Rüthen. . Nur selten sind die Zuschauerplätze im großen Verhandlungssaal des Warsteiner Amtsgerichtes voll besetzt. Anders am Freitagmorgen: Knapp 30 interessierte Rüthener wollten wissen, was bei der Zwangsversteigerung mit der Historischen Ratsschänke wird, vor allem zunächst, wer ihr neuer Besitzer sein könnte.
Nach gut 50 Minuten stand die Antwort fest. Für 152 000 Euro erteilte Rechtspflegerin Jutta Linnenbrügger den Zuschlag. Das Höchstgebot hatte Prokurist Stephan Lohage im Namen der Warsteiner Brauerei abgegeben. Damit hatte Brauerei-Inhaber Albert Cramer neben dem Beginn der Montgolfiade am Freitag einen weiteren Grund zur Freude, hat er doch dem Immobilienbesitz des Unternehmens eine wahre Perle hinzugefügt. Zugleich war ihm der Erwerb der Ratsschänke auch persönliche Herzenssache, wie er bereits beim ersten Versteigerungstermin vor einem Jahr hatte erkennen lassen.
Zuletzt hatte Cramer im Februar 135 000 Euro bieten lassen, was jedoch der Sparkasse Lippstadt als Hauptgläubigerin zu wenig war. Sie hatte die vorläufige Einstellung des Verfahrens beantragt, dann aber dessen Wiederaufnahme, was zu dem Termin gestern führte.
Alleine am Vertreter der Sparkasse wäre es auch jetzt wieder gewesen, das Höchstgebot auszuschlagen. Juristisch hätte es, anders als in früheren Verfahrensschritten, keinen Grund mehr gegen, den Zuschlag zu verweigern, wie die Rechtspflegerin erklärte. Einzig der zu zahlende Teil des so genannten geringsten Gebotes hätte die Untergrenze, das „absolute Minimum“, so Jutta Linnenbrügger, bedeutet. Dieses summierte sich auf rund 25 240 Euro, bestehend aus den aufgelaufenen Gerichtskosten, den geleisteten Vorschüssen der Sparkasse im Rahmen der Zwangsverwaltung und ausstehenden Grundbesitzabgaben an die Stadt.
Mit 90 000 Euro stieg die Brauerei ein und hatte, wie schon im Februar, in Bernadus Schutte einen entschlossenen Mitbieter, der auf 100 000 Euro erhöhte. Der Inhaber der Bergstadtstuben, die er zum Jahresende aufgeben möchte, hatte eine Wiedereröffnung der Ratsschänke mit Theken- und gehobenem Restaurantbetrieb avisiert. Auch das Hotel wollte er wieder aufleben lassen.
In mehr oder weniger großen Schritten schaukelten sich die beiden Interessenten hoch. Den größten Batzen legte Lohage drauf, als er von 120 500 auf 145 000 Euro erhöhte. 150 100 Euro waren Schuttes letztes Wort, das 152 000-Euro-Gebot der Brauerei ließ er unerwidert. Mit dem Zuschlagsbeschluss war die Brauerei von einer Sekunde auf die andere neue Eigentümerin der Ratsschänke.
Was nun aus dieser Perle, die sie auch für Rüthen darstellt, wird? „Wir haben sie uns zunächst gesichert und werden nun einen Pächter suchen“, so Prokurist Lohage, der an diesem Morgen den eigentlichen Immobilienfachmann des Unternehmens, Stephan Buschhoff, vertrat. Dieser hatte schon im vergangenen Jahr Entwürfe für Umplanungen in der Tasche.