Bad Berleburg. .
Es gibt kaum eine Wittgensteiner Familie, in der Dr. Christine Roberts nicht mindestens einen Angehörigen kennt. Denn seit über drei Jahrzehnten genießt die Augenärztin mit ihrem Praxisteam in Bad Berleburg höchstes Vertrauen ihrer Patienten. „Aber die sind seit einiger Zeit verunsichert“, hat die Fachärztin mitbekommen und stellt klipp und klar fest: „Gerüchte, nach denen ich zum Jahresende aufhören würde, stimmen definitiv nicht und entbehren jeder Grundlage.“
Diese Sorgen möchte Dr. Roberts ihren Patienten nehmen und macht deutlich: „Ich bin jetzt 65 und werde in den nächsten drei, vier Jahren wohl gehen; aber keinesfalls ohne einen Nachfolger!“
Und, fragt unsere Lokalredaktion im Exklusivgespräch nach, lässt der sich leicht finden?
Die Fachärztin blickt für ihre Antwort zehn Jahre zurück: „Damals habe ich bei Politik und Verwaltung vor dem Gesundheitsausschuss über die medizinische Versorgung in unserer Region gesprochen und den Verantwortlichen dringend geraten, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass junge Menschen hier eine berufliche Perspektive finden.“ Das gelte nicht nur für Ärzte, sondern darüber hinaus für weitere qualifizierte Facharbeiter. Aber der Hinweis auf eine intakte Natur und den tollen Rothaarsteig reichen Interessenten nicht aus. Die Anbindung und die mangelnde strukturelle Attraktivität Wittgensteins halten junge Leute fern, glaubt Dr. Roberts.
Wirtschaftlich interessant
Andererseits könne es für junge Mediziner durchaus reizvoll sein, sich „hier bei uns niederzulassen. Ein Augenarzt kann hier eine große Anzahl von Menschen versorgen – das ist auch wirtschaftlich nicht uninteressant“. Für ihre Praxis nennt die Ärztin sogar Zahlen: „In den letzten 20 Jahren sind fortwährend neue Patienten hinzu gekommen, und der im Computer registrierte Bestand ist inzwischen auf über 36000 angewachsen.“ Die von der Kassenärztlichen Vereinigung vorgegebene, so genannte „Scheinzahl“ (Kassenpatienten pro Quartal) liege bei ihr deutlich über dem Durchschnitt.
Also, warum hat noch niemand übernommen?
Es habe Interessenten gegeben, nicht aber unter der alten Fassung des Kassenarzt-Gesetzes mit dem Zwang am Praxisstandort zu wohnen Diese Vorschrift ist inzwischen gelockert, freut sich Dr. Roberts. So könne „ein Nachfolger hier arbeiten und etwa – wenn gewünscht – in Marburg oder Siegen wohnen.“ Auch könne er die bislang nicht abgemeldeten, früheren Sprechstunden-Zweigstellen in Erndtebrück und Winterberg sofort reaktivieren und für viele Menschen, so wie sie, zum „Hausaugenarzt“ werden. „Konkurrierende“ Kollegen gibt es im näheren Umfeld etwa erst in Schmallenberg, Hilchenbach oder Biedenkopf.
Radiologe und Bierbrauer
Auf die verweist Dr. Christine Roberts zum Beispiel bei eigenem Urlaub. Denn es ist ihr wichtig herauszustellen, dass „Aussagen medizinischer Art nur Ärzten gestattet sind. Das muss man ja bedenken, wenn man eine richtige Diagnose erwartet. Und die kann nur ein ausgebildeter Facharzt abgeben, selbst wenn Bilder des Augenhintergrundes oder Augendruckmessungen von Nichtmedizinern angeboten werden.“
Außerdem bilde sich „hier auf dem Land zwischen Arzt und Patient ja ein regelrechtes Vertrauensverhältnis, in dessen Rahmen auch über private Dinge geschwätzt werden kann.“
Apropos Privat: Dr. Roberts hat zwei Söhne, von denen Daniel (29) sogar Mediziner ist. Könnte der nicht vielleicht in Berleburg...? „Nein“, lacht die Fachärztin, „der wird Radiologe und lebt in München.“ Und Phillip? „Auch der nicht. Er arbeitet als Unternehmensberater und seit zwei Jahren zusätzlich als selbstständiger Bierbrauer – in Düsseldorf.“