Bad Berleburg. Notunterkunft am Spielacker in Bad Berleburg: Flüchtlingsberater der evangelischen Kirche kümmern sich jetzt im Team um so manches tragische Menschenschicksal.

Barbara Lenz-Irlenkäuser, Flüchtlingsberaterin des evangelischen Kirchenkreises Wittgenstein, ist in der Bad Berleburger Notunterkunft am Spielacker nicht mehr allein mit ihrer Aufgabe: Sie teilt sich jetzt das Büro mit Pfarrer Peter Liedtke aus Gleidorf, der seit der Jahresmitte in Wittgenstein aktiv ist. „Im Moment sind wir in der Findungsphase“, formuliert es Lenz-Irlenkäuser. Sich gegenseitig kennenlernen, gemeinsam aktuelle Fälle aufarbeiten – darum geht es. Und manchmal erleben die Berater auch ein unverhofftes Wiedersehen mit alten Bekannten.

Neues Mobiliar, helle, freundliche Atmosphäre im Raum, Ausblick durch die großen Fenster in die weite Wald-Landschaft: Seit die Beratung in diesem großzügigen Büro der früheren Rothaarklinik läuft, lasse es sich auch angenehmer arbeiten, freut sich Lenz-Irlenkäuser – sowohl bei den Formalitäten am Schreibtisch als auch in den Gesprächen mit den Flüchtlingen am kleinen runden Konferenztisch. Und es ist sogar noch Platz für eine Kinder-Spielecke.

Bessere Netzwerk-Arbeit zu zweit

Bei den Bewohnern sind offene Ansprechpartner wie Lenz-Irlenkäuser und Liedtke gefragter denn je. „Die Leute warten zum Teil draußen im Flur auf dem Boden“, schildert Lenz so einen Tag mit vollem Terminkalender. Umso wichtiger sei es, „die Büro-Zeiten zu sichern“, betont Liedtke. Das sei nun im Tandem viel leichter möglich. Weiterhin in der Beratung aktiv ist aber auch Joe Mertens vom Siegener Verein für soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen. Er hat sein Büro nebenan. Man hilft sich.

Vom Sprachführer bis zum Thriller auf Englisch

Erst kürzlich auf derselben Etage wie das Beratungsbüro eingerichtet: eine kleine Bibliothek, die den Flüchtlingen montags bis freitags am Abend offen steht. Nützliche Literatur wie Sprachführer, hilfreiche Bildwörterbücher, lehrreiche Schulbücher zum Thema „Deutsch als Fremdsprache“, aber auch Kindgerechtes wie der Band „Zehn kleine Knirpse“ oder spannende Thriller in englischer Sprache finden sich in den Regalen, laden die Bewohner zum Verweilen ein.

Gleich nebenan: das neue Frauen-Café – eingerichtet nicht zuletzt auf Wunsch vieler Bewohnerinnen, in deren Kulturkreisen die Trennung der Geschlechter innerhalb der Gesellschaft eine größere Rolle spielt als bei uns. Und eigens für Mütter gibt’s auch ein Stillzimmer.

Außerdem geplant: ein „Raum der Stille“ als vorübergehender Rückzugsort für einzelne Bewohner. Und bei Bedarf sind ehrenamtliche Betreuer ansprechbar.

Jetzt könne sich Lenz-Irlenkäuser und Liedtke auch besser der Netzwerk-Arbeit in Wittgenstein widmen – im „Café International“ an der Bad Berleburger Schloßstraße etwa oder wie in der vergangenen Woche in Bad Laasphe beim Start der Flüchtlingsinitiative dort. Dazu hatten sie vorbereitende Gespräche mit Laasphes Bürgermeister Dr. Torsten Spillmann und Volker Kohlberger geführt, im Rathaus für Flüchtlingsfragen zuständig. Dabei zeigte sich: Es gibt genug engagierte Menschen vor Ort, man muss sie nur zusammenbringen.

Klar: Viele der Flüchtlinge, die an die Tür des Büros klopfen, verlieren die Berater aus den Augen – spätestens, wenn sie „auf Transfer“ an einen anderen Ort in Deutschland gehen. Manchmal aber, so Barbara Lenz-Irlenkäuser, tauchen vertraute Gesichter plötzlich wieder auf.

Wie das eines jungen erwachsenen Syrers. Er hatte einen neuen Bewohner der Unterkunft aus seiner syrischen Heimat und dessen Angehörigen begleitet. Ihr Zuweisungswunsch: gemeinsam im Rhein-Sieg-Kreis leben zu dürfen. Diesem Wunsch habe die Behörde am Ende zwar leider nicht entsprechen können, bedauert Barbara Lenz-Irlenkäuser – aber das Wiedersehen mit dem jungen Syrer sei schön gewesen, der im Rheinland endlich eine neue Heimat gefunden habe – und deshalb übers ganze Gesicht strahlte. „Es ist eben oft ein Wechselbad der Gefühle“, sagt Lenz-Irlenkäuser.

Oder das Wiedersehen mit drei jungen Männern Anfang 20 vom Balkan, von denen einer sogar eine Stelle in Wittgenstein in Aussicht hat. Sicher: Dort, wo er jetzt sei, sei es schon okay, so der junge Mann – aber Wittgenstein habe er eben in guter Erinnerung, weil er hier so respektabel behandelt worden sei. Auch von den Mitarbeitern der Unterkunft.

Übersetzerin in guter Erinnerung

Und dann ist da noch jene Flüchtlingsfrau, die inzwischen im nördlichen Ruhrgebiet heimisch geworden sei, so Lenz-Irlenkäuser. Bereits Anfang Januar auf Transfer dorthin gegangen, habe sie sich jetzt telefonisch gemeldet – „einfach, um hallo zu sagen“, freut sich die Beraterin. Allerdings bleibt ihr diese Frau auch deshalb in guter Erinnerung, „weil sie mir beim Übersetzen half, als ich damals hier in der Unterkunft anfing“, so Lenz-Irlenkäuser. Und beim jüngsten Treffen „Heiligabend nicht allein“ in Raumland für alle Menschen, die Weihnachten nicht einsam sein wollen, habe man viele schöne Stunden miteinander verbracht.