Warstein. .
An Silvester steht er zum letzten Mal am Zapfhahn: Franz-Josef Enste geht nach 25 Jahren als Hoteldirektor des ehemaligen Bremer Krupp-Hotels „Columbus” und nach 20 Jahren als Eigentümer der Traditions-Gaststätte „Gasthof Stimm-Stamm” in Warstein in den Ruhestand.
1986 kam Franz-Josef Enste mit Ehefrau Ursula (†) und den Kindern Christopher und Stephanie aus dem Norden zurück in die Heimat, um die Gaststätte in seinem Elternhaus weiterzuführen. „Ich wollte erst nicht, weil ich die viele Arbeit kannte”; das Haus war manchmal Tag und Nacht geöffnet, die Eltern hatten wenig Zeit für die Familie, erinnert sich Enste, der dort mit drei Schwestern aufwuchs. Weil jedoch sein Stiefbruder, der den Gasthof übernehmen sollte, tödlich verunglückt war, sah sich der heute 74-Jährige in der Pflicht, die Nachfolge anzutreten. Zunächst führte Ursula Enste allein den Betrieb, während ihr Mann noch in Herford arbeitete. Als seine Frau jedoch schwer erkrankte kam Franz-Josef zurück und stieg 1988 ein. Als erstes ließ er Strom legen - bis dahin war nur ein Generator in Betrieb - und investierte dafür 150 000 Mark; auch das Auflösen der Erbengemeinschaft kostete viel Geld. „Für den geplanten Umbau blieb nichts übrig”. Insgesamt habe auch die Gastronomie nachgelassen, wenngleich er in den vergangenen Jahren von Wandergruppen zum Lörmecketurm profitierte.
Zufriedene Stammgäste
Täglich von 9 bis 21 Uhr — nur der Donnerstag war Ruhetag — stand Franz Josef Enste hinterm Tresen. „Wir leben von zufriedenen Stammgästen”, und das waren Stammtische, Wandergruppen und SGV-Vereine aus der Umgebung. Dazu gehörte auch der Dienstags-Wanderclub, der sich jetzt zum letzten Mal dort traf. Clubmitglied Franz Burg: „Der Stimm-Stamm ist unsere liebste Anlaufstelle. Einen so persönlichen Kontakt wie hier, haben wir nirgendwo sonst gefunden.”
Das urige Lokal bot gut bürgerlich Küche. „Unsere Spezialität sind selbst gemachte Rouladen und Schnitzel, in der Pfanne gebraten - wo gibt es das heute noch”, erklärt der Gastronom. Er beschäftigte eine Köchin, „zudem ist immer eine meiner Schwestern in der Küche mit eingesprungen”. In der Gastwirtschaft umsorgte Cläre Vorwerk die Gäste; sie blickt heute auf 42 Jahre zurück. „Ich gehöre ja schon fast zum Inventar”, erklärt die 76-Jährige, die auch in dem Haus wohnt. Nun muss Cläre Vorwerk schweren Herzens Abschied nehmen; sie zieht zur ihrer Schwester nach Friesoythe in Norddeutschland.
Obwohl er nun zwanzig Jahre am Stimm-Stamm verbracht hat blickt der Neu-Rentner doch immer noch gern auf die Zeit in Bremen zurück. „Das Hotel Columbus war Liebe auf den ersten Blick”, erinnert sich Enste, wo er vom Empfangschef bald zum Direktionsassisstenten und zwei Jahre später zum Hoteldirektor aufstieg. Das Gästebuch brachte er damals mit nach Warstein. Es dokumentiert die Beliebtheit des Hauses. Politiker, Showstars, Künstler und Sportler kreuzten seinen Weg.
25 Jahre Hoteldirektor
Zum Grundsatz hatte er sich mit seinen 100 Mitarbeitern gemacht, die Gäste zu umsorgen, sich Zeit zu nehmen und auf deren Wünsche einzugehen. Daher zählte das Columbus zu den besten Adressen Bremens. In einem 1980 veröffentlichten Hotelführer des Wirtschaftsmagazins „Capital” zählte das Hotel zu den ersten fünf Häusern in 18 Großstädten Deutschlands. Noch heute blättert Enste gern in dem Gästebuch und weiß zu vielen damals Prominenten eine Anekdote zu erzählen. Im November ‘84 feierte er in Bremen seinen Abschied; die Firma Krupp verkaufte das Haus an einen Sylter Immobilienmakler.
Diese Jahre in der Hansestadt prägten Franz-Josef Enste, der sich in Warstein, obwohl hier geboren, nie so ganz als Poalbürger fühlte, sondern eher als Weltenbummler und Städter. „Mindestens einmal in der Woche brauche ich ein Stadterlebnis, ich fahre dann mal nach Soest oder Lippstadt”, erklärt der 74-Jährige. Deshalb möchte er auch im Ruhestand wieder unter Menschen. Er bleibt in Warstein, zieht in eine Wohnung in der Innenstadt. Nach seinem Abschied von der Gastronomie möchte er verstärkt reisen, zu Freunden nach Frankreich oder in die Schweiz, und sich seinen Hobbys widmen: Schwimmen, Sauna „und alles was fit hält”.
Der Zapfhahn wird am Silvestertag hochgedreht und die Zukunft des Stimm-Stamms liegt in den Händen der Warsteiner Brauerei, die das Anwesen von der Familie Enste erworben hat.