Rüthen. .

Bei einer Friedhofsführung am Sonntagnachmittag berichtete Stadtführer Martin Krüper über die historisch wertvollen und als Stätten der Erinnerung kostbaren einstmals vier Rüthener Friedhöfe und begann gleich mit dem Höhepunkt, dem Judenfriedhof am Hachtor. „Judenhagen“ ist die ursprüngliche Bezeichnung für die Begräbnisstätte im ehemaligen Befestigungsgraben unterhalb der Stadtmauer, die am 8. Oktober 1625 den jüdischen Einwohnern Rüthens als Begräbnisplatz überlassen wurde.

„Hier gab es schon zu früheren Zeiten jüdische Grabstätten. Heute ist dieses 1.821 Quadratmeter große Bestattungsareal der älteste original erhaltener jüdischer Friedhof in Westfalen. Die letzte Beerdigung fand im Jahr 1958 statt“, erklärte Krüper. Das auf beiden Seiten steil ansteigende Gelände birgt 200 Gräber von denen aber nur noch 80 Grabsteine aus den Jahren 1654 bis 1958 vorhanden sind.

Die Gräber sind alle nach Osten Richtung Jerusalem ausgerichtet. Jüdische Gräber dürfen niemals eingeebnet werden, um für eine erneute Belegung Platz zu schaffen. Sie haben Bestand für alle Ewigkeit. Dadurch sind jüdische Friedhöfe eine wichtige historische Quelle und die Grabsteine sind quasi steinerne Urkunden. Die ältesten Grabsteine sind in hebräischer Schrift verfasst und mit dem Namen, dem Todesdatum, einer Lobrede und einem Segensspruch versehen. Die neueren Steine sind in deutscher Sprache. „Im Jahr 2009 wurden die Grabsteine wissenschaftlich erforscht und wir wissen auch wer hier begraben liegt“, berichtete Martin Krüper.

Friedhöfe auf Kirchhöfen

Mit vielen interessanten Geschichten und Begebenheiten führte er die Gruppe weiter zur Nikolauskirche und zur Johanneskirche, wo sich auf den erhöhten Kirchhöfen rund um die Gotteshäuser früher auch Grabstätten befanden. Einige alte und besonders gestaltete Grabdenkmäler – unter anderem in Form eines Engels – zeugen noch heute davon.

Zum Schluss der Führung ging es durch die Lindenallee und das eindrucksvolle barocke Portal auf den heutigen Friedhof. „Das Portal gibt es noch einmal in Paderborn, dort steht es an der Kapuzinerkirche“, erklärte Krüper. Auch hier konnte er viele Geschichten rund um den Friedhof mit seinen Grabsteinen aus früheren Zeiten und dem jahrelangen Gerangel um das Burggelände erzählen.

Nach zwei Stunden endete die konfessions-, kultur- und sozialgeschichtliche Führung auf dem heute genutzten Friedhof. Dort bietet das Urnenfeld mit seinen Stelen einen guten Einblick in heutige Bestattungskultur mit immer mehr Feuerbestattungen.