Bad Laasphe.

Der Beruf des Hausarztes hat bei Medizin-Studenten immer noch keinen besonders guten Ruf. Das sagt Ulrich Gauß, Facharzt für Allgemeinmedizin in Bad Laasphe, und Sprecher des Ärztenetzes für das Hinterland und Wittgenstein (ADR). Und solange sich da nichts ändere, bleibe die Suche nach dringend nötigem Nachwuchs für die Region schwierig.

Sicher: Die Gemeinschaftspraxis Gauß, Hartung, Harzheim, Busch an der Gartenstraße sei derzeit „noch gut bestückt“, so Gauß. „Und wir können das auch noch ein paar Jährchen machen.“ Überhaupt: „Im Moment haben wir noch genügend Hausärzte hier“, weiß Gauß. Das könnte sich für Bad Laasphe im Laufe der nächsten Jahre jedoch drastisch ändern.

Das Modell der Filialpraxen, die sein Kollege Dr. Oliver Haas aus Erndtebrück gerade erst mit Standorten in Wingeshausen und Bödefeld im Schmallenberger Raum aufgebaut hat, sei bemerkenswert, lobt Gauß. Denn die übliche Landarzt-Praxis als Ein-Mann-Betrieb sei heute tatsächlich nur noch schwer zu führen, meint er.

Natürlich machten sich die Mediziner-Kollegen auch im Raum Bad Laasphe einen Kopf mit Blick in die Zukunft, betont Gauß. So sei es mittelfristig durchaus denkbar, dass man bei der Nachwuchs-Gewinnung verstärkt mit dem Krankenhaus in Biedenkopf zusammenarbeite, das bereits in der Ausbildung von Fachärzten aktiv sei. Würde man dann noch die Uni Marburg ins Boot holen mit dem Ziel, dass sie Medizin-Studenten zum Beispiel einen Ausbildungsgang mit dem Ziel Hausarzt anbietet, so Gauß, könnte das Sinn machen – im Interesse der medizinischen Versorgung für Bad Laasphe und hessisches Hinterland. Ansätze dazu gibt es bereits – mit dem Ärztenetz für die Region Hinterland und Wittgenstein, in dem sich rund 50 Ärzte zusammengeschlossen haben.

Praxis in Laasphe, wohnen in Hessen

Warum nicht als Hausarzt im Raum Marburg wohnen und eine Praxis im Laaspher Raum betreiben? Gauß hält das für realistisch. Die Fahrtzeit halte sich mit einer Dreiviertelstunde in Grenzen. Und die Notdienste der Hausärzte nach 18 Uhr sowie an den Wochenenden seien in Wittgenstein mittlerweile so organisiert, dass der nötige Raum für erholsame Freizeit bleibe. Andererseits: In Wittgenstein lasse es sich für einen Hausarzt auch gut leben, findet Gauß – die Infrastruktur mit Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Bädern, Kinos und mehr sei gegeben.

Und was macht EVA in Bad Laasphe? Die Entlastende Versorgungsassistentin, die dem Hausarzt heute in immer mehr Praxen Routine-Hausbesuche bei den Patienten abnimmt, sei ebenfalls „bei uns in der Planung“, kündigt Gauß für seine Gemeinschaftspraxis an. Auch das ein Beitrag, um künftig „Patienten effizienter zu versorgen“.

Das Patentrezept für den richtigen Weg durch die nächsten Jahre bei der örtlichen Hausarzt-Versorgung gebe es indes nicht, bedauert Gauß. Da sei der Demografische Wandel hin zu einer im Durchschnitt immer älter werdenden Bevölkerung in Wittgenstein bei gleichzeitig sinkenden Einwohner-Zahlen ebenso ein unwägbarer Faktor wie die Bereitschaft gerade älterer Hausarzt-Kollegen, noch einige Zeit weiterzumachen. Oder eben nicht. Hier sei die Politik ebenso gefragt wie der Mediziner-Nachwuchs mit seiner Bereitschaft, Dienst auf dem Lande zu tun.

Kein Mangel an Patienten

An Patienten mangelt es unterdessen nicht in Bad Laasphe. In Gauß’ Gemeinschaftspraxis nicht – und auch nicht in der Schloßberg-Klinik als Flüchtlingsunterkunft, wo niedergelassene Ärzte aus der Lahnstadt zusätzlich Sprechstunden für die Bewohner halten.

Im nahen hessischen Wallau hat es mit dem Wechsel in der letzten verbliebenen Hausarzt-Praxis übrigens geklappt: Hier haben der junge Mediziner Daniel Sieveking und sein Vater Dr. Caspar Friedrich Sieveking – ebenfalls Arzt – im Sommer gemeinsam die Nachfolge von Dr. Willi Kraft angetreten. Und die Stadt hat bei der Anschub-Finanzierung geholfen.

Als hochgradig „demotivierend“ natürlich auch und gerade für junge Hausärzte bezeichnet Gauß indes drastische Regress-Drohungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen, wenn in den Praxen etwa das festgelegte Arzneimittel-Budget überschritten werde. Die geforderten Summen bis zu einer halben Million Euro könnten schnell die Existenz einer Praxis gefährden. Hier wünscht sich der Bad Laaspher Mediziner einfach mehr Beratung statt Drohung.