Kreis Soest. .
Wo drückt heimischen Unternehmen der Schuh? Bei intensiven Gesprächen auf der Hannover-Messe verschafften sich Landrätin Eva Irrgang und Volker Ruff, Geschäftsführer der wfg Wirtschaftsförderung Kreis Soest GmbH, einen Überblick. „Vor allem die Fachkräftesicherung und die steigenden Kosten durch die Energiewende machen unserer heimischen Wirtschaft Sorgen. Damit wurde mir bestätigt, dass wir mit unseren Maßnahmen die Hebel an den richtigen Stellen ansetzen“, zieht die Verwaltungschefin Bilanz.
Angesichts der offensichtlich notwendigen Rekrutierung von Fachkräften steht Michael Reckhard, Mitarbeiter der Delta Energy Systems (Germany) GmbH, für so etwas wie den Idealfall.
Die Landrätin lernte den Ingenieur der Soester Tochter des thailändischen Konzerns Delta Electronics bei ihrem Besuch am Messestand des Weltunternehmens kennen. Der Soester studierte am Soester Fachhochschulstandort, sammelte berufliche Erfahrungen in Süddeutschland und der Schweiz, um dann in seine Heimatstadt zurückzukehren. Solche Entscheidungen werden am Coesterweg im Soester Gewerbegebiet Südost gebraucht, wo unter anderem die in Hannover vorgestellten Umrichter im Megawattbereich für Windkraftanlagen entwickelt werden. „Von unserer 250-köpfigen Belegschaft sind 80 Prozent Ingenieure. Vor Ort Fachleute zu finden, ist sehr schwer“, so Delta-Geschäftsführer Dr. Basile Margaritis.
Ein Patentrezept hat auch Korinna Schwittay, Geschäftsführerin der Siepmann-Werke in Warstein-Belecke, nicht. Trotzdem lautet ihre Forderung für die Fachkräftesicherung: „Aus der Region für die Region.“ Wie das zur bewerkstelligen ist, weiß sie: „Mir ist auch erst klar geworden, welche Vorzüge der Kreis Soest aufweist, als mich mein Berufsweg wieder nach Hause führte. Wir müssen deutlich machen, dass es bei uns gute Arbeitsplätze in einer attraktiven Region gibt.“
Effizienz auf dem Prüfstand
Die Siepmann‘schen Induktionsöfen, mit deren Hilfe Gesenkschmiedestücke und Warmfließpressteile produziert werden, fressen enorm viel Strom und reißen ein entsprechend großes Loch in die Bilanz. Markus-Peter Dürkes, Geschäftsführer der Schonlauwerke in Geseke, weiß ebenfalls ein Lied davon zu singen, denn auch er kann seine modernen Eisengusswerkstoffe nur mit einem enormen Energieeinsatz herstellen. „Gerade in einem mittelständischen Unternehmen wie dem unseren steht die Effizienz dabei ständig auf dem Prüfstand“, versicherte er Eva Irrgang und Volker Ruff. Das exakt ist das Metier von Dr. Peter Jahns, Geschäftsführer der Effizienz-Agentur NRW. Für ihn war es eine goldrichtige Entscheidung, ein Regionalbüro in Werl einzurichten. „Früher fanden uns Unternehmer aus dem Kreis Soest als Ansprechpartner in Sachen Energieeinsparung und schlanke Produktion nur in Münster oder Bielefeld, kannten uns oft nicht. Heute reagieren zum Beispiel die heimischen Automobilzulieferer mit großer Freude, wenn sie erfahren, dass wir auch in Werl vertreten sind“, berichtete Jahns am Stand des NRW-Umweltministeriums.
Wirtschaftsförderer Volker Ruff nahm das mit Interesse zur Kenntnis. Denn die Agentur war maßgeblich von der wfg in Werl angesiedelt worden und wird durch verschiedenste Partner unterstützt. Wie die AEG Power Solutions in Warstein-Belecke Strom aus Windkraft, Biogas und Photovoltaik in regenerativen Kraftwerken managen will, das erläuterte Geschäftsfüher Dr. Horst Kayser den Gästen des Kreises an einem Modell. Landrätin Eva Irrgang wurde hellhörig. „Im Rahmen eines Regionale-Projekts planen wir bekanntlich ein Hybridkraftwerk. Wir sollten uns zusammensetzen“, lud sie den CEO ein. Dass man nicht immer am ganz großen Rad drehen muss, um innovativ zu sein, das verdeutlichte der Abstecher zum Stand der Enser Heico Befestigungstechnik. Die „Heico-Lock-Keilsicherungsscheibe“ sitzt dank ineinandergreifender Profile zweier Ringe fester als herkömmliche Unterlegscheiben. Firmenchef Jan Bernd Heimann demonstrierte das mit einem Vibrationstest. Das Detail entscheidet auch bei der Geseker Hunold und Knoop Kunststofftechnik GmbH. Deren patentgeschützter Kunststoff TPU-X ist herkömmlichem Gummi überlegen, wenn es darum geht, mittels einer Welle Banknoten in korrekter Anzahl aus Geldautomaten zu befördern.
6500 Aussteller
Nicht im Verborgenen schlummern die Produkte der Deutschen Industriebau, Gesellschaft für schlüsselfertigen Industriebau (Lippstadt und Geseke), sondern sind traditionell zu finden auf dem Außengelände der Hannover-Messe, mit 6500 Ausstellern die größte Industrieschau der Welt. Geschäftsführer Karsten Kußmann registrierte sichtlich zufrieden das Erstaunen der Delegation aus dem Kreis Soest darüber, wie architektonisch gelungen auch Containerbauten daherkommen können. Ein Besuch auf dem Stand des nordrhein-westfälischen Innovationsministeriums rundete das Programm ab. Dort stellten das Soester Institut für Technologie und Wissenstranfer (TWS) und dessen neuer Geschäftsführer Dr. Jörg Scholtes gemeinsam mit der Fachhochschule Südwestfalen einen Elektro-Smart mit einem neu entwickelten Wasserstoff-Metallhydridspeicher vor. Amtsvorgänger Professor Dr. Karl-Heinz Müller überraschte mit der Nachricht, dass heimische Innungsbetriebe 20 Kfz nach diesem Modell umbauen wollen und diese Prototypen wohl schon bald auf den Straßen des Kreises Soest zu sehen sein werden.
„Messeauftritte gehören nach wie vor zu den wichtigsten Marketinginstrumenten“, fasst wfg-Geschäftsführer Volker Ruff seine Erkenntnisse der Reise zusammen. „Bereits das Jahr 2012 hat gezeigt, dass Messen auch in Zeiten mit unsicherer Stimmungslage als Kommunikations- und Marketinginstrument zuverlässig funktionieren.“