Warstein. . Wenn der Krisenstab tagt, dann beginnt das Wochenende später. Im Kreishaus in Soest glühten gestern Köpfe, Leitungen und Rechner – bis weit nach dem üblichen Feierabend. „Der Fall Warstein“ war der kurze Hinweis auf die Unerreichbarkeit verschiedenster Mitarbeiter. 95 Erkrankte, noch immer keine Quelle und dazu die Frage: Wer wusste wann von den Legionellen? Es war kein normaler Freitag im Kreishaus.

Vier Tage, nachdem der Kreis die Öffentlichkeit darüber informiert hatte, dass zu jenem Zeitpunkt mehr als 60 Menschen in Warstein an einer schweren Form der Lungenentzündung erkrankt seien, stand gestern die genaue Quelle immer noch nicht fest. Legionellen, die eine Verdunstungskühlanlage in die Luft verteilt, seien es zu „70 bis 90 Prozent“ – diese Aussage des Legionellen-Experten Professor Dr. Martin Exner setzte Mitte der Woche eine Suche und Überprüfung eben dieser Anlagen in Gang. Schon da zeigte sich: Wo die Experten der Uniklinik Bonn anfangen sollten zu suchen, war eigentlich gar nicht so klar.

Denn eine Meldepflicht für diese spezielle Art der Rückkühlanlagen gibt es in Deutschland nicht. 68 Anlagen wurden auf diese Weise bis Freitagabend kontrolliert – nur acht erwiesen sich als tatsächlich mögliche Quellen. Doch auch ein Bürgermeister, der in hemdsärmeliger Manier den Kontakt zu Firmen und ihren Technikern herstellen kann, sowie ein ausgewiesener Legionellen-Fachmann können nicht hellsehen, wo weitere Anlagen stehen könnten. Daher erließ die Stadt Warstein am gestrigen Abend eine Allgemeinverfügung: Alle Besitzer von Verdunstungskühlanlagen müssen diese bis Mittwoch kommender Woche melden, ansonsten droht ein Zwangsgeld von 20 000 Euro. Dass man die Sache viel zielorientierter hätte anpacken können, davon ist Werner Volmari, Geschäftsführer der Belecker Firma für Kälteanlagen und Klimatechnik, überzeugt: „Einfach die Fachfirmen abtelefonieren, das wäre das Einfachste gewesen.“

Heißt: Mit drei Anrufen bei den Fachfirmen Wisag und Volmari in Belecke sowie Stahl in Soest hätten 90 Prozent der Betriebe erfasst werden können, die überhaupt in Frage kommen. Wenn es jetzt heißt, dass ausschließlich Rückkühlanlagen als Ursache für die Legionellen-Verbreitung in Frage kommen, kämen in Warstein und nahem Umkreis maximal 20 Kühlwerke in Frage, „denn die wurden auf jeden Fall von einer Fachfirma eingebaut.“

Bericht im Anzeiger dementiert

„Selbstverständlich haben wir mit Herstellerfirmen, die Wartungsverträge vorliegen haben, gesprochen“, weist Kreis-Pressesprecher Wilhelm Müschenborn den Vorwurf zurück. Gegen einen weiteren Vorwurf wehrte sich der Kreis Soest gestern vehement: Entgegen anders lautender Berichte des Warsteiner Anzeigers habe man schon frühzeitig auf den Verdacht auf Legionellen als Krankheitsursache reagiert. Bereits am Mittwoch, 14. August, ordnete das Gesundheitsamt eine Überprüfung auf Legionellen an, als sich vermehrt Patienten mit atypischen Lungenerkrankungen einfanden. Auch das Krankenhaus therapierte offenbar sofort mit den richtigen Antibiotika, die zur Behandlung von Legionellen-Erkrankung eingesetzt werden.

Tatsächlich war der Befund, den ein vom Krankenhaus beauftragtes Labor am Donnerstag erstellte, positiv, wurde aber von dem Labor nicht ans Gesundheitsamt gemeldet. Um welches Labor es sich handelt, vermochte am Freitagabend der Krisenstab nicht zu sagen. Gegen halb acht war dann doch auch an diesem Krisen-Freitag Feierabend im Kreishaus.