Lippstadt/Arnsberg. . 33-jähriger Lippstädter muss in geschlossener Psychiatrie bleiben. Das Landgericht Arnsberg hält ihn aus mehreren Gründen für gefährlich.

Ein 33-jähriger Lippstädter, der seit September 2016 in einer geschlossenen Abteilung der Forensik in Eickelborn lebt, ist auch weiterhin in einer psychiatrischen Klinik unterzubringen. Dies ordnete am Dienstag die 6. Große Strafkammer am Landgericht Arnsberg an. Der Grund: Es sei davon auszugehen, dass von dem Mann ohne eine Unterbringung „erhebliche Straftaten zu erwarten“ sind, wie Vorsitzender Richter Markus Jäger erklärte.

Meiste Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit

Seit 2010 hatte der Angeklagte zahlreiche Delikte im Zustand der Schuldunfähigkeit bzw. stark verminderter Schuldfähigkeit begangen. Schon im vergangenen Jahr hatte sich das Landgericht – damals die 2. Strafkammer – in einem so genannten Sicherungsverfahren mit ihm befasst und die Einweisung in die geschlossene Psychiatrie verfügt. Nur hatte der Bundesgerichtshof nach einem Revisionsantrag von Verteidiger Sascha Gruhl das Urteil in Teilen verworfen. Das betraf nicht die Beweiswürdigung an sich, wohl aber die Gefährlichkeitsprognose, die der BGH durch die Kammer nicht ausreichend begründet sah.

Enger rechtlicher Rahmen für Unterbringung

Das Gericht stützte sich in seinem Urteil insbesondere auf Paragraph 63 des Strafgesetzbuches.

Darin heißt es: Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten (. . .) zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

„Ich halte ihn nicht für einen Hochkriminellen, aber für einen in seiner Persönlichkeit schwerst gestörten Menschen“, fasste Dr. Josef Leßmann aus Warstein als psychiatrischer Gutachter seine Erkenntnisse zusammen, auf die sich das Gericht stützte. Bei den zur Last gelegten Taten handelte es sich überwiegend um Delikte wie Diebstähle, Selbstbefriedigung in der Öffentlichkeit und Schwarzfahren, aber auch um eine gefährliche Körperverletzung und versuchten Raub. Immer war Alkohol im Spiel. Unter anderem hatte der Angeklagte im September 2015 einem Rollstuhlfahrer in Soest eine Tüte mit Leergut über den Kopf gezogen, was den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllte. Seiner Mutter hatte er mit Beschimpfungen und ungebetenen Besuchen so zugesetzt, dass diese schließlich (für ihn) unbekannt verzog. „Ich denke, dass ist alles nur durch den Alkohol gekommen; sonst hat er nie ein böses Wort verloren“, erklärte die Frau im Zeugenstand.

Richter sieht „relativ hohe Dichte an Taten“

„Es passiert nicht immer, aber immer wieder, dass er die Kontrolle verliert“, fasste Jäger in seiner Urteilsbegründung zusammen und sprach von einer „relativ hohen Dichte an Taten“. Wie diese verlaufen würden, dafür seien vor allem die Rahmenbedingungen ausschlaggebend. Diese liegen in der Mehrfacherkrankung des 33-Jährigen begründet. Leßmann bescheinigte eine Form der Psychose, deren Auswirkungen, wie Jäger zusammenfasste, u.a. eine verminderte Affektregulierung sowie eine sofortige Bedürfnisbefriedigung seien. Hinzu kommt eine gutachterlich attestierte intellektuelle Grenzbegabung mit einem Intelligenzquotienten von 72. Kommt dann noch der Alkoholkonsum hinzu, wirke dieser zusätzlich enthemmend auf einen Organismus, der durch die psychiatrische Vorerkrankung ohnehin die Kontrolle über das, was richtig und was falsch ist, eingebüßt, wenn nicht verloren hat.

Medikamente stabilisieren Zustand deutlich

Aktuell ist der Zustand des 33-Jährigen relativ stabil. Dies aber, machte Jäger nach der Zeugenanhörung, darunter insbesondere der zuständigen Psychologin in Eickelborn, deutlich, basiere auf der erfolgreichen Medikation und dem Fehlen von Alkohol. Ohne eine Überwachung dieser beiden Faktoren sah das Gericht „alle positiven Ansätze hinüber“. Nach einer Entlassung aus der geschlossenen Psychiatrie sei kein gesichertes Umfeld für den Mann garantiert. „Am Ende hätten wir wieder die Situation wie vor der Einweisung.“

Dieses Risiko wollte das Gericht, das dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgte, zum Schutz der Allgemeinheit, aber auch des Angeklagten nicht eingehen. Auch widersprach Markus Jäger dem Vorwurf des Verteidigers, die Unterbringung bedeute ein Lebenslänglich für seinen Mandanten und sei mit Sicherungsverwahrung gleichzusetzen. „Wenn der Beschuldigte Einsicht in seine Krankheit zeigt, weiter seine Medikamente bekommt und sich therapeutischen Ansätzen nicht verwehrt, kann Bewegung reinkommen“, so der Vorsitzende Richter.