Erndtebrück.
„Vorsicht, Kinder!“ Das Schild im Verlauf der Bergstraße (L 720) ortseinwärts warnt Autofahrer ganz deutlich: Hier ist angepasste Fahrweise nötig. Und spätestens an der Fußgängerampel in Höhe der Einmündung Schulstraße geht man ganz automatisch vom Gas, wenn eine Anzeigetafel warnt: „Sie fahren 60 km/h!“ Das elektronische Gerät misst das Tempo der Fahrzeuge. Erlaubt ist Tempo 50, Ortsdurchfahrt. Manche Erndtebrücker und insbesondere die Anwohner wünschen sich aber Tempo 30, seit vor einiger Zeit ein Lkw beinahe ein Schulkind angefahren hätte. Schwierig durchzusetzen, sagt Prof. Jürgen Steinbrecher, Stadt- und Verkehrsplaner an der Uni Siegen. Aber einige bauliche Maßnahmen im Straßenverlauf könnten den fließenden Verkehr weiter bremsen, meint er.
„Vorsicht, Kinder!“
Was im Straßenverkehr auf der Bergstraße tatsächlich läuft, hat im Frühjahr Anne-Katrin Fischer, selbst eine Wittgensteinerin, in einer Bachelor-Arbeit für die Uni Siegen untersucht. Sie hat ihr Studium inzwischen abgeschlossen und ist Bau-Ingenieurin. Und in ihren Ausführungen steckten auch gleich eine ganze Reihe interessanter Empfehlungen, so Prof. Steinbrecher, was sich im Verlauf der Strecke verändern ließe.
Beispielsweise am Ortseingang aus Richtung Benfe in Höhe der Einmündung „Am Fuchsrain“: „Hier ist das Tempo der Autofahrer nicht exzessiv hoch“, sagt Prof. Steinbrecher, aber: „Es gibt auch viele Fahrzeuge, die schneller als 50 km/h sind.“ Ein Indiz dafür, dass man hier womöglich „nachjustieren müsste“, meint der Planer.
Vielleicht mit einer Mittelinsel und einer deutlichen Verschwenkung der Fahrbahn ortseinwärts. Platz genug für eine bauliche Erweiterung sei dort jedenfalls. Zwar habe der Landesbetrieb Straßen NRW bereits signalisiert, dass er diese Maßnahme nicht wirklich für nötig halte, so Steinbrecher. Doch feste Grenzwerte, die für oder gegen eine Mittelinsel sprächen, gebe es nicht. Hier werde man nochmals Gespräche führen.
Parallelfall Wabrichstraße (K 33): Auch hier wünscht sich die Erndtebrücker Politik eine solche Verkehrsinsel, um dem Autofahrer zu signalisieren: Hier bitte langsam fahren. Und auch hier ist der Landesbetrieb bislang noch skeptisch – zumal der Insel-Bau auch Geld koste.
Lockerung der Vorgaben in Sicht
Und wie steht’s nun mit Tempo 30 auf der Bergstraße? Dies durchzusetzen sei „problematisch“, so Steinbrecher – „weil die Straßenverkehrsordnung klare Vorgaben macht, wann man das Tempo auf klassifizierten Landstraßen heruntersetzen sollte und wann nicht“. Allerdings „ist da gesetzlich etwas in Bewegung“, so Steinbrecher, sei eine Lockerung der Vorgaben in Sicht. Und die würden dann vielleicht eher auf die Bergstraße passen.
Eine Frage sei aber auch, so Steinbrecher: Muss Tempo 30 jetzt dringend umgesetzt werden? Hat es auf der Bergstraße bereits Unfälle wegen zu hohem Tempo gegeben? Bislang glücklicherweise nicht, sagt der Verkehrsplaner. Aber auch diese Gefahr habe Anne-Katrin Fischer im Rahmen ihrer Bachelor-Arbeit im Auge gehabt – und dabei beobachtet, dass etwa ein Grünstreifen in Höhe „Kirchplatz“ dazu führe, dass die Kinder nicht auf dem Gehweg dahinter, sondern auf einem schmalen Streifen davor unterwegs seien, der direkt neben dem Fahrbahnrand verläuft.
Hier mache es womöglich Sinn, die Pflanzen des Grünstreifens so zu versetzen, dass es dort gar keinen Anreiz mehr für Fußgänger gebe, gefährlich nah am fließenden Verkehr zu laufen. Als Problem sehen Steinbrecher und Fischer es auch, wenn Autofahrer mit ihren Wagen an der Bergstraße den Bürgersteig zuparken. Das sei schlicht „illegal“, bringt es der Verkehrsplaner auf den Punkt – werde von der Gemeinde aber geduldet und nicht kontrolliert. Hier regt Steinbrecher zumindest auf einem neuralgischen Abschnitt ein absolutes Halteverbot an, ergänzt allerdings um einige wenige Parkboxen am Fahrbahnrand.
„Parkdruck“ auffangen
So entstehe eine Engstelle mit Slalom-Effekt, die verkehrsberuhigend wirken könne. Zwar sei im mittleren Bereich der Bergstraße „ein gewisser Parkdruck“ da, so Steinbrecher weiter – doch könne der durch den Parkplatz unterhalb der Schulstraße aufgefangen werden, der nach Beobachtungen Fischers ohnehin nicht ausgelastet sei.
Getestet hat Anne-Katrin Fischer auch die Fußgängerampel an der Einmündung Schulstraße. Und dabei hat sie festgestellt: Der zeitliche Puffer zwischen jenem Moment, in dem die Ampel für den fließenden Verkehr auf Rot schaltet und für die Fußgänger auf Grün, ist sehr kurz. Ihr Vorschlag: Den Zeitpuffer um ein bis zwei Sekunden verlängern, um mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu schaffen.