Rüthen.
„Die Herausforderungen sind groß“, formuliert es Moderatorin Michaela Padberg. Was die Feuerwehr angehe, sei Rüthen sehr gut aufgestellt, aber so müsse es auch bleiben: „Eine riesige Aufgabe“, meint die WDR-Moderatorin, die eine Diskussionsrunde zur Zukunft der Feuerwehr im Rahmen des Jubiläums leitet.
„Größte Herausforderung ist die Nachwuchsversorgung“, meint Bezirksbrandmeister Hartmut Ziebs. Die heimischen Wehren seien bereits sehr gut aufgestellt, es gehe nun darum, Synergien zu schaffen, ergänzt der heimische Bundestagsabgeordnete Bernhard Schulte-Drüggelte. Von der Wichtigkeit der Arbeit und der Notwendigkeit, im Fall des Falles schnell vor Ort zu sein, ist auch Johannes Schulte (MeisterWerke) überzeugt. Er steht hinter der Wehr: „Wir haben die Anzüge bereits bei uns hängen.“ Und zwar nicht nur deshalb, weil der Holz verarbeitende Betrieb auch eine Werksfeuerwehr benötigt.
„Die Feuerwehren würden vielfach nicht so funktionieren, wenn es die Handwerksbetriebe nicht gäbe“, schaltet sich Werner Bastin (Kreishandwerkerschaft Hellweg) in die Diskussion ein – verbunden mit dem Hinweis, dass rund 20 Prozent der Handwerker selbst Mitglied der Feuerwehren seien. Gesucht würden, so Moderatorin Padberg, Mitglieder, die sich langfristig freiwillig engagieren. „Ja, das sei wichtig, betont Bernhard Schulte-Drüggelte, damit es einen verlässlichen Dienst an der Gemeinschaft gebe. „Wir müssen attraktiver werden“, schließt sich dem Hartmut Ziebs an. Das bedeute: „Früher Kinder und Jugendliche für die Feuerwehr begeistern.“ Und die Frauen, deren Anteil inzwischen von fünf auf immerhin 15 Prozent gestiegen ist: „Es lohnt sich, uns kennen zu lernen.“
Das sieht der Politiker nicht anders: „Kameradschaft verbindet extrem“, bringt er es auf den Punkt: „Dieses zu erleben, da muss man einfach mitmachen.“ Er sieht zugleich das Potenzial, das in der Jugendfeuerwehr steckt. Auch in der Bergstadt. Rüthens stellvertretender Wehrführer Friedel Bitter: „Rüthen hat eine Jugendfeuerwehr seit fünf Jahren. Seit zwei Jahren sind die ersten Jugendlichen in die aktive Abteilung gewechselt. Bis jetzt sind alle geblieben.“
Ob die Jugendfeuerwehr trotzdem nicht schon zu spät komme angesichts vieler alternativer Angebote, hakt Michaela Padberg nach. Bislang begann in Rüthen die Jugendfeuerwehr mit 12 Jahren, erläutert Friedel Bitter, seit Januar sei die Grenze auf 10 Jahre gesenkt worden: „Wir hatten auf einen Schlag 16 Neuanmeldungen!“ In den neuen Bundesländern klappe es mit der früheren Begeisterung besser, steuert Hartmut Ziebs bei. Und betont zugleich, die jeweilige Führungskraft beim Nachwuchs müsse nicht der Feuerwehrmann sein. „Das müssen Erzieherinnen sein“, glaubt auch Kreisbandmeister Thomas Wienecke. Denn 70 Prozent sei Jugendarbeit, mit den restlichen 30 Prozent bringe man die Kinder „spielerisch“ zur Feuerwehr.
Der heimische Bundestagsabgeordnete verweist auf eine Umfrage, nach der Feuerwehrleute mit 98 Prozent das größte Vertrauen in der Bevölkerung genießen, „weit vor den Ärzten; ein phänomenaler Wert“, Politiker lägen bei 9 Prozent. Schelmische Schlussfolgerung von Hartmut Ziebs: Jeden Politiker einladen, Mitglied der Feuerwehr zu werden, „dann stehen 98 Prozent der Menschen hinter Ihnen!“ Andererseits hätten die Mitglieder der Feuerwehr immer noch mit dem abfälligen Begriff der „Blauröcke“ zu kämpfen und bei Einsätzen mit den „Bordstein-Kommandanten“. Wichtig sei ein besseres Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit.
