Bad Laasphe. .
Warum Berufsfeuerwehren nicht kostengünstiger für klamme Kommunen sind und warum es für Dirk Höbener nie eine Frage war, in die Freiwillige Feuerwehr einzutreten, das hat der Bad Laaspher Wehrführer und stellvertretende Kreisbrandmeister bei einer Tasse Kaffee in der Redaktion der Heimatzeitung erläutert.
Wann und warum sind Sie zur Freiwilligen Feuerwehr gegangen?
Dirk Höbener: Das war fast schon eine logische Konsequenz. Mein Vater war in der Feuerwehr, und wir haben seit meinem sechsten Lebensjahr auch im Feuerwehrhaus gewohnt. Die Frage nach dem Warum hat sich also gar nicht gestellt, sondern nur die Frage, wann ich in die Feuerwehr eintrete. Das war 1979, als in Bad Laasphe eine Jugendfeuerwehr gegründet wurde.
Für mich ist die Feuerwehr ein erfüllendes Hobby, das mir persönlich sehr viel wiedergibt, im Alltag und bei Einsätzen. Da ist das gute Gefühl, Menschen helfen zu können. Und natürlich der Zusammenhalt und die Teamarbeit mit den Kameraden und Kameradinnen. Man weiß, man ist nicht allein und kann sich auf einander verlassen.
Sie sind inzwischen Leiter der Bad Laaspher Feuerwehr und auch stellv. Kreisbrandmeister. Was sagt ihr Arbeitgeber zu so viel ehrenamtlichen, aber vor allem auch verantwortungsbeladenem Engagement?
Mein Arbeitgeber steht dem Ehrenamt sehr positiv gegenüber und unterstützt meine Tätigkeit zu jeder Zeit. Dafür bin ich sehr dankbar! In meiner gesamten Zeit in der Brauerei hat es noch nie ein Problem gegeben. Insgesamt gibt es drei Feuerwehrleute in der Brauerei. Es sind ja nicht nur Einsätze, sondern auch Lehrgänge und hin und wieder Termine, die in die Arbeitszeit fallen.
Berufsfeuerwehr allein reicht nicht aus
Ist die Akzeptanz des freiwilligen Dienstes in der Feuerwehr oder anderen Hilfsorganisationen durch die Arbeitgeber geringer geworden?
Jein. Grundsätzlich herrscht in unserem heimischen Bereich noch eine sehr hohe Akzeptanz, und das Verständnis ist da in den Unternehmen. Problematisch wird es trotzdem, weil das Personal in den Betrieben heute weniger einfach ersetzt werden kann und dann im schlimmsten Fall Maschinen stehen bleiben. Wo etwas häufiger aber kritische Fragen nach dem Warum gestellt werden, sind Einsätze der überörtlichen Hilfe, wenn in Düsseldorf Sturmschäden beseitigt werden oder in Ostdeutschland Hochwasser aus Kellern gepumpt werden muss, dann sind unsere Helfer nämlich auch schon einmal ein paar Tage weg. Aber auch hier gilt das Solidaritätsprinzip und es kann ja auch sein, dass wir einmal Hilfe brauchen.
Es gibt verschiedene Ansätze, den Brandschutz in ländlichen Kommunen zu organisieren. Welchen Vorteil hat die Freiwillige Feuerwehr gegenüber einer hauptamtlichen Wache oder einer Berufsfeuerwehr und könnten sich die drei Wittgensteiner Kommunen nicht zusammen eine hauptamtliche Feuerwehr leisten?
