Warstein. . Ein Warsteiner ging mit Rückenschmerzen ins Krankenhaus. Heute ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Wer sich nun dafür verantworten muss.

Für dauerhafte gesundheitliche Schäden nach einer Operation hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) einem 67 Jahre alten Warsteiner jetzt 34 500 Euro Schadensersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 75 000 Euro zugesprochen.

Der behandelnde Arzt habe den Patienten nicht ausreichend über Behandlungsalternativen aufgeklärt, befand das Gericht bereits Mitte Dezember, wie erst gestern bekannt gegeben wurde.

Jahrelange Rückenschmerzen

Mehr als 20 Jahre lang hatte der Warsteiner bereits an Rückenschmerzen gelitten, als er im Juli 2010 in einem Krankenhaus im Kreis Soest behandelt wurde.

Nach einigen Tagen stationären Aufenthalts mit einer konservativen Behandlung riet der beklagte Mediziner, ein Belegarzt an dem Krankenhaus, zu einer Operation. Eine Computertomographie hatte ergeben, dass der Wirbelkanal der Lendenwirbelsäule verengt sei.

Lähmungserscheinungen in Beinen

Nach dem Eingriff stellten sich neurologische Ausfälle in beiden Beinen des Klägers ein. Er war nicht mehr in der Lage, das gestreckte Bein anzuheben.

Zudem zeigten sich Lähmungen beim Heben und Senken der Füße, eine Blasenentleerungsstörung und eine Störung der Sexualfunktion. Zwei Revisionsoperationen bewirkten keine nachhaltige Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers.

Bis heute Schmerzen im Operationsbereich

Die Lähmungserscheinungen und Gefühlsstörungen im Bereich der Beine und Füße sowie Schmerzen im Operationsbereich halten bis heute an. Der 67-Jährige kann nur noch kurze Strecken mit Gehhilfen zurücklegen und ist im Übrigen auf einen Rollstuhl angewiesen.

Zudem muss er mit einer dauerhaften Störung der Sexualfunktion leben. Wegen der Beschwerden und der eingeschränkten Mobilität entwickelte sich zudem eine depressive Störung. Die Blasenentleerungsstörung hat sich zwischenzeitlich zurückgebildet.

Urteil des Landgerichts aufgehoben

Das Oberlandesgericht Hamm hob mit seiner Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 12. November 2013 auf, das die Forderungen des Klägers abgelehnt hatte.

Damit wurde ein jahrelanger Rechtsstreit beendet.

Für diese gesundheitlichen Folgen muss nun der Arzt haften, weil er seinen Patienten vor dem Eingriff unzureichend aufgeklärt habe, urteilte jetzt das Gericht, das sich dabei auf die Expertise medizinischer Sachverständiger stützte.

Der Schadensersatz, den der Arzt nun zahlen muss, entspricht in voller Höhe der Forderung des Warsteiners. Außerdem beantragte der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 200 000 Euro, das ihm aber nur zu Teilen zugesprochen wurde.

Einwilligung zur OP nicht wirksam

Die für die Operation erteilte Einwilligung des Klägers sei wegen der unzureichenden Aufklärung nicht wirksam, entschied das OLG. Das Landgericht Arnsberg war in der Vorinstanz noch von „einer hypothetischen Einwilligung des Klägers“ ausgegangen.

Auch bei Kenntnis der Alternative hätte der Patient der Operation zugestimmt. Doch dem widersprachen die Richter in Hamm. Der Warsteiner habe deutlich machen können, dass die Fortsetzung der konservativen Behandlung eine echte Alternative für ihn gewesen sei.

Arzt konnte hinreichende Aufklärung nicht beweisen

Außerdem habe der Mediziner nicht nachweisen können, dass er den Kläger über die Risiken der OP hinreichend aufgeklärt habe. Nach der Rechtsprechung sei die Wahl der Behandlungsmethode zwar primär Sache des Arztes.

Gebe es aber – wie im vorliegenden Fall – mehrere Möglichkeiten, unter denen der Patient eine echte Wahlmöglichkeit habe, müsse ihm durch eine vollständige Aufklärung die Entscheidung überlassen werden, auf welchem Weg die Behandlung erfolgen solle und auf welches Risiko er sich einlassen wolle.

Je weniger dringlich der Eingriff, desto weitgehender seien Maß und Genauigkeitsgrad der Aufklärungspflicht.

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