Lippstadt/Paderborn. Mit Sexfotos minderjährige Mädchen erpresst: Das Landgericht Paderborn verurteilt einen 22-jährigen Lippstädter zu einer langer Jugendstrafe.

Neudeutsch nennt man es Sexting: Kommunikation auf sozialen Medien, in denen es eindeutig um Sex geht. Ein 22-jähriger aus Lippstadt hat daraus eine skrupellose Masche gemacht, um an Fotos und Videos von minderjährigen Mädchen nach seinem eigenen Belieben zu kommen – oder gleich an echten Sex. Vom Landgericht Paderborn bekam er jetzt die Quittung: vier Jahre und neun Monate Haft.

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Bereits zum vierten Mal ist ihm in der Domstadt der Prozess gemacht worden – stets wegen gleich gelagerter Taten. Der Lippstädter hatte seine minderjährigen Opfern durch massiven psychischen Druck genötigt, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen und ihm die Fotos und Videos auf das Handy zu schicken.

Bereits 2016 und 2017 für ähnliche Taten verurteilt

In ein paar Fällen hatte er auch Sex von Mädchen erpresst. Verurteilt wurde er 2016 und 2017 wegen ähnlicher Taten, eine Gesamtjugendstrafe von fast drei Jahren hatte er gerade abgesessen. Doch die Auswertung seiner Handys nach dem letzten Prozess brachte erneut eine Vielzahl von Taten ans Tageslicht, in denen die Staatsanwaltschaft Anklage erhob:

Verbreitung pornografischer Inhalte und Besitz von Kinder- und Jugendpornografie bis hin zum sexuellen Missbrauch eines Kindes. Und das in 57 angeklagten und letztlich 29 abgeurteilten Fällen. Das jüngste mutmaßliche Opfer war eine damals 13-Jährige aus Gütersloh.

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Der Angeklagte ging penetrant und manipulativ vor

Zwischen Mai 2015 und Oktober 2016 soll der Lippstädter 22 Mädchen, vorwiegend aus Nordrhein-Westfalen, sexuell genötigt haben. Wie er dabei vorging, zeigte ein Chat-Protokoll zwischen ihm und einer damals 15-Jährigen aus Hamm, das in der Beweisaufnahme öffentlich verlesen wurde.

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Das Mädchen hatte er im Oktober 2016 mitten in der Nacht kontaktiert – nachdem er bereits ein Jahr zuvor von ihr intime Fotos bekommen hatte. Fast eine Stunde lang, ohne Unterlass, verlangte er erneut Fotos und Videos: penetrant, manipulativ, zynisch und mit enormem psychischen Druck.

„Du weißt, was dann passiert“, kommentierte der 22-Jährige mehrfach die Weigerung des Mädchens – womit er meinte, er werde die Fotos in seinem Besitz auf sozialen Medien veröffentlichen, ebenso wie das Profil des Mädchens. „Wenn du aufwachst, bist du bekannt“, drohte er in der sexuell sehr freizügigen Konversation, bis die 15-Jährige nachgab. Sie wandte sich später an ihre Mutter und erstattete Anzeige.

Persönliches Treffen erst im Gerichtssaal

Die Mädchen lernte der 22-Jährige damals über WhatsApp, Facebook oder Dating-Apps kennen. Nach einer kurzen Kennenlern-Phase ging es – virtuell – gleich um Sex.

Aber real traf er zum Beispiel die 15-Jährige aus Hamm zum ersten Mal persönlich erst im Mai im Gerichtssaal, wo sie als Zeugin aussagen musste – wie alle jungen Opfer unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Mehrere Minderjährige wurden Opfer von Forderungen nach Fotos und Videos mit teils perversen Inhalten.

Am Ende der Beweisaufnahme stand für die Staatsanwaltschaft fest, dass der Lippstädter Teile seiner Geständnisse lediglich aus taktischen Gründen abgelegt hatte, und seine Entschuldigungen eher formeller Natur waren.

Urteil unter Einbeziehung der bisherigen Verurteilungen

Aufgrund seiner bisherigen Uneinsichtigkeit – er hatte einen Teil der jetzt verhandelten Taten während laufender Ermittlungen in den anderen Verfahren begangen – warnte ihn die Staatsanwältin: Wenn er später als Erwachsener in ähnlicher Weise straffällig würde, „dann muss man auch über Sicherungsverwahrung sprechen.“

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Die Vertreterin einer damals 13-jährigen Nebenklägerin nahm kein Blatt vor den Mund: „Systematisches, hochgradig manipulatives und gefühlskaltes Verhalten eines jungen Mannes, der junge Mädchen für seine eigene sexuelle Befriedigung ausgenutzt hat“.

Die 5. große Jugendkammer orientierte sich bei der Urteilsfindung im Strafmaß, die den Forderungen der Staatsanwaltschaft nahekam: vier Jahre und neun Monate Jugendstrafe – allerdings unter Einbeziehung der bisherigen Verurteilungen.