Der grundsätzliche Punkt sind die Kosten. Ehrenamtlichkeit bedarf keiner Lohnkosten. Die Kommunen müssen Material und Räumlichkeiten stellen, sparen aber Personalkosten. Bei einer Hauptamtlichen Wache in Wittgenstein stellt sich als
allererstes die Frage, wo soll die stehen? In Schameder oder mitten drin auf dem Stünzel? Dann rechne ich mal zehn Leute pro Schicht, also eine Löschgruppe. Die muss ich mit dem Faktor 5,5 multiplizieren, damit ich 365 Tage im Jahr rund um die Uhr Personal habe. Das sind dann 55 Feuerwehrleute. Die kosten 2,75 Millionen Euro jährlich. Die nächste Frage ist, wem nützt die hauptamtliche Wache? Wenn ich von dieser Wache schnell zu einem Einsatzort in Girkhausen oder Fischelbach fahren muss, kann ich die Hilfsfristen nicht einhalten, also brauche ich trotz allem ehrenamtliche Kräfte. Das ist bei der einzigen hauptamtlichen Wache im Kreis Siegen-Wittgenstein in Siegen nicht anders. Ohne Freiwillige Feuerwehren geht es nicht. In NRW sind von den rund 100 000 Feuerwehrmännern und Feuerwehrfrauen übrigens 80 000 Freiwillige.
Je mehr Standorte umso besser
Stichwort Organisationsstruktur: Bad Laasphe ist eine Stützpunktfeuerwehr, Bad Berleburg hat viele ortsgebundene Löschgruppen. Was sind die Vor- und Nachteile dieser beiden Strukturen?
Bad Berleburg hat 18 Standorte bei 23 Ortschaften, Bad Laasphe hat vier bei ebenso vielen Ortsteilen. Bis in die 1980er Jahre hat es in Volkholz, Niederlaasphe, Fischelbach und Puderbach auch noch Feuerwehren gegeben, aber dann hat das Interesse dort nachgelassen.
Natürlich hat eine Stützpunktfeuerwehr finanzielle Vorteile für eine Kommune. Aber in Dörfern, wo die Feuerwehr im Ortsbild fehlt, schwindet auch das Interesse an der Freiwilligen Feuerwehr, und es wird schwerer, Leute zu rekrutieren. Außerdem ist auch das Gefahrenpotenzial höher, weil Hilfskräfte nicht direkt vor Ort sind. Oder im Katastrophenfall, wenn Strom und Telefon ausfallen. Dann fehlen in diesen Ortschaften auch die Feuerwehrgerätehäuser als Anlaufstellen, um Notfälle zu melden. Man kann natürlich auch über Tagesverfügbarkeit von Feuerwehrleuten in den Dörfer diskutieren, aber es hilft enorm, wenn schon einmal zwei Leute da sind und im Einsatzfall die Lage erkunden können. Mir persönlich wäre es also lieber, wir hätten ein paar Standorte mehr.
Wittgenstein hat viele kleine Ortschaften und große Entfernungen. Was ist notwendig, um in dieser ländlichen Region die Rettungsfristen auch nur annähernd einzuhalten?
Da, wo Freiwillige Feuerwehr vorhanden ist, muss ich den Standort halten. Das ist die wichtigste Maßgabe. Man kann natürlich auch über Zusammenlegungen diskutieren, aber nur da, wo es wirklich Sinn macht. Oftmals hören bei solchen Zusammenlegungen viele auf. Man sollte das Engagement der Freiwilligen eher fördern...
...so wie die Gemeinde Erndtebrück in Benfe, wo eine Löschgruppe entstehen könnte?
Benfe muss ich schon als Novum betrachten. Das ist für mich eine völlig neue Erfahrung. Glückwunsch, das ist ein Pflänzchen, das man hegen sollte.
Rauchmelder gehören in jede Wohnung
Ein weiterer wichtiger Punkt zur Einhaltung von Rettungsfristen ist die Brandfrüherkennung. Alle sollten sich Rauchmelder in den Wohnungen installieren. Dadurch werden Feuer häufig schon in der Entstehungsphase bemerkt, die Feuerwehr schneller alarmiert und die Bewohner können den Brand entweder noch selber löschen oder sich zumindest in Sicherheit bringen.
