Werl. Darf ein Muslim Schützenkönig in einer katholischen Schützenbruderschaft werden? Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften sagt nein - und bekommt dafür Gegenwind. Doch selbst der Werler Probst hat dem muslimischen König gratuliert. Und ein Minister fordert ein Ende des Streits.
Mithat Gedik hat den Vogel abgeschossen. Jeden anderen hätte das zum unumstrittenen König der Werler St.-Georg-Schützenbruderschaft gemacht. Doch Gedik ist kein Christ. Deshalb, so fordert der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), soll er die Königskette wieder abgeben. Sonst droht seiner Bruderschaft der Ausschluss aus dem Verband.
Die Haltung des Dachverbands hat unter Schützen heftige Kritik ausgelöst. Von "Diskriminierung" ist die Rede, einer "irrsinnigen Auslegung" der Satzung und von "unschönen Äußerungen und einem wirklich unverständlichen Verhalten" des Dachverbands. Gedik und sein Schützenverein werden aufgefordert, sich nicht von "Ewiggestrigen" provozieren zu lassen.
Minister Schneider fordert Ende des Streits
Sogar von den Katholiken vor Ort bekommt Schützenkönig Gedik Rückendeckung: "Wir haben kein Problem mit dem König. Wir haben ihn herzlich willkommen geheißen", sagte der Werler Probst Michael Feldmann. Mit einem gläubigen Menschen gleich welcher Konfession hätte er kein Problem, sagte Feldmann. "Bei einem Schützenkönig, der aus der Kirche ausgetreten ist und sich damit bewusst gegen die Kirche entschieden hat, würde ich das anders sehen."
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NRW-Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) hat die Beteiligten in dem Streit zu einer schnellen Einigung aufgerufen. "Ich hoffe, dass diese Peinlichkeit zügig aus der Welt geschaffen wird", sagte Schneider am Montag in Düsseldorf. Er nannte die Debatte ein "Stück aus dem Tollhaus", der von "Provinzialität" zeuge. Es gebe in NRW inzwischen viele Muslime, die Schützen- oder Karnevalskönige seien. Auch gebe es etwa im Ruhrgebiet keinen christlichen Kindergarten, in dem nicht auch muslimische Kinder integriert seien.
Die Vereine selbst wollen sich zu der umstrittenen Thematik nicht äußern. "Zu keiner Stellungnahme bereit", heißt es etwa bei den Werler St.-Sebastianus-Schützen.
Muslime kritisieren Debatte über Schützenkönig
Die Debatte um den muslimischen Schützenkönig stößt bei den Muslimen in Deutschland auf Unverständnis. Deren Zentralrat (ZMD) rügte, Satzungen von Schützenvereinen, die nur Christen als Schützenkönige zuließen, seien nicht mehr zeitgemäß.
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"Stets fordert man in der Integrationsdebatte, dass Muslime sich auch in Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und auch Schützenvereinen beteiligen sollen", sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek der dpa. Er fügte hinzu: "Wir haben immer gesagt: Integration ist keine Einbahnstraße. An diesem Beispiel wird wieder klar, was damit gemeint ist."
Schützenbruderschaft laut Satzung eine "Vereinigung christlicher Menschen"
Der BHDS beruft sich auf die Satzung, laut der die Sönneraner Schützen eine "Vereinigung christlicher Menschen" seien, die sich durch "aktive religiöse Lebensführung zum Glauben bekennen" und für "christliche Sitte und Kultur im privaten und öffentlichen Leben eintreten".
In der Ursatzung von 1837 hatte es noch geheißen, der Vereinszweck sei, ein Schützenfest zu feiern, bei dem sich jedes Mitglied der Gemeinde zu möglichst geringen Kosten vergnügen könne. Und zwar "ohne Unterschied des Standes und der Religion".
Schützenvereine dürfen Nicht-Christen ausschließen
Formal ist das Verhalten des Dachverbands wohl korrekt. Schützenbruderschaften dürften in ihren Satzungen sehr wohl bestimmen, dass nur Christen Vereinsmitglieder werden dürften, erklärt Rechtsanwalt Tobias Goldkamp. In vielen Bruderschaften stehe die Verbreitung und Festigung des christlichen Glaubens sogar als Vereinszweck in der Satzung. Deshalb sei es nicht in unzulässiger Weise diskriminierend, wenn ein Verein Nicht-Christen ausschließe.
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Wie streng die Bruderschaften die Satzung auslegen, entscheiden sie selbst. Niemand müsse eine Taufbescheinigung vorlegen, wenn er Mitglied werden wolle, räumt BDHS-Sprecher Rolf Nieborg ein. Doch in den meisten Fällen wüsste der Vereinsvorstand, woran die Mitglieder glauben. Trotzdem könne es natürlich weitere Einzelfälle geben, bei denen Mitglieder nicht christlichen Glaubens seien. Im Fall Gediks war dessen nicht-christliche Konfession erst durch den Meldebogen zum Bezirkschützenfest aufgefallen.
Weitere Einzelfälle von Nicht-Christen nicht auszuschließen
"Die Sönneraner Bruderschaft hat einen Fehler gemacht und muss jetzt schauen, wie sie ihn wieder ausbügelt", sagt Nieborg. Der Dachverband kann zwar fordern, dass Gedik abgesetzt wird, anordnen kann er es aber nicht. Gleiches gilt für die Drohung, die St.-Georg-Bruderschaft nötigenfalls auszuschließen; Auch das kann der Vorstand nicht in Eigenregie; laut Satzung entscheidet über Mitgliederausschlüsse ein Schiedsgericht.
Ob Gedik Schützenkönig bleibt, hängt deshalb in erster Linie von seinen Schützenbrüdern ab. Der Vorstand tagt am Mittwoch. Gegenüber dem Werler Anzeiger hat Gedik bereits klargestellt: "Meine Königskette gebe ich nicht zurück." (mit Material von dpa)