Warstein.. Klärbecken statt Rückkühlanlage? Die Suche nach der Legionellen-Quelle in Warstein bekommt möglicherweise eine neue Wende: Ein Dortmunder Ingenieur für Umwelttechnik hat nach eigenen Angaben dem Kreis Soest bereits am 24. August entsprechende Hinweise auf das so genannte „Belebtbecken“ der Warsteiner Kläranlage gegeben. Dies sei vom Kreis zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht als Infektionsquelle gesehen worden.

Ist die Kläranlage in Warstein der Ausgangspunkt für eine Erkrankungswelle, von der mittlerweile 150 Menschen betroffen gewesen sind? Entsprechende Hinweise, dass die Infektionsquelle auf das so genannte "Belebtbecken" zurückzuführen ist, hat ein Dortmunder Ingenieur für Umwelttechnik dem Kreis Soest bereits am 24. August übermittelt.  „Es ist momentan noch eine Theorie, aber es sprechen so viele Fakten dafür, dass sie doch sehr wahrscheinlich ist“, sagt der Umwelt-Experte im Gespräch mit der Westfalenpost.

In dem besagten Becken, das es in ­jeder Kläranlage gibt, wird das Kloakenwasser, in dem sich u.a. ­Fäkalien befinden, durch einen speziell angezüchteten mikrobiologischen Schlamm gereinigt. Die Bakterien in diesem Schlamm zersetzen die Fäkalien - ein Vorgang, der dem eines Komposthaufens ähnlich ist. Zu diesen Mikroorganismen zählen auch Amöben-Arten, die als Wirte Legionellen in sich tragen können.

Um diesen Prozess zu unterhalten, wird Sauerstoff von unten in das Becken zugeführt. Der Sauerstoff strömt durch die Bakterien in dem Schaum, dadurch zerplatzt die Schaumkrone. Durch diesen Vorgang werden feinste flüssige Partikel mit Bakterien in die Luft eingetragen, die so genannten Aerosole. Dieses Gemisch hängt im Prinzip über dem Belebtbecken.

„Das ist ein ganz normales Verfahren, das jede Kläranlage anwendet“, betont der Umwelttechnik-Ingenieur. Bei diesem Vorgang entsteht Wärme - auch dies sei normal. Die besondere Lage des Beckens in Warstein und die heißen Temperaturen Anfang bis Mitte August könnten diesen Vorgang allerdings gekippt haben.

Legionellen könnten sich überproportional vermehrt haben

Das bedeutet nach Einschätzung des Experten: Die Legionellen könnten sich überproportional vermehrt und die Winde in dem kesselähnlichen Tal der Kläranlage könnten den Aufstieg und die Verbreitung der Aerosole mit den Bakterien begünstigt haben; das Becken liegt am Südhang und sei damit prädestiniert für Thermik.

Die in dem Tal hängende Warmluft habe durch eine Art „thermischen Schlauch“ über die Klärwerksfläche wehen können; durch den dabei entstehenden Unterdruck seien die Aerosole aufgestiegen. Der Dortmunder Umwelt-Ingenieur und sein Team hatten sich bereits früh mit dieser These beschäftigt.

Darmkeime sprechen für Belebtbecken als Quelle

„Die Symptome der Krankheit wurden immer wieder auch mit Durchfall geschildert. Das passt nicht zu einer ,reinen’ ­Legionellen-Erkrankung. Da müssen schon Darmkeime mit im Spiel sein.“ Darmkeime hätten keine Chance, in ein autarkes System wie eine Klimaanlage zu gelangen. „In einem Klärbecken, das Fäkalienwasser reinigt, sind sie aber selbstverständlich vertreten.“ Das spreche für das Belebtbecken als Quelle.

Hohe Übereinstimmung der Windrichtung mit Wohnorten der Erkrankten

Sein Team, versichert der Dortmunder Ingenieur, sei zudem von der These ausgegangen, dass die vom Kreis veröffentlichten Wohnorte der ­Patienten, die sich in Suttrop, Belecke und Warstein konzentrieren, auch die Ansteckungsorte seien. Anhand von Satellitenbildern haben wir nach großen Mengen Wasser gesucht, die ausreichend wären, eine solch überproportionale Vermehrung von Legionellen bei entsprechenden Temperaturen zuzulassen.“

Diese habe man dann hinsichtlich einer Möglichkeit der Vernebelung weiter untersucht, da die Gefahr der Legionellen erst durch ihre Verbreitung in der Luft entstehe. Die ersten Untersuchungen deuteten bereits an, dass sich eine ziemlich hohe Übereinstimmung der Windrichtungen mit denn Wohnorten der Erkrankten ergab.

Recherchen am Freitag, 23. August, dem Kreis übermittelt

Diese Recherchen habe er am Freitag, 23. August, dem Kreis Soest mitteilen wollen, dort aber nachmittags niemanden mehr erreicht, so der Umwelt-Ingenieur. „Am Samstag haben wir dann mit dem Ordnungsamt in Warstein gesprochen, das war ein sehr konstruktives Gespräch. Unser Hinweis wurde dort ernst genommen. Man riet uns, dies direkt an den Kreis zu ­melden.“

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Im Detail habe er dort seine Ergebnisse geschildert, dennoch sei seitens des Kreises nicht darauf eingegangen worden, berichtet der Dortmunder Ingenieur. Als Mitte der Woche die genauen Wetterdaten inklusive der Windrichtungen vorlagen, habe er diese direkt an das Ordnungamt  und von direkt an den Kreis weitergeleitet.

Kreis hat Proben der Kläranlage genommen

Die Kläranlage ist inzwischen in den ­Fokus der Nachforschungen geraten. „Es wurden Proben der Kläranlage genommen“, bestätigte Wilhelm Müschenborn, Pressesprecher des Kreisess, am Sonntag. Müschenborn wollte sich aber nicht dazu äußern, ob der Hinweis aus Dortmund bereits am 24. August erfolgt sei.