Warstein. . Sven und Michael F. haben 2017 in Warstein geheiratet, aber weiter mit Vorurteilen zu kämpfen. Mit ihrer Geschichte wollen sie anderen Mut machen.

Vor rund 18 Jahren lernt Sven F. seinen Mann Michael im Internet kennen. Lange Zeit tauschen sie Nachrichten aus, telefonieren täglich miteinander. „Die Telefonrechnungen waren immer sehr hoch“, sagt Sven F. und lacht. Aber es hat sich ausgezahlt – die beiden Männer treffen sich zum ersten Mal auf einem Parkplatz vor einem Baumarkt, zwischen ihnen passt es einfach. Bereits acht Wochen später ziehen sie zusammen. „Für uns stand schnell fest, dass es etwas Ernstes ist. Es hat von Anfang an alles gestimmt“, erinnert sich Sven F.

2001 kommt für beide dann ein ganz besonderer Moment: Am 16. Februar wird das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft beschlossen – Michael F. hört davon im Radio und „musste nicht lange überlegen bis für mich feststand, dass ich Sven einen Antrag mache“.

Gesagt, getan. Nicht viel später, am 6. Dezember 2002, findet ihre Trauung in Warstein statt – die beiden sind das erste gleichgeschlechtliche Paar in der Stadt, dass diesen Schritt tatsächlich wagt.

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Vergangenes Jahr folgt dann ein weiterer Höhepunkt: Endlich können sie wirklich heiraten. „Ich habe es in den Nachrichten gelesen, da war ich noch im Krankenhaus. Als mein Mann mich besucht hat, bin ich sofort auf die Knie gefallen und habe ihm einen Antrag gemacht“, erzählt Sven F. mit einem Lächeln im Gesicht.

Einschränkungen im Alltag

18 Jahre sind die beiden nun glücklich verheiratet – und obwohl man annehmen müsste, dass die Gesellschaft immer toleranter wird, haben sie immer noch im Alltag mit Problemen zu kämpfen und müssen sich teilweise einschränken.

„Als Außenstehender versteht man das vielleicht nicht ganz, aber es ist immer noch nicht so leicht, wie es eigentlich schon lange sein müsste“, betont Sven F. Vor allem auf der Arbeit habe er schon häufiger Probleme gehabt, einen Job sogar verloren, weil er von einer Kollegin dafür gemobbt wurde, dass er schwul ist.

„Sie hat es nicht offensichtlich ausgesprochen“, schildert Sven F. „Aber man hat es doch deutlich gemerkt. Es kamen dann immer so Sätze, wie: ,Er ist einfach nicht fähig im pädagogischen Bereich zu arbeiten’. Das hat mich sehr verletzt“ – und mündete letztendlich in einer Freistellung.

Unterschiede: Ehe und Lebenspartnerschaft

Die „Ehe für alle“ ist seit vergangenem Oktober unter Dach und Fach. Seitdem können homosexuelle Paare auch heiraten.

Die Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft werden rechtlich weitgehend gleichgestellt. Unterschiede – zum Beispiel im Miet-, Erb- oder Steuerrecht – wurden weitestgehend beseitigt.

Eine Ehe wird geschieden, eine Lebenspartnerschaft aufgehoben.

Seit Oktober 2017 kann keine Lebenspartnerschaft mehr eintragen werden. Sie kann allerdings rückwirkend zu einer Ehe umgewandelt werden.

In einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können Partner kein fremdes Kind adoptieren. Jedoch ist eine sog. „Sukzessivadoption“ (Stiefkind-Adoption) möglich. Dabei kann ein Lebenspartner das Kind annehmen, das der andere bereits adoptiert hat. Für homosexuelle Ehepartner ist eine Adoption generell möglich.

Auch Michael F. hat noch immer einige Vorbehalte, sich bei der Arbeit öffentlich zu seiner Liebe zu bekennen, denkt, dass er dadurch Probleme bekommen könnte. „Also wir machen kein Geheimnis daraus, wenn uns jemand direkt fragt, dann gehen wir auch sehr offen damit um. Unsere Nachbarn, Freunde und Familie wissen alle Bescheid“, sagt Sven.

Auch einige Arbeitskollegen wissen von ihm und Michael – „sie stört das nicht.“ Aber Ablehnung haben beide eben schon oft genug erfahren.

„Wenn mich jetzt jemand bei einem Vorstellungsgespräch nach meinem Familienstand fragt, dann gebe ich einfach nur an, dass ich verheiratet bin und keine Kinder habe“, sagt Sven F. – denn so können sie seine Qualifikation ohne Vorbehalte beurteilen.

Aktuell ist er ehrenamtlich bei einer Hilfsorganisation tätig und macht eine Ausbildung im sozialpflegerischen Bereich, dort ist er bisher noch nie auf Probleme gestoßen. Ganz im Gegenteil: „Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen.“

Aber Hand in Hand durch die Stadt laufen oder sich küssen, das kommt für das Paar eigentlich nicht in Frage: „Das machen wir eigentlich nur, wenn wir uns unbeobachtet fühlen oder unter Freunden sind“, schildert Michael F. „Ansonsten wird man nur blöd angeguckt, oder sogar beleidigt. Das ist uns schon häufiger passiert.“

Junge Menschen ermutigen

Beide sind sich einig: „Wir würden schon gerne offener mit unserer Beziehung umgehen können. Vor allem aber soll unsere Geschichte anderen Mut machen, zu ihrer Liebe zu stehen, egal welches Geschlecht der Partner hat.“

Und noch eine Sache steht für Michael F. fest: „Wenn es für uns irgendwann auch möglich ist, kirchlich zu heiraten, dann würde für mich ein Traum in Erfüllung gehen.“ Vielleicht sind sie dann ja Warsteins erstes gleichgeschlechtliche Paar, das vor den Altar tritt...

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