Seiner Meinung nach sollte verstärkt auch um die „Generation 30+“ geworben werden. Sie sei „bodenständig und sesshaft geworden“. Für diesen Kreis müsse die Wehr offener werden. Wie für die Frauen, ergänzt Wienecke, der auf einen Arbeitskreis verweist, der dafür gegründet wurde. Das sei „das Hauptpotenzial im Kreis“. Durch mehr weibliche Mitglieder habe sich auch schon etwas geändert, fügt Friedel Bitter an: „Der Ton wird etwas anders, der Umgang sachlicher. Frauen sind eine Bereicherung.“ Und nichts Neues, wie Schulte-Drüggelte von dem Erlebnis bei einer Veranstaltung des Hausfrauenbundes beisteuert: In den Kriegsjahren seien die Frauen in die Feuerwehren eingebunden gewesen, habe man ihm erklärt.
Auf ein Problem, das die Firmen mit aktiven Wehrleuten hat, weist Moderatorin Padberg hin. Nämlich den Umstand, dass es Einsätze während der Arbeitszeit gibt. Für Johannes Schulte kein Problem – und wer es anders sehe, „sollte jeden Tag beten, dass ihm nichts passiert.“ Denn: „Wofür sollte man die Leute denn sonst freistellen?“ Was in Rüthen kein Problem ist, ist in anderen Städten teils anders, weiß Werner Bastin zu berichten; Und das teils gar nicht mal gewollt: „Die Mitarbeiter sind gar nicht in der Stadt. Ganz schnell vor Ort zu sein, ist nicht immer möglich“.
Ist also die Berufsfeuerwehr langfristig die Lösung? „Wir werden aus der Freiwilligkeit nicht rauskommen“, ist Hartmut Ziebs vom Gegenteil überzeugt: „Es wird immer schwerer, Hauptamtliche zu finden. Wir können nicht auf die Freiwillige Feuerwehr verzichten“. Und das nicht nur wegen der Demografie: Die Menschen würden älter, so dass das Retten von Personen bei Bränden personalintensiver werde. Oder Synergien mit anderen Kommunen? Das sei in der Tat „der richtige Ansatz“, glaubt Ziebs. Das entlaste angesichts der vielen Aufgaben. Eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit bedeute aber auch, dass die Einsatzfristen von acht Minuten verlängert werden müssten, „das wird zukünftig nicht mehr so möglich sein“. Helfen könnte da moderne Technik, etwas Rauchmelder, die frühzeitiger Alarm schlagen.
Konkret verweist Friedel Bitter auf die seit drei Jahren bestehende Ausbildungsgemeinschaft mit Warstein. Das diene zugleich dem Kennenlernen für Einsätze; „da wächst einiges zusammen.“ Auf Kreisebene werde die interkommunale Zusammenarbeit geregelt, erläutert Kreisbandmeister Wienecke den aktuellen. Das Konzept befinde sich gerade in der Umsetzung. Durch Synergien könne man Druck aus der Wehr lassen, „das hat aber auch Grenzen.“
Wichtig sei eine moderne Ausstattung, fügt Friedel Bitter mit Hinweis auf die Kommunen an: „Das sind Aufgaben, an denen man nicht sparen darf.“ Hartmut Ziebs: „Wir müssen uns im Klaren sein, dass die Feuerwehr eine Pflichtaufgabe ist.“ Im Zweifelsfall werde es zur Diskussion kommen, ob man ein Feuerwehr-Fahrzeug oder die Bibliothek finanziere. „Ich glaube nicht, dass wir den Bund noch stärker in die Pflicht nehmen können“. Auch aufs Land setzt Hartmut Ziebs nicht: „Es wird wohl an den Kommunen hängen bleiben“. Wobei: „In der Stadt Rüthen weiß jeder, was die Feuerwehr für einen Stellenwert hat“, ist Unternehmer Schulte überzeugt
Abschließend der konkrete Blick nach vorn: „Ich hoffe, dass alles mehr oder weniger bleibt, wie es ist“, formuliert es Friedel Bitter – und hofft zugleich, weiter bei der Technik mithalten zu können. Den aktuellen Zustand erhalten möchte auch Werner Bastin, gibt allerdings angesichts des demografischen Wandels zu bedenken: „Wir kämpfen heute um jeden Lehrling“, auch bei der Wehr seien da Anstrengungen nötig. „Probleme beseitigen, neue Konzepte und sich den Herausforderungen stellen“, will Thomas Wienecke, während Bernhard Schulte-Drüggelte wünscht, „die Menschen zu ermuntern, etwas für ihre Heimat zu tun“, sei es bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Sportverein, in sozialen Einrichtungen oder im Rat. „Mir ist nicht bang um die Feuerwehr“, formuliert es Hartmut Ziebs und verweist auf eine aktuelle Studie: „Engagierte Menschen werden älter und glücklicher. Kommen Sie zu uns!“
Johannes Schulte wünscht, dass es noch mehr Frauen in der Wehr gibt; Nachwuchssorgen sieht er nicht. Sein größter Wunsch: „Weniger Fehlalarme“, vor allem an Wochenenden und Feiertagen.