Die Bevölkerungsstruktur verändert sich, wir altern, und die jungen Generationen werden zahlenmäßig kleiner. Was muss sich technisch verändern, damit die Feuerwehr ihre Schutzaufgaben auch künftig mit weniger Personal wahrnehmen kann?
Im Moment müssen Feuerwehrleute mit 60 aus dem Dienst ausscheiden. Sie können aber auch, wenn sie fit sind, einen Antrag stellen, um bis 63 weiter mitzumachen. Aber dann ist Schluss. Im Moment überlegt man, diese Altersgrenze aufzuheben und an diese Stelle einen körperlichen Eignungstest zu stellen. Diese Überlegungen sind Teil eines Projektes in NRW, das sich „Feuerwehrensache“ nennt. Dabei geht es in den Bereichen Mensch, Technik/Taktik und öffentliche Wahrnehmung die Freiwillige Feuerwehr zukunftsfähig zu machen.
Im Bereich Technik/Taktik geht es beispielsweise darum, mit weniger Personal durch neue Löschtechnik den gleichen Effekt zu erzielen. Ausbildung ist ebenfalls ein Thema. Hier geht es darum, die Ausbildung zu straffen und die Kameraden nach Notwendigkeiten auszubilden. Nicht jeder muss alles beherrschen.
Kinderfeuerwehr zusätzlich zur Jugendfeuerwehr
Die Jugendfeuerwehr steht in Konkurrenz zu Sportvereinen oder ganz schlicht dem gemütlichen Sofa zu Hause? Wie können Sie die jungen Menschen für die Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehr interessieren?
Wir haben derzeit stabile und hohe Zahlen in der Jugendfeuerwehr, aber heute gibt es ein mannigfaltiges Angebot. Auf der anderen Seite sind die Schüler durch gestrafften Unterricht und Über-Mittag-Betreuung hoch belastet. Wenn man noch die Fahrzeiten zur Schule und nach Hause einrechnet, bleibt für die Kinder nicht viel Zeit.
Das Angebot der Jugendfeuerwehren richtet sich an die 10- bis 18-Jährigen und ist breit gefächert. Es besteht ja nicht nur aus feuerwehrtechnischer Ausbildung, sondern zu 50 Prozent auch aus allgemeiner Jugendarbeit mit Sport, Zeltlagern und Ausflügen. Aber wir erreichen die Kinder von 6 bis 10 Jahren noch nicht. Deshalb ist das Thema Kinderfeuerwehr so wichtig, da geht es noch nicht so sehr um Feuerwehr, sondern um spielerische Dinge. Wenn die Kinder in die Schule kommen, verändert sich ihr Freundeskreis und ihr Orientierung. Sie gehen dann zum Sport oder eben zur Kinderfeuerwehr und dort müssen wir ein Angebot machen.
Im Kreis Siegen-Wittgenstein gibt es inzwischen sechs Kinderfeuerwehren in Burbach-Lippe, Hilchenbach, Freudenberg-Oberholzklau, Siegen-Geisweid, Alchetal und Netphen. Nur leider gibt es noch keine gesetzliche Grundlage wie bei der Jugendfeuerwehr. Die soll aber mit dem neuen Brandschutz-, Hilfeleistungs- und Katastrophenschutzgesetz (BHKG) kommen, das das bisherige Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz ablösen wird.
Als Feuerwehrmann haben Sie viele Einsätze erlebt. Was war ihr schönstes Erlebnis und welches Ereignis macht Sie auch nach Jahren noch nachdenklich?
Keine leichte Frage. Bei der Vielzahl der Einsätze gibt es sicher schöne Momente und weniger schöne. In aller Regel sind Einsätze mit Unglücken und Leid verbunden. Da ist es dann vielmehr das positive Gefühl, nach Hause zu fahren und jemandem geholfen zu haben. Nachdenklich wird man immer dann, wenn Menschen zu Schaden gekommen sind. Diese Bilder gehen einem dann auch nicht immer aus dem Kopf.