Warstein. Sechs Gäste sitzen auf der Terrasse. Eigentlich müssten es 50 bis 60 sein. Mit so vielen Gäste kann die Waldwirtschaft im Bilsteintal an einem Wochenendtag in einem normalen „Terrassendurchgang“ rechnen. Doch der Tag, nachdem der Kreis Soest von unnötigen Reisen in das Stadtgebiet Warstein abgeraten hat, ist nicht normal.

Elke Wulf schüttelt den Kopf, ihre ganze Körperhaltung symbolisiert eine Bedrücktheit, die auch sechs zahlende Gäste nicht von ihren Schultern nehmen. Die Leiterin der Waldwirtschaft spürt die wirtschaftlichen Folgen der Erkrankungswelle deutlich. „Es war am Donnerstag schon leer, Freitag war es dann richtig ungewöhnlich, wie wenige kamen. Und dann kam am Abend diese Nachricht.“

Die Nachricht, wenn es nicht unbedingt erforderlich sei, nicht nach Warstein zu reisen – für ein Restaurant direkt an einem der prominentesten Ausflugsziele Warsteins gelegen die reinste Hiobsbotschaft. „Ich habe es erst gar nicht geglaubt, als ich es gehört habe“, erzählt Elke Wulf, „aber es stimmte ja tatsächlich.“

Prompt kam die erste Absage: Ein Bus mit niederländischen Gästen, die eigentlich am Dienstag kommen wollten, stornierte seine Buchung wegen der Warnung. Und auch weitere Gruppen-Buchungen stehen auf der Kippe. Elke Wulf blättert in ihrem Reservierungsbuch: „Am Freitag wollen 80 Gäste aus dem Rheinland kommen. Hoffentlich sagen die nicht auch ab.“

Giulia Vitale bekommt die Absagen und die ausbleibenden Tagesgäste in der Küche zu spüren: Nur drei Gerichte sind an diesem Samstag bisher rausgegangen – jetzt ist die Mittagszeit vorbei, mit weiteren Bestellungen rechnet sie nicht wirklich. „Die meisten bestellen nur einen Kaffee und vielleicht ein Stück Kuchen und dann sind sie auch schon wieder weg.“ Frisch eingekauftes Fleisch, Gemüse, Salat – Giulia Vitale muss jetzt sehen, was sie mit den Lebensmitteln macht. „Das Fleisch kann ich einfreieren, aber den Salat...den müssen wir dann unter den Mitarbeitern verteilen.“

Verteilen wollte Stefan Enste an diesem Wochenende eigentlich 5000 Flyer, die auf das „leuchtende Bilsteintal“ am 21. September aufmerksam machen. Jetzt bleibt der Höhlenführer auf den Info-Zetteln sitzen, die in dieser ungewöhnlich großen Auflage nur aus einem Grund bestellt wurden: „Wir haben sie extra zur Montgolfiade bestellt udn wollten sie an diesem Wochenende auf den Parkplätzen verteilen“, erzählt Enste. Für die Verteilung an den üblichen Stellen - waldwirtschaft, Höhle, Wildpark-Eingang – brauchen sie maximal 500, schätzt er. „Jetzt müssen wir sehen, wie wir die alle an den Mann bekommen.“

Auch Stefan Enste hat an diesem Samstag bereits die erste Absage für eine gebuchte Höhlenführung bekommen. der Grund: „Die Legionellen natürlich.“ Es passiert das, was für jedes Ausflugsziel der Alptraum ist: Die Menschen hören von einer möglichen Gefahr und sagen ihre Touren ab.

August fast Rekordmonat

Dabei deutete sich der August für die Bilsteintaler als einer der erfolgreichsten Monate überhaupt an: „Von den Besucherzahlen der Höhle war der August bisher der stärkste seit 2009. Auch der Wildfutter-Verkauf war enorm hoch. „ da im Wildpark kein Eintritt genommen wird, geben allein die Zahlen des Wildfutter-Verkaufs einigermaßen sicher Auskunft über die Besucherzahlen des Parks. Bis Samstag besuchten 5100 Gäste die Bilsteinhöhle – eine Zahl, die sogar noch höher hätte sein können, meint Stefan Enste. „Sicher ist die letzte Ferienwoche immer etwas schwächer, aber wenn ich sehen, dass wir in dieser Woche nur 477 karten verkauft haben und in der davor noch 1100, dann fällt es schon auf, dass es sich reichlich abschwächt.“

Genau wie Elke Wulf hofft er jetzt auf ein baldiges Ende der schlechten Nachrichten – allein schon mit Blick auf das „leuchtende Bilsteintal“ am 21. September. Als an diesem Samstag plötzlich Regen fällt, zuckt Elke Wulf bedrückt die Schultern: „Auch das jetzt noch – das wäre doch jetzt perfekt für uns.“ Regenwetter ist normalerweise ideales Höhlenwetter. Nur normal ist an diesem Wochenende nichts in Warstein.