Bad Berleburg. . Der Trägerverein der Wisent-Welt-Wittgenstein ist in die Offensive gegangen und hat über die Schälschäden der Herde sowie den umgang damit informiert. Alle Rätsel rund um das Verhalten der Wisente sind aber noch nicht aufgeklärt.
Sie sind nicht zu übersehen, auch für die kleine Gruppe Journalisten nicht, die gestern Nachmittag die Schäden an den Buchen im ehemaligen Auswilderungsgehege der Wisent-Herde in Augenschein nimmt.
Schälschäden sind es. Verursacht durch Wisente. Und diese Schäden sorgen zurzeit ständig für mediale Aufmerksamkeit. Erstens, weil die Herde allein in diesem Jahr bisher auf einer rund 6500 Hektar großen Fläche unterwegs ist und Spuren an den Bäumen hinterlässt. Und zweitens, weil aktuell drei Waldbauern aus dem Hochsauerland aufgrund der Schäden vor Gericht gezogen sind. Am 16. Oktober ist der nächste Termin vor dem Landgericht Arnsberg. Ein vierter Waldbauer, Hermann-Josef Vogt aus Oberkirchen, hat sich mittlerweile mit dem Trägerverein auf eine finanzielle Entschädigung geeinigt.
Gestern nun haben Bernd Fuhrmann, der Vorsitzende des Trägervereins, sowie Vorstandsmitglied Johannes Röhl über mögliche Auswirkungen der Schälschäden sowie den Umgang mit diesen Schäden informiert. Mit dabei auch der Wildschadenschätzer Michael Keuthen, der im Auftrag des Vereins die Schäden schätzt und die individuellen Entschädigungssummen über ein mit allen Beteiligten abgestimmtes Verfahren ermittelt.
Das einzig ernsthafte Problem
„Wir nehmen die Schälschäden-Problematik sehr ernst und verstehen die Sorgen der Waldbauern“, so Bernd Fuhrmann. Die Schäden seien auch das einzige ernsthafte von den Wisenten verursachte Problem. Dass diese Schäden in dieser Form so auftreten würden, dafür habe es vorab keinerlei Erkenntnisse gegeben, so Fuhrmann weiter. Konflikte bei der Begegnung von Mensch und Tier seien zudem noch nicht vorgekommen.
40 000 Euro Entschädigung gezahlt
Für die Schäden der zurzeit 17 Tiere umfassenden Herde komme der Trägerverein über einen Schadensfonds auf, der jährlich mit 50 000 Euro gefüllt wird. Seit der Freisetzung der Tiere im April 2013 ist eine Entschädigungssumme von rund 40 000 Euro gezahlt worden. Die Schäden verteilen sich auf insgesamt 20 private Waldbesitzer überwiegend aus dem Hochsauerlandkreis. Betroffen sind zu 90 Prozent Buche und zu 10 Prozent Fichte.
Klar ist, wird ein Baum durch Wisente beschädigt, sinkt der Wert des Holzes. Je nach bereits vorhandenem Stammvolumen-Inhalt mal mehr und mal weniger stark. Bei der Berechnung des so genannten Zeitwertes, der an die betroffenen Waldbauern ausgezahlt wird, kommt Michael Keuthen ins Spiel. Er schätzt den Schaden und stuft ihn u.a. in ein Schema aus vier Schälgraden ein. Beim Grad 1 (Schälwunden bis zu 10 Prozent des Stammumfanges oder bis zu 20 Zentimeter Vertikallänge) werden 20 Prozent des Holzwertes ersetzt, bei Grad 4 sind es 100 Prozent (Schälwunden von mehr als 50 Prozent des Stammumfanges oder mehr als 40 Zentimeter Vertikallänge). 2013 lag der Schnitt bei 46 Prozent, 2014 bei 63 Prozent.
Maßnahmen noch nicht erfolgreich
Forschungs-Kooperationen, Mineral-Leckmasse, Zusatzfutter oder Vergrämungsmittel - alle Maßnahmen des Trägervereins, das Schälen zu minimieren, waren bisher nicht vom gewünschten Erfolg gekrönt. Dennoch wird weiter in Maßnahmen investiert. Eine Botschaft war gestern auch eindeutig: Wie sich die Schäden langfristig auf einen ganzen Bestand auswirken und warum die Wisente überhaupt schälen - all dies sei wissenschaftlich noch nicht geklärt. Auch in diesen Forschungsbereich will der Trägerverein weitere Mittel stecken.
Touristisch ist das Wisent-Projekt ein Erfolg. Das Schmallenberger Sauerland hat das Angebot mit in das Portfolio einer Bonus-Karte (2 Euro pro Gast und Übernachtung) aufgenommen.
„Das Angebot ist der Renner“, so Schmallenbergs Tourismus-Chef Hubertus Schmidt, der sich mittlerweile Sorgen macht, ob er die große Nachfrage finanziell über die Karte stemmen kann.