Rüthen. Zweimal die Woche taucht Karolin Salmen ein in die Hörsäle der Uni in Münster — die übrigen Tage paukt sie am Rüthener Friedrich-Spee-Gymnasium. Die 16-Jährige hat noch nicht ihr Abitur in der Tasche, ist aber doch schon im Studium. Sie ist die erste Juniorstudentin der Rüthener Schule.

Nein, sie ist keine Streberin, sie hat ihre Hobbys, sie hat ihre Freunde, sie kellnert auch abends, wenn sie Zeit hat, um Geld zu verdienen. Aber sie ist eben auch begabt: „Es fällt mir leicht, Sachen aufzunehmen, wenn sie mir erzählt werden.” Karolin übersprang eine Jahrgangsstufe, ist jetzt in Rüthen in der 12 mit den Leistungskursen Deutsch und Biologie — und parallel dazu Studentin. Es ist ein Spagat. „Ich wollte ausprobieren, ob ich damit klarkomme”, sagt die junge Dame aus Langenstraße.

Im Internet entdeckte sie die Junior-Universität. Seit 2001 besteht zum Beispiel in Münster die Möglichkeit für leistungsstarke und motivierte Schüler, nebenbei zu studieren. In ihrem Gymnasium rannte Karolin mit ihrem Wunsch bei Schulleiter Dr. Hans-Günther Bracht offene Türen ein: „Das eröffnet Chancen, das fördert das Selbstbewusstsein”, schwärmt dieser. Er unterstützt es ausdrücklich, Sonderbegabungen früh zu fördern. Bracht hatte deshalb in der Vergangenheit schon andere talentierte Schüler auf die Studienmöglichkeit aufmerksam gemacht — aber nie wurde etwas aus der Umsetzung. Denn Schüler werden zwar zum Uni-Besuch freigestellt, doch den verpassten Schulstoff müssen sie natürlich nacharbeiten. Da muss individuell abgewogen werden.

Bei Karolin passte es. Sie nahm die Herausforderung an. Sie entschied sich für Psychologie als Studienfach, weil sie sich schon vorher für Fragen etwa zur Gehirnforschung und zu Intelligenz interessierte. Zwei Vorlesungen besuchte sie im ersten Semester: Einführung in die Psychologie sowie Biologische Psychologie. Zweimal die Woche nahm sie die zwei Stunden Fahrzeit nach Münster auf sich. Ihre Eltern stärken ihr den Rücken und zahlen auch die Fahrkarten, drängen sie aber nicht, Erfolg zu haben. Karolin kann deshalb sagen: „Ich mache das, weil ich das selber wollte.”

Wertvolle Orientierungshilfe

Nach den ersten Erfahrungen an der Hochschule schwärmt sie natürlich von der Stadt, von der Atmosphäre. Dennoch fühlt sie sich in erster Linie weiter als Schülerin — „ich lebe ja nicht da, ich habe keinen Kontakt zu der Studentenszene”. Der Unterschied zur Schule, so ihr Eindruck, sei das hohe Lerntempo an der Uni: „Für das, was in zwei Stunden an der Uni vermittelt wird, würde man an der Schule einen Monat brauchen.”

Nicht zugetraut hat sich Karolin, am Ende der Vorlesungen die Klausuren mitzuschreiben — den bestandenen Schein danach hätte sie sich dann später beim ordentlichen Studium anrechnen lassen und direkt im zweiten Semester einsteigen können. Aber zuviel ist nun einmal zuviel. Ohnehin, lacht sie, seien ihre Studienkollegen an der Uni „aus den Latschen gekippt”, wenn Karolin erzählte, wie alt sie erst sei.

Noch weiß sie nicht, ob sie nach dem Abi tatsächlich auch Psychologie studieren will. Das Junior-Studium dient ausdrücklich dazu, sich über seine Wünsche klar zu werden, sich zu orientieren. Einen Vorsprung hätte Karolin ja, weil sie schon das Institut kennt, den Unterrichtsstoff und die Arbeitsweise kennt. An der Uni ist sie richtig eingeschrieben, hat einen richtigen Studentenausweis, hat alle Rechte und darf alles ausleihen — das war zum Beispiel sehr hilfreich, um ihre Facharbeit in Rüthen in Pädagogik schreiben zu können.