Warstein. . Eine 60-Jährige berichtet von ihren Gewalterfahrungen und das Weglaufen keine langfristige Lösung war.

Frauen, die Gewalt erleben, leiden an zahlreichen Problemen und Angstzuständen. Meist kommen die Täter aus dem näheren Umfeld. So war es auch bei Bärbel Schmidtke (Name geändert), 60 Jahre alt, die Gewalt durch ihren damaligen Ehemann sowie in der Familie erlebt hat. Heute lebt sie im LWL-Wohnverbund Warstein, einem von zehn Wohnverbund-Einrichtungen des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL). Dort lernt sie, mit ihren Ängsten umzugehen, ihre Tage wieder zu strukturieren und ihnen einen Sinn zu geben.

Dort lebt sie mit Menschen zusammen, die Ähnliches wie sie erlebt haben und erfährt Unterstützung durch die Beschäftigten ihrer Wohngruppe. Diese erkannten bei Bärbel, dass die fehlende Wertschätzung bereits im jungen Alter festzustellen war und Auswirkungen bis in die Gegenwart hat.

Ex-Ehemann hatte Alkoholproblem

Daher erhält Bärbel zusätzliche Unterstützung bei der Stabilisierung von Karla Seehausen, Fachberaterin für Psychotraumatologie. Seehausen ermutigte sie dazu, für ihre Bedürfnisse einzustehen. Wenn Bärbel heute von häuslicher Gewalt hört, denkt sie mit einem leichten Zittern in der Stimme an die Zeit zurück, als ihr Gewalt widerfahren ist. Ihr ehemaliger Mann hatte Probleme mit dem Alkoholkonsum, spielte und verzockte sich – und ließ dann seinen Frust an Bärbel aus.

Auch die Familie ihres Ex-Mannes terrorisierte sie, redete schlecht über sie und verbat ihr den Zugang zu den eigenen Kindern. In der Familie erfuhr sie von ihren Geschwistern ebenfalls Gewalt, so dass der Schulbesuch für sie häufig ausfiel und sie nicht richtig lesen und schreiben lernte.

Weglaufen keine langfristige Lösung

Weglaufen war eine Möglichkeit, doch auf längere Sicht nicht die Lösung – bis sie eines Tages vom Ex-Mann krankenhausreif geschlagen wurde und sich entschied, mit ihrem bisherigen Leben zu brechen. Mit ihrer Vergangenheit möchte Bärbel heute nichts mehr zu tun haben, sagt sie heute.

Dazu gehört es aber auch, keinen Kontakt zu ihren drei Kindern zu haben, die mittlerweile erwachsen sind. „Es täte mir sehr weh, wenn meine Kinder mich heute aufsuchen würden. Ich würde wahrscheinlich zusammenbrechen oder einen Schock erleiden“, sagt Bärbel und weiß, dass es ihr hier im Wohnverbund nun besser geht.

Zusammenleben funktionierte nicht

Mittlerweile ist Bärbel wieder verheiratet, doch das Zusammenleben mit ihrem jetzigen Mann hat auch nicht gut funktioniert, da er seine arbeitsbedingte Unzufriedenheit oft lautstark an ihr ausließ. Materielle Geschenke sollten sie wieder besänftigen, doch auf längere Sicht hielt sie es auch dort nicht lange aus und entschied sich daher für das Leben im Wohnverbund.

Durch die tägliche Arbeit in einer Werkstatt gewinnt sie nun Schritt für Schritt Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. „Seit wir uns nicht mehr jeden Tag sehen, verstehen wir uns wunderbar“, erzählt Bärbel erfreut. Die regelmäßigen Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben Bärbel und ihrem Mann geholfen, ihre Konflikte in angemessener Weise zu lösen.

Haustiere geben Kraft

Alle 14 Tage besucht sie ihn und die Haustiere, die bei ihm leben: einen Collie, zwei Katzen und einen Kanarienvogel. „Ich brauche nur die Tür leicht aufzumachen, und schon kommt unser Hund angerannt und wirft mich fast um, so sehr freut er sich“, erzählt Bärbel. Die Tiere geben der Betroffenen Kraft.

Kraft geben ihr ebenso der LWL-Wohnverbund, in dem sie einen sicheren Rückzugsort, eine sinnvolle Tätigkeit sowie Gesprächspartner, die sie in Krisen begleiten, für sich gefunden hat.

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