Bad Berleburg. . Im Interview: Andreas Bernshausen, Geschäftsführer der neuen BLB-Tourismus GmbH, spricht über Bad Berleburgs Attraktivität für „Best Ager“, die Potenziale der ehemaligen Kurstadt und die Arbeit am Label „Naturparadies in Südwestfalen.

Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, der sich Bad Berleburgs neue Tourismus GmbH stellen muss. Welch großes Potenzial in der ehemaligen Kurstadt steckt, welche Gäste angelockt werden können und was Hotels, Gastronomen und Veranstalter dafür tun müssen, darüber haben wir bei einer Tasse Kaffee in der Redaktion mit Andreas Bernshausen, dem Geschäftsführer der BLB-Tourismus GmbH gesprochen.

Frage: Herr Bernshausen, wo haben Sie zuletzt Urlaub gemacht?

Andreas Bernshausen: Auf Mallorca, eine sehr schöne Insel. Aber am liebsten bin ich hier, zu Hause.

Sie machen hauptberuflich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit - u.a. für das Wisent-Projekt, sind inzwischen auch Wisenthütten-Gastronom und in der Freizeit Leichtathletiktrainer. Wie passt der BLB-Tourismus in diesen Terminkalender?

Das passt nur mit einem sehr guten Team, auf das ich mich 100-prozentig verlassen kann. So habe ich jetzt in der Startphase den Rücken frei und kann mich auch in Vollzeit um den BLB-Tourismus kümmern. Wir werden aber personell auch aufstocken müssen.

Seit ein paar Monaten gibt es die Tourismus GmbH, die viele Aufgaben des Vereins Markt & Tourismus übernommen hat. Was kann eine GmbH, was der Verein nicht konnte?

Das ist eine gute Frage (überlegt). Die Rechtsform ist eigentlich egal. Aber die GmbH bietet uns Transparenz und wir können die verschiedenen Akteure besser in die Pflicht nehmen. Die Stadt Bad Berleburg als Mehrheitsgesellschafterin, der Verein Markt & Tourismus und die Veranstaltungs GmbH des Jugendfördervereins bringen allesamt ihre eigenen Netzwerke und Expertise mit. Die müssen wir unter dem Label „Naturparadies in Südwestfalen“ bündeln und alles mit einer Struktur versehen.

Andreas Bernshausen im Stenogramm

Andreas Bernshausen ist 50 Jahre alt, verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes.

Er ist einer der Geschäftsführer der embe consult gmbh mit Sitzen in Bad Berleburg und Bad Vilbel.

Außerdem sind wir personell besser besetzt als der Touristikverein früher. Aber nicht, dass wir uns falsch verstehen: Der Verein um die Ehrenamtlichen Karsten Wolter und Stefan Küpper hat mit seinen Möglichkeiten das Maximum für den Tourismus in Bad Berleburg herausgeholt.

Was ist an Bad Berleburg oder Wittgenstein attraktiv für Touristen?

Ganz klar: Die Natur! Deswegen haben wir ja auch den Claim „Naturparadies in Südwestfalen“ gewählt. Aber wir haben ja nicht nur die Premiumwanderwege, sondern eine ganze Menge anderer Dinge, die wir nun zielgruppengerecht vermarkten wollen.

Welche Klientel will die Tourismus GmbH als potenzielle Urlauber ansprechen?

Ganz klar, wir dürfen uns nicht verzetteln: Wir können nicht alle Menschen in Deutschland ansprechen. Unsere Ausrichtung sind in erster Linie die „Best Ager“, also Leute im besten Alter, 50 aufwärts und die Wanderer. Familien wären schön, aber da fehlt uns das Alternativangebot für Regentage. Ausbauen werden wir auch den Radtourismus. Darin steckt großes Potenzial.

Premiumwanderwege, Wisente, das Schloss oder auch die großen Märkte sind Publikumsmagneten. Aber reicht das, um langfristig auch mehr als die Tagestouristen anzulocken?

Die Tagestouristen sind ein wichtiges Klientel. Sie geben im Schnitt 28 Euro (Quelle: IHK Hannover 2011) pro Tag aus. Hier müssen wir über den Tellerrand schauen und uns nicht auf Bad Berleburg beschränken. Wir müssen die Angebote der gesamten Region nutzen und mehr Tagespauschalen entwickeln. Der Urlauber schaut nicht auf Stadt-, Kreis- oder Landesgrenzen.

