Warstein/Winterberg. . Die Legionellenwelle von Warstein - längst hat sie die komplette Geschäftswelt von Warstein erreicht. War nach der Absage der Montgolfiade zunächst in erster Linie die Hotellerie und die Gastronomie betroffen, so haben Umsatzeinbußen und Kundenrückgänge inzwischen die Gesamte Geschäftswelt durchdrungen. Exemplarisch stellt die WESTFALENPOST heute zwei Beispiele vor.

Getrunken und gegessen wird immer! Und aus diesem Grund lässt sich das geänderte Käufer-Verhalten durch den Legionellen-Ausbruch in Warstein nicht klarer ablesen als bei den Lebensmittel-Verkäufen.

Während aber Supermärkte durch ihre wöchentliche Werbung Kunden gezielt in die Geschäfte locken, ist dies bei Bäckereien anders – die preisaggressiven Sonderangebote halten sich in Grenzen; Brot und Brötchen werden zudem kontinuierlich und nicht auf Vorrat gekauft. Außerdem versorgen sich Besucher und Urlauber mit frischen Backwaren. Wie also entwickelten sich die Umsätze im Bäckerei-Handwerk. Die Bäckerei Isken aus Winterberg-Niedersfeld hat uns einen Einblick in ihre Umsatzzahlen gewährt. Und zwar sowohl für Warstein und Belecke als auch – als Vergleichswert – für den Hauptsitz in Winterberg-Niedersfeld, wo man die Legionellen-Gefahr nur aus der Zeitung kennt.

Die Zahlen sind eindeutig: Während die Umsätze vor der ersten Berichterstattung und auch in den ersten Tagen danach kaum ungewöhnliche Veränderungen aufwiesen, brachen die Umsätze in Warstein in der Folgewoche um 25 Prozent ein, in der Woche danach waren es sogar 28 Prozent weniger als vor dem Legionellen-Fund. Nicht ganz so extrem, aber auch deutlich messbar, entwickelten sich die Zahlen in Belecke mit minus 4 und 4,5 Prozent. Ganz anders im Sauerland, als die Umsätze zum Ende der Sommerferien um je acht Prozent zulegten.

Bei der Bäckerei Isken hofft man jetzt, dass der Reisehinweis endlich aufgehoben wird und wieder Normalität einkehrt.

„Reisewarnung eine Farce“

Alfons Belda redet Klartext. Der Geschäftsführer der R+K Autowelt Belda in Belecke bekommt die Auswirkungen der Legionellenkrise nach eigener Aussage derzeit brutal zu spüren. „Die Geschäfte brechen ein“, formuliert Belda, der seit 37 Jahren in Warstein Autos verkauft. „So etwas habe ich noch nicht erlebt. Wenn wir nicht so gut aufgestellt wären, würde das gewaltig an die Substanz gehen.“ Vor allem Wochenende ist, wie Belda sagt, „total tote Hose.“ Im Durchschnitt werden samstags drei bis vier Geschäftsabschlüsse getätigt Neu- wie Gebrauchtwagen. Belda: „in den vergangenen drei Wochen hatten wir Null Abschlüsse. Besonders bizarr: Ein Kunde hat sich aus dem Rheinland gemeldet und gefragt, wie viel Prozent „Legionellen-Rabatt“ es denn geben würde, wenn er nach Warstein komme, um ein Auto zu kaufen.

Auch in der Werkstatt sei es merklich ruhiger geworden: „ Kunden aus Kallenhardt und Rüthen stornieren ihre Termine und kommen nicht.“

Für Belda steht der Schuldige für diese wirtschaftliche Misere klar fest: „Der eingerichtete Krisenstab ist an Hilflosigkeit und auch Unfähigkeit nicht mehr zu überbieten. Ständig werden die Warsteiner vertröstet, dass nach der nächsten Sitzung die Einschränkungen vielleicht aufgehoben werden. Und dann passiert immer noch nichts.“ Und einmal so richtig in Fahrt, nimmt sich der Autohändler auch noch die Landrätin vor: „Sie ist die Hauptverantwortlich für diesen unhaltbaren Zustand. Was der Kreis in den vergangenen über vier Wochen geleistet hat, ist einfach nur stümperhaft.“ Man vertraue ständig den Empfehlungen von angeblichen Experten: „Aber die sind alle weit weg und haben keinen blassen Schimmer, was hier vor Ort wirklich Sache ist.“ Auch die Reisewarnung für Auswärtige sei eine einzige Farce: „Ich habe dreißig Mitarbeiter. Der Großteil von ihnen kommt von auswärts. Wenn die zuhausen bleiben würden, könnte ich dicht machen.“