Lippstadt. Nacktfotos und Sexvideos hat ein 20-jähriger Lippstädter von jungen Mädchen erpresst, die er im Internet kennengelernt hat. Die Hintergründe.
Die Gefahren des Internets sind vielfältig, vor allem für junge Menschen. Neugier, Unbedarftheit, vielleicht auch Naivität von Mädchen hat sich ein junger Mann aus Lippstadt zunutze gemacht, um seine eher obskuren sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Im Mai muss er sich dafür vor dem Landgericht Paderborn verantworten – bereits zum dritten Mal. Seine Opfer kommen aus ganz Deutschland.
Opfer auch aus Lippstadt
Das Landgericht hat den Prozessbeginn auf Mai dieses Jahres terminiert. Es könnte allein schon wegen der Zeuginnen ein aufwändiges Verfahren werden: Die Opfer kommen nicht nur aus mehreren Orten in Nordrhein-Westfalen, sondern zum Beispiel auch aus Seevetal bei Hamburg, Altdorf in Bayern, Norderney und Ludwigshafen. Aus Gründen des Opferschutzes machte die Staatsanwaltschaft keine näheren Angaben zur Herkunft, bestätigte jedoch, dass unter den Geschädigten auch Mädchen aus Lippstadt und Hamm sind.
Die große Jugendkammer in Paderborn hat bereits zwei Mal ein Urteil über den 20-Jährigen gefällt: Eine im Herbst 2016 verhängte Bewährungsstrafe wegen Taten in Süddeutschland blieb ohne abschreckende Wirkung, im August 2017 gab es für ihn zwei Jahre und zehn Monate Haft.
Über Dating-Apps Kontakt aufgenommen
In 53 Fällen wirft ihm die Staatsanwaltschaft Paderborn, die gemeinsam mit der Kripo Soest umfangreich ermittelt hat, vor, Opfer zu sexuellen Handlungen genötigt zu haben – in ganz Deutschland. Es geht dabei um genau die gleiche Masche wie zuvor – die Anklagen sind das Ergebnis weiterer Ermittlungen im Zuge des vorhergehenden Verfahrens. Der 20-Jährige soll über soziale Netzwerke wie Facebook und WhatsApp beziehungsweise Dating-Apps Kontakte zu Mädchen geknüpft haben, um diese nach einiger Zeit psychisch massiv unter Druck zu setzen. Sein Ziel: Die Opfer zu sexuellen Handlungen an sich selbst zu zwingen und ihn per Handykamera zusehen zu lassen – oder noch mehr.
Mädchen massiv bedroht
Dissoziale Persönlichkeitsstörung
Die dissoziale Persönlichkeitsstörung oder antisoziale Persönlichkeitsstörung (APS) ist eine psychische Erkrankung und Verhaltensstörung. Typisch sind Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, fehlendes Schuldbewusstsein sowie geringes Einfühlungsvermögen in andere.
In einem der abgeurteilten Fälle erzwang er von einer 16-Jährigen aus Münster Sex, indem er ihr drohte, ihrem Bekanntenkreis Nacktfotos und Sexvideos von ihr aufs Handy zu schicken. Beim letzten Prozess im August 2017 zeigte die Beweisaufnahme vor Gericht plastisch, wie skrupellos der Lippstädter dabei vorging: Ein Chatprotokoll auf seinem Handy verdeutlichte den ständigen Druck und die verbale Manipulation, die das Opfer dazu nötigten, Videos von sich aufzuzeichnen und ihm zu schicken. Die sexuellen Handlungen in diesen Videos nutzte der 20-Jährige dann als Druckmittel, von dem Mädchen mehrmals Sex zu erpressen.
Aus Sicht eines psychiatrischen Gutachters ist der 20-jährige Angeklagte zwar nicht krank, könnte aber unter einer „dissozialen Persönlichkeitsstörung“ leiden, die in eine „perverse sexuelle“ Richtung geht.