Mülheim. . Hassan Fikri gibt einen Einblick in sein Leben während des Fastenmonats Ramadan.Mit Freunden hat er in Belecke den Verein Annour gegründet.

Seit ungefähr 18 Stunden hat Hassan Fikri nichts mehr gegessen oder getrunken. Um 21.21 Uhr nimmt er eine erste kleine Mahlzeit zu sich – eine Dattel und einen kleinen Schluck Milch. Er geht zu einer Kommode im Wohnzimmer, öffnet eine Schublade und holt einen Gebetsteppich heraus, um mit seinem Gott, Allah, zu sprechen.

Seine Stimme erfüllt den Raum mit melodischem Sprechgesang, Hassan Fikri ist konzentriert, wirkt völlig entspannt. Rund vier Minuten dauert sein Gebet. Dann beginnt für ihn und seine Frau das abendliche Fastenbrechen.

Der Tisch ist reich gedeckt. Es gibt Gemüsesuppe, Obst, Brot, Datteln, marokkanisches Gebäck, Säfte und einen Avocado-Milchshake. „Der spendet besonders viel Energie. Die brauchen wir, um über den Tag zu kommen“, sagt Hassan Fikri. Nachdem er seinen Körper gestärkt hat, geht es in den Gebetsraum nach Belecke. Dort wird noch einmal gemeinschaftlich gebetet, um die Seele und den Körper nach dem Fastenbrechen zu erleichtern.

Körperliches und seelisches Fasten

Für viele Muslime hat vor einigen Tagen der Fastenmonat Ramadan begonnen. Eine Zeit des Miteinanders, des Besinnens, um Gott nah zu sein, Herausforderungen anzunehmen und Gutes zu tun – „und für mich die schönste Zeit im ganzen Jahr“, sagt Hassan Fikri.

Gemeinsam mit Freunden hat er im vergangenen Jahr den Verein

Gefastet wird noch bis Mitte Juni

Der Fastenmonat Ramadan richtet sich nach dem Mondkalender – Ramadan ist der neunte Monat. Gefastet wird in diesem Jahr vom 16. Mai bis zum 14. Juni.

Jeden Sonntag gibt es ein Familientreffen in einem Raum in Warstein, den der Verein Annour von der Stadt zur Verfügung gestellt bekommen hat. Dort wird am Abend gemeinsam gebetet. „Jede Familie bringt etwas zu Essen für das Fastenbrechen mit“, erklärt Fikri. „Solche Momente stärken unsere Gemeinschaft“.

„Annour“ in Belecke ins Leben gerufen, ein gemeinnütziger Verein im sozialen und kulturellen Bereich und eine islamische Religionsgemeinschaft, die erste ihrer Art in Warstein. „Bei uns ist jeder willkommen, egal welche Ethnie er hat oder welche Religion er ausübt.“

Für Hassan Fikri ist Ramadan seit langem Tradition. Im Alter von 14 Jahren hat er das erste Mal einen kompletten Monat gefastet, vorher schon fleißig geübt: „Mit neun Jahren habe ich zuerst halbe Tage gefastet, mich dann jedes Jahr etwas gesteigert, um den Körper daran zu gewöhnen“, sagt Fikri.

Mittlerweile falle es ihm nicht mehr schwer. Es sei erleichternd. „Auf der Arbeit habe ich dadurch keine Einschränkungen. Viele Arbeitgeber befürchten, dass man nicht voll bei der Sache ist.Genau das Gegenteil ist der Fall“, sagt Fikri.

Es gehe nicht nur um das körperliche Fasten und den Verzicht auf Nahrung und Trinken, sondern auch um seelisches Fasten. „Körper und Seele werden in Einklang gebracht. Es ist eine Zeit, um die Verbindung zu Gott zu stärken.“

Gestärkt werde auch das Immunsystem. Fasten sei sogar medizinisch empfohlen, betont Hassan Fikri. „Man lernt Verzicht, stellt sich einer großen Herausforderung und lernt in dieser besonderen Zeit, selbstverständliche Dinge mehr zu schätzen.“

Einige vom Fasten ausgenommen

Hassan Fikri isst und trinkt tagsüber nichts. Fastende Muslime sollten keine Medikamente nehmen, die nicht zwingend notwendig sind, nicht rauchen und keinen Geschlechtsverkehr haben.

Aber auch das Auge, die Zunge und das Ohr fasten mit. „Während Ramadan sollen wir nicht Lügen oder Streiten, sondern gute Taten vollbringen, beispielsweise viel Zeit mit der Familie verbringen undBedürftigen ehrenamtlich helfen.“

Bereits im vergangenen Jahr hat er während des Ramadans ein Fastenbrechen organisiert, zu dem nicht nur Freunde und Familie kamen, sondern auch zahlreiche Flüchtlinge.

Ausgenommen vom Fasten seien beispielsweise chronisch kranke Menschen, Schwangere, Alte oder Reisende – „und auch zuckerkranke Menschen dürfen nicht fasten.“ Die Alternative für sie: Alles was tagsüber zu sich genommen wird, wird in Form einer Geldspende an Bedürftige gespendet. „Es besteht auch die Möglichkeit, Fastentage nachzuholen“, sagt Hassan Fikri. „Gott will es uns leichter machen und nicht schwerer.“

Das Nachtgebet ist vorbei, es ist schon lange dunkel. Dann fährt Hassan Fikri nach Hause und legt sich schlafen. Denn am nächsten Morgen werden er und seine Frau wieder gegen 3.20 Uhr aufstehen, um sich ein letztes Mal für den Tag zu stärken.

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