Warstein. . Eine Cola Light und sieben Bier – eine Frau unter Männern. Beim Ulkkomitee geht es um Karneval, Fußball, Bier und Warsteiner Probleme. Und mir wird schnell klar: Männer, und vor allem Karnevalisten, nehmen kein Blatt vor den Mund.

Um 20 Uhr betrete ich den Warsteiner Reichstag. Pünktlich, wie ich glaube. Aber ich bin zu früh, ganze elf Minuten. Denn das Ulkkomitee trifft sich erst um 20.11 – karnevalistische Zeit. Daran habe ich als Nicht-Karnevalistin natürlich nicht gedacht.

Um 20.10 trudelt langsam das Ulkkomitee ein. „Wir sind nicht der GWK-Stammtisch“, werde ich belehrt, nachdem die Biere bestellt sind, „das schreibt Ihre Zeitung gerne falsch.“ Auf meinen fragenden Blick klärt mich Walter Risse, sozusagen Präsident des Stammtisches, auf: „Das Ulkkomitee ist wie eine Auffanggesellschaft für Ausgeschiedene.“ Alles ehemalige Elferratsmitglieder, die den Kontakt untereinander, aber auch zu den Aktiven halten und immer noch tatkräftig die GWK unterstützen. Einmal Karnevalist – immer Karnevalist.

Gemeinsam mit den Jecken setze ich mich an den Tisch direkt gegenüber der Theke. Ulli Figur ist als einziger Aktiver heute auch dabei. „Der ist aber nur geduldet“, meint Horst Wiesekemper, der neben mir sitzt, lachend. Mit von der Partie sind außerdem noch Paul Weber, Andreas Broszat, Walter Risse und Hans-Willi Tacke. Seit sechs Jahren treffen sie sich jeden Monat, immer am Donnerstag nach dem Elften.

Das erste Thema ist – natürlich – Karneval und die Session 2012. Pünktlich stößt nun auch der amtierende Prinz dazu. Andreas Wiemar „Wiemchen“ klopft zur Begrüßung auf die Tischplatte und lässt sich von Lisa sein erstes Bier bringen. Insgesamt kümmert sich Lisa sehr gut um die Männer. Sie bringt nicht nur dauernd Getränke vorbei, sondern stellt auch Salzstangen und Schokolade auf den Tisch. Während also alle im schummrigen Licht ihr Bier schlürfen und an den Salzstangen knabbern, werden die Karnevalsgeschichten ausgepackt. Schweigen ist hier ein Fremdwort, jeder hat etwas zu erzählen. Vom Umzug, von der Bacchus-Verbrennung und den langen Nächten. „Wiemchen“ bringt es auf den Punkt: „Aschermittwoch kam ich mir vor wie ein Bayern-Fan. Ich hab Sachen gesehen, die waren gar nicht da.“ Allgemeines Lachen und schon sind wir beim Fußball. Bayern-Fan ist zum Glück niemand, der Prinz outet sich aber leider als Schalker. Wenigstens kann ich bei diesem Thema mitreden. Inzwischen habe ich mich auch von der Cola zum Radler hochgearbeitet. Das kann man gerade noch durchgehen lassen, bei einem Männerstammtisch. Das nächste Thema: Bier. „Dieser ganze neumodische Schnick-Schnack wird an Männertischen abgelehnt“, klärt mich Andreas Broszat auf, „man will hier richtiges Bier trinken.“ Das merke ich mir für künftige Stammtische.

Unterbrochen wird das Gespräch durch das Piepen eines Handys. Ein Karnevals-Kumpel ist Papa geworden. Darauf wird sofort angestoßen und das nächste Thema landet auf dem Tisch: „Die lieben Kleinen“ und alle Sorgen, die dazu gehören. Das hätte ich heute Abend nicht erwartet. „Hier kann man auch über Probleme reden und sich Luft machen“, sagt Hans-Willi Tacke. Und das passiert in den nächsten Stunden häufig. Es geht um Sprengungen, die B55n, die zu hohen Nebenkosten für Vereine, die Schützenhalle als Fass „ohne Boden“ und das Problem, dass kaum junge Leute nach Warstein kommen. Viel Stoff zum Nachdenken. Ich hatte eindeutig mehr Karneval heute Abend erwartet. „Hier sitzen zwar die kreativen Köpfe der GWK, aber die Session ist ja gerade erst vorbei“, sagt Hans-Willi Tacke, „aber wir warten immer auf Geistesblitze für nächstes Jahr.“ Ulli Figur lacht: „Noch hat es eben nicht geblitzt.“

Je später es wird, desto gemütlicher wird die Atmosphäre und desto derber die Sprüche. Ich scheine nicht mehr ganz so sehr aufzufallen wie am Anfang. Aber leider kann ich mich auch nicht ganz unsichtbar machen. Vieles scheinen die Ulk-Mitglieder vor mir doch nicht aussprechen zu wollen. Man will mir wohl am ersten Abend nicht zu viel zumuten. Ich bekomme die abgeschwächten Witze und das abgeschwächte Bier. Und davon bitte direkt noch eins. Prost.