Erndtebrück. . Warum er vor 30 Jahren als einziger aus seinem Abiturjahrgang zur Bundeswehr ging und ihm sein Beruf auch heute noch sehr viel Spaß bereitet, das erzählt uns Lars Hoffmann (49). Der Oberstleutnant ist Standortältester der Hachenberg-Kaserne und Kommandeur des Einsatzführungsbereichs II der Luftwaffe und kommandiert damit einen Verband mit über 1000 Soldaten. Außerdem berichtet Hoffmann, was er von der Abschaffung der Wehrpflicht hält und wie seine Soldaten Flüchtlinge betreuen. Natürlich geht es auch um das Verhältnis zur Gemeinde Erndtebrück, mit der man im kommenden Jahr das 50-jährige Bestehen der Hachenberg-Kaserne feiern will.

Warum er vor 30 Jahren als einziger aus seinem Abiturjahrgang zur Bundeswehr ging und ihm sein Beruf auch heute noch sehr viel Spaß bereitet, das erzählt uns Lars Hoffmann (49). Der Oberstleutnant ist Standortältester der Hachenberg-Kaserne und Kommandeur des Einsatzführungsbereichs II der Luftwaffe und kommandiert damit einen Verband mit über 1000 Soldaten. Außerdem berichtet Hoffmann, was er von der Abschaffung der Wehrpflicht hält und wie seine Soldaten Flüchtlinge betreuen. Natürlich geht es auch um das Verhältnis zur Gemeinde Erndtebrück, mit der man im kommenden Jahr das 50-jährige Bestehen der Hachenberg-Kaserne feiern will.

Sie sind 1985 nach dem Abitur in die Bundeswehr eingetreten, zu einer Zeit, als die Zahl der Wehrdienstverweigerer durch eine Gesetzesänderung 1984 stark zunahm, obwohl dann ein um ein Drittel längerer Zivildienst geleistet werden musste. Warum haben Sie sich für die Bundeswehr entschieden?

Oberstleutnant Lars Hoffmann: Ich komme ja aus Bremen und war aus einem 120-köpfigen Abiturjahrgang der einzige, der zur Bundeswehr gegangen ist. Das interessante ist auch, dass ich keine Soldaten kannte, mein Vater ist zum Beispiel Architekt. Aber ich wollte etwas Abwechslungsreiches machen, mit jungen Menschen arbeiten und nicht am Schreibtisch sitzen. Als dann klar war, dass ich mich für die Bundeswehr interessiere, haben meine Eltern Truppenbesuche für mich organisiert.

In Ihre ersten Dienstjahre fielen der Zusammenbruch des Warschauer Paktes, die Wiedervereinigung, aber auch die ersten Kampfeinsätze der Bundeswehr 1992. Wie hat das Ihr persönliches Berufsbild verändert?

Man muss sich mit dem Auftrag der Bundeswehr auseinandersetzen. Damals war schon klar, dass da was kippen konnte, und wir hofften, dass vieles besser werden würde. Schon als Offiziersschüler weiß man aber auch, dass man als Soldat dem Primat der Politik untersteht. Man muss flexibel sein, das ist aber auch das Schöne an unserem Beruf.

Die Anschläge von Paris und Beirut, der Bürgerkrieg im Nahen Osten und in Afghanistan wandeln die Anforderungen an Sicherheitskräfte. Ist die Bundeswehr diesen sich verändernden Bedrohungsszenarien gewachsen?

Wir sind als Einsatzführungsbereich der Luftwaffe ja stationär eingesetzt. Unsere Aufgabe ist es nach wie vor, den Luftraum über Deutschland zu überwachen. Wir müssen jedes Flugziel innerhalb von zwei Minuten identifizieren, dieser Auftrag bleibt immer gleich. Aber natürlich haben sich auch Verfahren verändert. Die Bundeswehr gehört außerdem zu einem Bündnis, handelt gemeinsam mit Partnern und nicht allein. In diesem Bündnis bringen sich die Partner je nach ihren Fähigkeiten ein.

Das Militär ist für die Politik immer auch eine Art Feuerwehr. Einsätze bei der Oderflut sind ein positives Beispiel. Es gibt aber auch Vorstöße von Politikern, die Soldaten als Ersatz für fehlende Polizeikräfte einsetzen wollen. Jüngstes Beispiel ist die Idee, dass Soldaten und Pensionäre bei der Registrierung von Flüchtlingen eingesetzt werden sollen. Was halten Sie davon?

Wir sind gesetzlich limitiert und dürfen beispielsweise keine polizeilichen Aufgaben übernehmen. Aber wir befinden uns jetzt in einer Notsituation, da muss jeder helfen. Was die Registrierung von Flüchtlingen angeht, unterstützt unser Verband die Bundesregierung aber bereits in Süddeutschland oder Düsseldorf mit Personal. Außerdem haben wir mit Mobiliar ausgeholfen und unterstützen bei der Betreuung von über 100 Flüchtlingen in der Jugendherberge in Finnentrop. Das reicht von der Kinderbetreuung bis zur Begleitung beim Einkaufen. Das Schönste ist aber, dass unsere Soldaten das alles freiwillig machen. Wir haben alle, die helfen wollen, erfasst. Einer unserer Soldaten hat sich richtig gefreut, nach Finnentrop zu gehen: Endlich bin ich mal gefragt worden, hat der gesagt. Wir Soldatinnen und Soldaten sind stolz, dass wir helfen können.

Sind Soldaten in Uniformen für Flüchtlinge aus Krisengebieten kein Problem?

Ganz im Gegenteil. Sie werden sogar als stabilisierender Faktor wahrgenommen. Im Übrigen tragen z. B. das Rote Kreuz und die Polizei auch Uniformen.

