Warstein/Kreis Soest. . Warstein und die Legionellen-Welle – jetzt geht es an die Aufarbeitung. Und die wird steinig und möglicherweise sogar schmerzhaft werden. Das hat sich bereits gestern im Kreisgesundheitsausschuss angedeutet. Als erstes politisches Gremium hat sich dieser Ausschuss mit den drängendsten Fragen beschäftigt, die die vergangenen, fast fünf Wochen von Warstein aufgeworfen haben.

Klar wurde auch, dass einige Fragen möglicherweise niemals schlussendlich beantwortet werden. So zum Beispiel die zentrale und in vieler Hinsicht entscheidende Frage: Wo kommen die Legionellen, die für zwei Todesfälle und mindestens 165 Erkrankte verantwortlich sind, eigentlich her?

Dr. Frank Renken, Leiter des Gesundheitsamtes, der sich gestern erstmals seit seinem Ende August angetretenen Urlaub öffentlich zu der Warsteiner Legionellen-Problematik äußerte, bezweifelt, dass die Kläranlage die eigentliche Quelle ist. In Deutschland gebe es ganz viele Kläranlagen und es habe auch schon ganz viele heiße Sommer gegeben. Und trotzdem habe es bisher nicht einen einzigen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Kläranlagen und Legionellen gegeben.

Er berichtete den Ausschussmitgliedern von einer „Arbeitshypothese“, mit der sich die Experten um Professor Dr. Martin Exner beschäftigen würden. Demnach sei es denkbar, dass die eigentliche Quelle eines der Rückkühlwerke der Brauerei sei. Dort war zwar eine nur geringe Legionellen-Belastung gemessen worden.

Die aber könne der Ursprung sein, nämlich dann, wenn diese niedrige Konzentration ins Klärbecken der Brauerei gelangt sei. Dort herrschen aufgrund der dort vorhandenen Temperaturen (im Schnitt 34 Grad) und des vergleichsweise hohen Nährstoffgehaltes – nach wissenschaftlichen Erkenntnissen – geradezu ideale Bedingungen, die die explosionsartige Vermehrung erklärlich machen würden.

Und vom Brauerei-Klärbecken seien die Legionellen dann über die städtische Kanalisation in die Kläranlage des Ruhrverbandes und von da aus wiederum über Wäster und Rückkühlanlage bei Esser ein weiteres Mal – dann in recht hoher Konzentration – freigesetzt worden.

Durch die räumliche Nähe zwischen Brauerei-Klärbecken und Ansaugstutzen des Rückkühlwerkes sei diese Theorie denkbar, erklärte Dr. Renken weiter. Zumal die Anlage bei Esser bei weitem nicht so leistungsstark sei wie die der Brauerei: „Aerosolwolken können durch große Rückkühlwerke kilometerweit durch die Luft verteilt werden.“

Aber ob diese Theorie jemals wissenschaftlich untermauert werden könne, hält auch der Fachmann vom Gesundheitsamt für fraglich. „Es gibt dafür keine Beweise“, betonte er. Deshalb würden sich damit Juristen und Gutachter beschäftigen müssen. Und das kann dauern. Der Verursacher der Legionellen-Fälle von Ulm (2008) steht bis heute nicht fest.

Kreisdirektor Dirk Lönnecke verteidigte im Ausschuss noch einmal das lange Festhalten an der am 30. August ausgesprochenen Reisewarnung: „Wir mussten erst hundertprozentig sicher sein, dass es keine Restgefährdung mehr gibt.“ Dass das für Warstein eine große Belastung gewesen sei, sei den Mitgliedern im Krisenstab stets bewusst gewesen.