Warstein/Hamm. Die Schlammschlacht zwischen Albert Cramer und der von ihm gefeuerten Wirtschafterin Gabi W. hat möglicherweise ein Ende. Das Arbeitsgericht Hamm erklärte am Mittwoch eine Kündigung für wirksam. Der Brauerei-Chef muss dafür den Lohn für zwei Monate nachzahlen.
In der Sache gab es am Mittwoch vor dem Arbeitsgericht Hamm nicht viel Neues. Erneut überzogen sich beide Seiten mit massiven Vorwürfen. Gabi W. und ihr Anwalt Hans Reinhardt machten noch einmal deutlich, dass aus ihrer Sicht bereits seit dem 26. November 2008 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Offizieller Beginn war der im Vertrag stehende 5. Dezember. Aber bereits seit Ende November, so die frühere Stewardess, habe sie für die Familie Cramer bearbeitet.
Schriftlich hatte sie dem Gericht ihren Tätigkeitsnachweis für den 26. sowie 29. und 30. November 2008 mitgeteilt: Insgesamt sei wenig zu tun gewesen. Immerhin aber habe sie die Tiere versorgt, Ställe ausgemistet und Schweine gefüttert sowie ganz normale Tätigkeiten im Haushalt übernommen. Das war Richterin Havighorst denn doch zu wenig: „Das reicht mir nicht aus, um hier ein normales Beschäftigungsverhältnis schon zu diesem Zeitpunkt erkennen zu können. Immerhin stehen in ihrem Arbeitsvertrag ja 50 Wochenstunden. Ich gehe daher nicht davon aus, dass sie bereits vor dem 5. Dezember beschäftigt waren.”
"Das war das reine Mobbing"
Schmutzig wurde es dann, als es um ein Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro ging, das Gabi W. zu erstreiten suchte. Die „Tyrannei” im Hause Cramer, so die Ex-Wirtschafterin, habe bei ihr eine Depression ausgelöst, unter der sie noch heute leide. Nachdem Gabi W. sich Anfang Dezember 2008 bei der Anlieferung eines Aquariums einen Bänderriss zugezogen hatte, waren die Dinge eskaliert. Albert Cramer hatte seiner ehemaligen Angestellten am 8. Dezember 2008 sowohl den Dienstvertrag gekündigt als auch das Nutzungsrecht der Dienstwohnung entzogen. Höhepunkt der Streitereien: Der Bierkönig, so der Vorwurf, soll Gabi W. Strom, Wasser und Heizung abgedreht und ihren Wagen zugeparkt haben, so dass sie das Grundstück nicht verlassen konnte: „Das war das reine Mobbing.“
Gleichzeitig habe Cramer ihr in Briefen gedroht und seine Macht ausgespielt. W.: „Er hat unverschämte Briefe geschrieben und seine Machtposition, die er aufgrund des vielen Geldes hat, ausgenutzt.” W. ist davon überzeugt, dass Cramer versucht, ihren Wiedereinstieg ins Berufsleben zu verhindern. Mehr noch: Gabi W. bezeichnete die Lebensgefährtin von Albert Cramer als die eigentliche Verursacherin der Eskalation: Sie sei alkoholkrank und für diese „Hexenverfolgung” verantwortlich.
"Teilweise verletztend"
Richterin Havighorst räumte zwar ein, dass in den Briefen Passagen seien, die „teilweise verletzend sind.” Den Vorwurf, das Persönlichkeitsrecht von Frau W. sei dadurch massiv verletzt worden, konnte sie nicht erkennen: „Sätze wie ,entfernen sie sich aus meinen Haus' oder ,ich freue mich auf den Tag, an dem sie unser Anwesen verlassen' sind zwar nicht schön, aber auch nicht ehrverletzend.”
Ohnehin hat das Gericht Probleme damit, „einen kausalen Zusammenhang” zwischen der Depression von Gabi W. und den Vorfällen im Dezember 2008 zu sehen. Havighorst: „Es ist sicherlich unstrittig, dass sie unter diesen Dingen enorm gelitten haben.” Aber ob diese Vorfälle ausschließlich für die Depressionen verantwortlich seien, sei zumindest zweifelhaft. Zumal es offenbar in diesem Zeitraum noch andere Faktoren gegeben habe, die belastend hinzu gekommen seien: eine schwere Erkrankung des Vaters sowie eine drohende Insolvenz.
Schwere Geschütze
Ärztliche Bescheinigungen vom 31. März 2009 sowie vom Januar 2010, in dem die psychischen Problemen von W. geschildert werden, erschienen dem Gericht in diesem Zusammenhang nicht aussagekräftig genug.
Die Rechtsanwälte der Familie Cramer fuhren ebenfalls schweres Geschütz auf und warfen Gabi W. „versuchte Erpressung” vor. In einem Streitgespräch soll sie der Lebensgefährtin des Brauer-Besitzers gedroht haben, sie solle „aufpassen, dass unterwegs nichts passiert”. Gabi W. bestritt diesen Vorwurf energisch: „Das Schlimmste, was ich getan habe, war dort zu bleiben.”
Wieder als Stewardess arbeiten
Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit auf Schmerzensgeld wurdeam Mittwoch nicht mitgeteilt. Anwalt Hans Reinhardt geht aber davon, dass es kein Schmerzensgeld geben wird: „Dafür sehe ich schwarz.”
Gabi W. sagte im Gespräch mit der Westfalenpost, dass es ihr inzwischen egal sei, ob sie die 1000 Euro Schmerzensgeld bekommen würde: „Hauptsache es hat endlich ein Ende.” Dies wünscht sie sich umso mehr, da sie die Chance habe, wieder in ihrem alten Beruf als Stewardess zu arbeiten.
Zwei Monate Lohn nachzahlen
Das Arbeitsgericht Hamm erklärte am Mittwoch eine von vier ausgesprochenen Kündigungen für wirksam, verfügte aber gleichzeitig, dass Albert Cramer den Lohn für Dezember 2008 und Januar 2009 nachzahlen müsse.