Und wenn Schmallenberg ausgebucht ist, nutzt es nichts, zu jammern, sondern wir müssen sehen, dass wir die Betten in Berleburg auch voll kriegen. Wir können von Großveranstaltungen mit Strahlkraft wie eine Bob-Weltmeisterschaft oder dem Snowboard-Weltcup in Winterberg oder dem Sauerlandtourismus insgesamt profitieren.

Stichwort Kulturtourismus. Die Musikfestwoche, das Literaturpflaster, der Waldskulpturenweg und beispielsweise das Bildhauersymposium auf dem Stünzel zeigen, dass es einen Markt für Kulturtourismus gibt. Wie können sie diesen Markt noch besser ausschöpfen?

Wir arbeiten beispielsweise mit der Kulturgemeinde Bad Berleburg sehr eng zusammen, teilen uns sogar personelle Ressourcen. Die Veranstaltungen sind eine feste Größe und sehr, sehr wichtig fürs Image von Bad Berleburg. Sie zeigen, dass wir eben nicht Provinz sind, sondern dass hier viel los ist.

Der gemeinsame Veranstaltungskalender für Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück beweist auch, dass wir das Kirchturmdenken ablegen.

Immer wieder gab es Ideen – auch von Investoren – in Bad Berleburg ein größeres Hotel mit bis zu 250 Betten zu errichten. Woran scheiterten die Bemühungen, eine Hotelkette mit Magnetwirkung nach Bad Berleburg zu locken?

Ich führe diese Verhandlungen nicht mehr. Zu Zeiten der Wittgensteiner Kliniken Allianz war das ein Thema. Einige Interessenten und Investoren kamen nach Bad Berleburg, um sich Standorte in Kliniknähe und auf dem Rath’schen Gelände anzusehen. Die haben die Übernachtungszahlen von damals etwa 450 000 im Jahr gesehen. Als sie dann genauer hinschauten und feststellten, dass davon fast 400 000 Übernachtungstage in Kliniken sind, war das Thema nicht mehr so sexy.

Natürlich gibt es Bedarf. Wenn es ein weiteres Hotel gäbe, wäre das nicht schlecht. Aber der Bedarf wird auch durch größere Häuser im Umfeld von Bad Berleburg abgefedert. Außerdem macht die „Alte Schule“ das sehr gut. Wir dürfen auch nicht aus den Augen verlieren, wie sich zukünftig das Abenteuerdorf in Wemlighausen entwickelt, oder ob sich auf dem Gelände der leer stehenden AHG-Klinik noch etwas tut.

Allein ist es schwieriger als zusammen. Welche Bedeutung hat die Zusammenarbeit mit Bad Laasphe und Erndtebrück?

Wir haben einen hervorragenden Austausch mit den Kollegen, übrigens auch mit dem Touristikverband Siegerland-Wittgenstein.

Taugt Wittgenstein mit dem Rothaarsteig, dem Lahnradweg und den Wisenten bereits als Dachmarke?

Ganz klar: Nein! Eine Dachmarke muss wachsen. Deswegen haben wir auch Südwestfalen als Label gewählt. Um beispielsweise so erfolgreich und bekannt zu sein wie das Sauerland, müssten wir Millionen in die Hand nehmen.

In Wittgenstein gibt es bereits gute Ansätze. Private Wanderführer und auch Stadtführungen sind buchbar. Können Sie daraus Kapital schlagen?

Das ist ein Qualitätsmerkmal. Die Angebote haben ganz unterschiedliche Ausrichtungen und Stärken, und wir binden diese Angebote über unsere Internetseite ein.

Beispielsweise gibt es in Bad Laasphe spezielle Kombipakete mit Wellness und Wandern. Hat Bad Berleburg auch so etwas?

Oh, da gibt es einige. Peter Grobbel vom Landhaus Wittgenstein, Michael Müller vom Hotel Erholung auf dem Laibach, der Ferienhof Schenkel und andere haben bereits Pauschalangebote. Sehr gut nachgefragt sind beispielsweise auch Kombinationen mit der WeihnachtsZeitreise. Die können dann mit einem Candellight-Diner und einer Schlossführung kombiniert sein. Die Angebote sind aber auch individuell gestaltbar, wenn ich zum Beispiel in die Drehkoite Girkhausen möchte oder doch lieber Schneeschuhwandern gehen will.