Das freiwillige Engagement kommt zu den alltäglichen Aufgaben dazu...

Ja, aber auch unsere Grenzen sind irgendwann erreicht.

Die Diskussionen um fehlende oder schlechte Ausrüstung wie beim Gewehr 36, dem Transportflugzeug A 400 M oder den Drohnen werden vor allem von der Politik geführt. Was macht das mit der Truppe?

Ich kann nur zur Luftraumsicherung etwas sagen, aber es gibt eine bundeswehrinterne Studie, die sagt, dass eine gute Ausrüstung der größte Motivationsfaktor ist. Wir sind mit modernen und hervorragenden Luftraumüberwachungsgeräten ausgestattet. Und auch unsere Datenverarbeitungs- und Kommunikationsanlagen sind auf dem neuesten Stand. Dazu kommt, dass wir über beispielgebende Ausbildungsanlagen verfügen.

Heute hat die Bundeswehr Nachwuchssorgen und mit ihr auch viele Sozialdienste wie DRK, Feuerwehren, THW. War die Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes ein Fehler?

Der Kommandeur der Hachenbergkaserne, Oberstleutnant Lars Hoffmann, im Gespräch mit Redakteur Lars-Peter Dickel.
Der Kommandeur der Hachenbergkaserne, Oberstleutnant Lars Hoffmann, im Gespräch mit Redakteur Lars-Peter Dickel. © WP

Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Die Abschaffung der Wehrpflicht hatte damit zu tun, dass es keine Wehrgerechtigkeit mehr gab. Durch die Verkleinerung der Bundeswehr konnten wir nicht mehr alle Wehrfähigen zum Grundwehrdienst heranziehen. Die Aufhebung ist aber meiner Ansicht nach viel zu schnell erfolgt, ohne der Truppe Gelegenheit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen.

Vorher haben wir unsere Soldaten durch Binnenwerbung aus den Grundwehrdienstleistenden rekrutiert. Diese Werbung musste danach ganz schnell umgestellt werden. Das übernehmen heute die Karrierecenter der Bundeswehr.

Spüren Sie die Nachwuchssorgen in der Hachenberg-Kaserne auch?

Bei uns ist der Zulauf relativ gut, weil wir in Erndtebrück sehr interessante Tätigkeiten anbieten können. Wir haben auch so viele Anfragen für Praktika, dass wir aus Kapazitätsgründen tatsächlich auch Bewerber ablehnen müssen.

Mit welchen Argumenten können Sie junge Männer und Frauen für eine Karriere beim Militär überzeugen?

Man hat viel mit jungen Menschen zu tun. Der Beruf ist abwechslungsreich sowie fordernd und man trägt früh Verantwortung. Sie bekommen heutzutage bei der Bundeswehr auch eine qualitativ sehr gute Ausbildung, die auch außerhalb anerkannt ist.

Die Bundeswehrreformen der vergangenen Jahre haben die Armee kleiner werden lassen, Personal wurde abgebaut und Standorte geschlossen. Die Luftwaffe in Erndtebrück ist ein Gegenbeispiel. Man kann die Hachenberg-Kaserne als einen Gewinner der Reformen bezeichnen, warum?

Gewinner ist der falsche Begriff. Wir sind die Nutznießer. Durch die fortschreitende Technisierung wurden einige Standorte obsolet. Wo früher fast ein Dutzend Gefechtstände gebraucht wurden, benötigen wir heute nur noch zwei: Erndtebrück und unseren Schwesterverband südlich von Berlin. Erndtebrück hat das Glück in der Mitte Deutschlands zu liegen und zudem über die zentrale Ausbildungseinrichtung des Einsatzführungsdienstes zu verfügen. Hinzu kommen operative Gründe. Dies alles gab den Ausschlag für den Erhalt des Standortes.

Heute haben wir etwa 1000 Dienstposten am Hachenberg und zehn Abgesetzte Radarzüge in Westdeutschland, die zu uns gehören sowie etwa 400 Lehrgangsteilnehmer an unserer Ausbildungseinrichtung pro Jahr.. Hinzu kommt das Systemzentrum 25, das auf 160 Dienstposten angewachsen ist.

Seit fast 50 Jahren gibt es die Luftwaffengarnison Erndtebrück. Wie ist das Miteinander von Soldaten und Bevölkerung?

Ich bin jetzt 30 Jahre Soldat und habe viele verschiedene Standorte kennengelernt. Hier in Wittgenstein ist das Verhältnis sehr gut. Die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und der Bundeswehr ist perfekt und es gibt viele Kontakte. Aber ich sage auch immer, wir sind ja auch nicht laut, wie zum Beispiel ein Fliegerhorst, an dem es Proteste der Anwohner gibt. Bei uns kommen die Besucher und sind neugierig und beeindruckt, wenn sie unser „Command and Reporting Center“ sowie unsere Ausbildungsanlagen sehen.

Nach den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen der Bundeswehr in diesem Monat folgen im kommenden Jahr der 60. Jahrestag der Gründung der Luftwaffe und das 50-jährige Jubiläum der Hachenberg-Kaserne Erndtebrück. Wo und wie wird gefeiert?

Der 60. Gründungstag der Luftwaffe wird zusammen mit dem Tag der Bundeswehr am 11. Juni 2016 gefeiert. Das organisieren zwei Geschwader in Hohn und in Neuburg an der Donau. Wir werden uns in Erndtebrück da einklinken. Das 50-jährige Bestehen der Garnison feiern wir mit den Erndtebrücker Bürgern am 28. April 2016 mit einem „Großen Zapfenstreich“ im Pulverwaldstadion. Zu diesem Großereignis ist jeder herzlich willkommen.