Warstein. .

Die „Neue Mitte“, wie sie sich Investor Hubert Bövingloh einmal vorgestellt hat, soll es in Warstein nicht geben. Kein Abriss des Rathauses und keine Überbauung der Dieplohstraße mit einem geschlossenen Baukörper: Diese Prioritäten setzt das Planungsbüro Junker und Kruse, Dortmund. Geschäftsführer Stefan Kruse und Andreas Mayer stellten im Stadtentwicklungsausschuss die Ergebnisse ihrer Untersuchung der Einzelhandelssituation vor, deckten Defizite auf und lieferten Entscheidungshilfen für die politische Diskussion.

Bei der Untersuchung der Angebotsstruktur ermittelten die Gutachter, dass insbesondere in den Bereichen Elektronik/Multimedia, bei Zeitungen/Zeitschriften/Bücher sowie im Sport- und Freizeitsektor mehr als die Hälfte der Kaufkraft verloren geht, heißt die Warsteiner geben ihr Geld in benachbarten Städten aus. „Der Einzelhandel schafft es nicht, die Kaufkraft vor Ort zu binden“, erklärte Stefan Kruse. Dagegen sind die Warengruppen Nahrungs-/Genussmittel, Haushaltswaren sowie Gesundheit/Körperpflege ausreichend abgedeckt. Bei Bekleidung/Textilien errechneten die Gutachter eine Kaufkraftabschöpfung, die über die Versorgung der eigenen Bevölkerung hinaus im Einzugsgebiet erreicht werden kann. Das ist auch bei fast allen anderen Warengruppen der Fall. Daher soll ein Zentrum in der Größe von 6500 Quadratmetern Verkaufsfläche - Bövingloh plant mit 8000 qm - die abfließende Kaufkraft zurückgewinnen. „Ein Einkaufszentrum mit Branchenmix an der Dieplohstraße ist verträglich“, so Kruse.

Dabei stehen Flächen zwischen Dieplohstraße und Domring zur Verfügung, andererseits könnte auch der Flachdach-Flügel vom Rathaus abgerissen und mit einem attraktiven Gebäude mit Öffnung zum Marktplatz neu bebaut werden. Die Dieplohstraße selbst soll zur Geschäftsstraße mit Fußgängerzone werden. Eine weitere Möglichkeit stellte Bürgermeister Manfred Gödde in Aussicht: Gisela Otten, Besitzerin des leerstehenden Gebäudes direkt am Markt (früher Seifenplatz) sei bereit zu verkaufen.

Dem Gutachter-Büro bescheinigte Gödde eine solide, unparteiische Untersuchung und geriet bei den Planungen schier ins Schwärmen: „Dann kann man von Bergenthal-Ecke unter den Linden laufen bis zum „Reichstag“. Zwar hatte Junker und Kruse auch die Entwicklung des Risse-Geländes untersucht („wenig Synergien zum Geschäftszentrum“), doch der Bürgermeister richtete den Blick auf „die Einmaligkeit des Flusslaufs der Wäster. Wenn wir dann noch das Gelände freimachen, sollte sich eine andere sinnvolle Nutzung ergeben“. In ersten Stellungnahmen zeichnete sich keine Einigkeit im Ausschuss zur Zukunft des Rathauses ab. So sprach Gerd Flaig, SPD, den Sanierungsstau des Gebäudes an. Er forderte bis zur Ratssitzung die Zahlen zu Investitionen in den nächsten zehn Jahren. Hingegen machte Jochen Köster, BG-Fraktionschef, deutlich: „Das Rathaus ist Frequenzbringer für die Innenstadt. Das dürfen wir nicht unterschätzen“.

Was die Gutachter im Einzelnen vorschlagen, soll in einer Bürgerinformation am Montag, 18. Juni, im Forum des Gymnasiums präsentiert werden. Danach, am Dienstag, 26. Juni, will der Ausschuss den Beschluss fassen, wie und wann die „Neue Mitte“ Realität werden soll. Der Rat entscheidet dann am 4. Juli.