Warstein/Arnsberg. . Vor dem Landgericht Arnsberg wurde die Klage eines Warsteiner nach seiner Legionellen-Erkrankung gegen den Ruhrverband abgewiesen.

  • Das Landgericht Arnsberg hat die Klage eines Warsteiners gegen den Ruhrverband abgewiesen
  • Der Mann hatte das Wasserunternehmen nach seiner Legionellen-Erkrankung auf Schmerzensgeld verklagt
  • Insgesamt wurden bei dem Legionellen-Ausbruch 2013 165 Menschen infiziert

Die Klage eines Warsteiners (63) gegen den Ruhrverband wurde abgewiesen. Er hatte Schadensersatz verlangt, weil er an Folgeschäden einer Legionellen-Erkrankung leidet und den Versorger dafür verantwortlich macht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Eine grüne Tasche liegt leicht zerknickt unter der Heizung im Saal 134 des Landgerichts Arnsberg. In ihr steckt bis vor wenigen Minuten ein dicker Ordner mit Gutachten und Anwaltsschreiben – Dokumente einer Leidensgeschichte. Auf ihnen kritzelt der klagende Warsteiner Handwerker immer wieder herum, macht sich Notizen.

15 000 Euro Schmerzensgeld gefordert

Am Donnerstagmorgen, mehr als vier Jahre nach dem Legionellen-Ausbruch in Warstein, fordert er Gerechtigkeit. Er selbst erkrankte an der Legionärskrankheit, hat aufgrund der starken Medikamente bis heute Nierenprobleme – und will dafür nun 15 000 Euro Schmerzensgeld vom Ruhrverband.

Das Landgericht Arnsberg urteilt anders als gehofft. Nach knapp fünf Stunden Beratungszeit verkündet Richter Pagel: Die Klage ist abgewiesen. „Die zuständige Kammer hat entschieden, dass die Betreiber des Klärwerks nicht Schuld an der Erkrankung des Klägers haben“, sagt Gerichtssprecher Daniel Langesberg.

Legionellen-Kolonien im Klärwerk

Sechs Stunden zuvor nimmt der Warsteiner regungslos die Aussagen des Ruhrverbandes hin. Am 9. August 2013 bricht die Krankheit bei ihm aus, als Handwerker arbeitet er zuvor in unmittelbarer Nähe der Kläranlage, die vom Ruhrverband betreut wird. Über Aerosole, die sich in der Luft rund um die Kläranlage gebildet haben, soll er sich angesteckt haben. Vier weitere Mitarbeiter des Unternehmens waren vom Ausbruch betroffen.

Luft-Messwerte am Warsteiner Klärwerk enorm hoch

„Die Luftmessungen sprechen eine deutliche Sprache. Im gesamten Stadtgebiet wurde während des Ausbruchs eine koloniebildende, also gefährliche, Legionellen-Einheit auf 250 Liter Luft festgestellt. Im Bereich über der Kläranlage waren es knapp 2500“, erklärt Rechtsanwalt Patrick Elixmann, der den Warsteiner vertritt. Er unterstellt dem Ruhrverband, fahrlässig gehandelt und die Legionellen über das aufbereitete Wasser der Wester im Stadtgebiet verteilt zu haben.

Der Legionellen-Ausbruch in Warstein im Überblick

Ab dem 10. August 2013 häuften sich im Warsteiner Krankenhaus Fälle von schweren Lungenentzündungen, die später überwiegend als Symptome der Legionärskrankheit diagnostiziert wurden.

  • Insgesamt gab es 165 Erkrankte.

  • Drei Menschen starben an den Folgen der Erkrankung.

  • Die Ursache für den Legionellen-Ausbruch war wochenlang unklar, schlussendlich wurden die Bakterien auf die Verdunstungskühlanlage der Esser-Werke zurückgeführt, die ihr Kühlwasser aus der Wester aufgenommen hatten.

  • Dies wurde zuvor wiederum in der Warsteiner Kläranlage aufbereitet, die auch über einen Kanal zur Brauerei von dort aus verseuchtes Wasser zugeführt bekommen hatte.

  • In der Kläranlage selbst wurden erst Ende August erhöhte Legionellen-Werte gemessen, nachdem bei einer ersten Begehung am 22. August durch die zuständige Arbeitsgemeinschaft keine Sofortmaßnahmen ergriffen wurden.

  • Ein Verfahren nach einer Sammelklage von mehreren Erkrankten wurde 2014 eingestellt.

  • Die Beklagten halten dagegen: „Das Wasser, etwa aus dem Kanal der Warsteiner Brauerei, hat vor der Aufbereitung noch höhere Legionellen-Vorkommen aufgewiesen. Wir haben nach unseren Vorgaben gehandelt und sehen keine Pflichtverletzung“, sagt Ruhrverbands-Justiziarin Dr. Inken Pehla.

    Regionalbereichsleiter Dr. Klaus Kruse schränkt ein: „Das ist eine tragische Geschichte. Nur sind wir auch Betroffene, die Legionellen wurden uns von außen zugeleitet.“ Aus Vorsorgegründen werden täglich Proben im Warsteiner Klärwerk entnommen und eingefroren, um diese in Ausnahmesituationen zu prüfen.

    Kruse: „Selbst wenn wir die Proben prüfen würden, auf Legionellen werden sie nicht getestet. Dies müsste eine externe Stelle übernehmen.“

    Fortsetzung vor dem OLG Hamm?

    Diese Argumente prallen an Patrick Elixmann ab, er weist auf die besonderen Bedingungen im Warsteiner Klärwerk hin: „Das Wasser, was von der Brauerei zugeführt wird, ist deutlich wärmer als in ‘normalen’ Kläranlagen. Und es ist somit auch eine Brutstelle für Legionellen.“

    Im Fokus stehen für den Rechtsanwalt vier Bauteile: Tropfkörper, Belegungsbecken, Schlamm- und Faulbehälter: In den dort entnommenen Proben wurden teilweise bis zu sechs Millionen koloniebildende Einheiten (KBE) auf 100 Millilitern gefunden – der Grenzwert für Trinkwasser liegt bei 100 KBE. Elixmann spricht von einer „exzessiven Legionellenbelastung“, die Gegenseite sagt, die Grenzwerte für Trinkwasser würden in einer Kläranlage keine Rolle spielen.

    Keine Gefahrenhaftung möglich

    Das Gericht sieht dies ähnlich, erkennt weder eine Verletzung der Amtspflicht noch Potenzial für eine Gefahrenhaftung nach §89 des Wasserhaushaltsgesetzes. Gerichtssprecher Daniel Langesberg: „Die Haftung käme nur in Frage, wenn der Kläger auch über das Wasser infiziert worden wäre, nicht, wie in seinem Fall, durch die Luft.“ Noch kann der 63-Jährige in Berufung gehen.

    Für Rechtsanwalt Patrick Elixmann durchaus wahrscheinlich: „Die Tendenz geht für uns in diese Richtung, wir wollen aber natürlich die genaue Urteilsbegründung abwarten.“ Dann würde der Prozess vor dem Oberlandesgericht Hamm fortgesetzt

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