noch vor der Verhandlung Drogen konsumiert habe, „damit ich das hier überstehe“. Eine geschlagene halbe Stunde hatten die Verfahrensbeteiligten auf die Angeklagte gewartet, ein Strafbefehl über 190 Tagessätze á 10 Euro war schon druckreif, als es leise an der Tür des Gerichtssaales klopfte und die in Ostwestfalen geborene Frau eintrat.

Geständnis und Reue

Aber wie ihr Freund zeigte auch sie Reue, räumte alle ihr zu Last gelegten Straftaten ein. Um an Drogen bzw. an einen Rausch zu kommen, hatte sie aus Supermärkten in Siegen und Bad Berleburg billigen Likör und Weinbrand mitgehen lassen; aber jedes Mal war an der Kasse Endstation des Beutezuges. Und ein gestohlenes Mobiltelefon bekam das Opfer am nächsten Tag wieder zurück. Richter Hofmann stellte diese Diebstahlsachen vorläufig ein, zurück blieb allerdings für beide Angeklagte ein weitaus schwerwiegenderer Vorwurf: gemeinschaftlicher, gewerbsmäßiger Computerbetrug.

Was sich hinter diesem juristischen Ausdruck verbirgt, das ist der unbefugte Einsatz einer EC-Karte. Diese will der Angeklagte im April vergangenen Jahres mitsamt der Geheimzahl (PIN) in einem Portemonnaie auf dem Bürgersteig in Bad Berleburg gefunden haben. Dass es einer fast 90 Jahre alten Rentnerin gehört hat, wollen beide nicht gewusst haben. Jedenfalls haben sie an drei Tagen hintereinander fast 2000 Euro abgehoben, „um das Geld zu verprassen“, gab die Beschuldigte zu. Zu jenem Zeitpunkt seien beide „auf Entzug gewesen, haben in Siegen Klamotten und Drogen gekauft“.

Suchttherapie ist das A & O

Wenn der Angeklagte seine begonnene Therapie erfolgreich fortsetzt, kann er mit einer Zurückstellung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe rechnen. Und wenn die Angeklagte eine stationäre Suchttherapie übersteht, kann sie darauf hoffen, dass ihre elfmonatige Bewährungsstrafe nicht im Gefängnis endet. Beide haben das Urteil angenommen. Es ist damit rechtskräftig.