Warstein/Rüthen. . Michael Bruns kandidiert bei der Landtagswahl 2017 im Wahlkreis Soest II für die Linke. Verbindungen nach Warstein hat er über seine Frau.
- Michael Bruns tritt als Direktkandidat für die Linke im Wahlkreis Soest II an
- Seine politischen Schwerpunkte sind Gerechtigkeit und Erhalt der Industrie
- Windkraft im Arnsberger Wald lehnt er ab
Als Fraktionsvorsitzender im Lippstädter Stadtrat gehört Michael Bruns zu den erfahrensten Linken-Politikern im Kreis Soest. Der 44 Jahre alte Werkzeugmacher tritt in diesem Jahr bei der Landtagswahl für seine Partei als Direktkandidat im Wahlkreis Soest II an.
Vor der Wahl am 14. Mai spricht er im Interview mit der WESTFALENPOST über Politisches und Persönliches.
1. Wenn Sie alle Zeit der Welt hätten...? Dann würde ich eine starke linke Bewegung aufbauen, um das Land gerechter zu machen. Also eigentlich nichts anderes als jetzt schon – nur mit mehr Zeit.
2. Ihr erstes selbst verdientes Geld? In einer kleinen Metallwerkstatt auf einem Bauernhof habe ich so Metallbügel gebogen.
3. Bei welcher Sportart schalten Sie den Fernseher ab? Außer Eishockey bei fast jeder.
4. Worüber sollte unbedingt mal ein Buch geschrieben werden? Über die Zusammenhänge von Neoliberalismus und Rechtspopulismus.
5. Welches Gebäude in Ihrem Wahlkreis wird zu Unrecht übersehen? In Lippstadt an der Langen Straße gucken die Leute meistens nicht nach oben zu den schönen Fassaden.
6. Was haben Sie zuletzt geschenkt bekommen? Kino-Gutscheine – die kann ich immer gut gebrauchen.
7. Mit welchem Trend können Sie nichts anfangen? Welche Trends gibt es denn?
8. Sie knacken den Lotto-Jackpot – und dann? Dann würde ich weniger Erwerbsarbeit nachgehen und mich mehr politisch und sozial engagieren.
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9. Wen möchten Sie einmal treffen? Den aktuellen Dr.-Who-Darsteller Peter Capaldi.
10. Ihr Haus brennt und Sie können drei Dinge retten. Welche? Frau, Katze – und meine Passwörter.
11. Wenn Sie einen Tag lang Ministerpräsident wären, würden Sie... Hartz-IV-Sanktionen abschaffen, Abschiebungen nach Afghanistan stoppen und mehr Geld für die Bildung bereit stellen.
So politisch hat kein anderer Kandidat die ersten elf Fragen beantwortet. Eins scheint jetzt schon klar: Michael Bruns lebt für seine Überzeugungen.
12. Was macht eigentlich Spaß an Politik? Alles: Mit Leuten über Politik reden und Infos verbreiten. Ich mag es vor allem, mich in der Öffentlichkeitsarbeit ein bisschen auszuleben.
13. Und was überhaupt nicht? Im Wahlkampf wird das manchmal ein bisschen zu heftig. Ich habe jetzt eine leichte Erkältung und muss trotzdem von Termin zu Termin. Die Leute sagen, dass Politiker ständig präsent sein sollten – ich möchte mal sehen, wie das gehen soll.
14. Wenn Sie nicht Politik machen, was machen Sie dann? Ich beschäftige mich mit Technik, Computer, Smartphone. Ich fotografiere analog und digital. Ich gucke Eishockey, das nimmt viel Zeit ein. Und ich mag Science-Fiction.
15. Kann/muss man Politik lernen? Jein. In einer Partei kann jeder anfangen, sich einzubringen und mitzureden. Wenn man mit formaler Demokratie zu tun hat, muss man das natürlich lernen.
16. Haben Sie ein politisches Vorbild? Unser Parteichef Bernd Riexinger und Christine Buchholz, die ist Bundestagsabgeordnete bei uns, sind Leute, die ich gut finde. Die sind besonnen und fleißig. Ich bin manchmal aufbrausend, deswegen bewundere ich das.
17. Worüber würden Sie im Landtag gerne mal eine Rede halten? Über den Erhalt industrieller Arbeit in NRW.
18. Und worüber werden zu viele Reden gehalten? Über Sparmaßnahmen und Kürzungen.
19. Wie viele Freunde haben Sie auf Facebook? Das weiß ich nicht auswendig. Darf ich nachgucken?
Michael Bruns verkneift sich den Blick aufs Smartphone. Wer nicht mit ihm befreundet ist, kann nur sehen, dass 311 Facebook-Nutzer seine Beiträge abonniert haben.
20. Kennen Sie die alle? Fast alle. Im politischen Bereich bin ich schon landesweit vernetzt. Das sind nicht alles meine besten Freunden, aber über die Politik kennt man sich.
21. Wann schalten Sie Ihr Handy mal aus? Wenn’s nicht funktioniert.
22. Welche ist Ihre früheste Erinnerung an Warstein? Meine Frau kommt aus Warstein und ist dann nach Lippstadt gezogen. Deswegen bin ich öfter hier, um meinen Schwager und meine Neffen zu besuchen. Deswegen kenne ich Warstein besser als viele andere Städte im Kreis.
23. Und welche an Rüthen? Das kenne ich nur vom Wahlkampf: Plakate kleben oben auf dem Berg.
24. Haben Sie einen Lieblingsplatz im Wahlkreis? Das Eiscafé Campo auf der Langen Straße in Lippstadt.
25. Und außerhalb davon? Ich fahre sehr gerne nach Holland, nach Alkmaar in den Urlaub.
26. Was sagen Sie zu... sozialer Ungleichheit? Die nimmt in NRW rasant zu und da muss was gegen getan werden. Wir brauchen mehr gut bezahlte, unbefristete Stellen und einen Mindestlohn von zwölf Euro. Schleswig-Holstein hat auch einen höheren Mindestlohn als im Bund. Wir brauchen mehr Steuergerechtigkeit über eine Millionärssteuer. In den Kommunen würde das Geld dringend gebraucht.
Wenn es um politische Themen geht, werden die Antworten länger: Michael Bruns hat sich langsam warm geredet. Außerdem ist er bei Kommunalfinanzen als Lippstädter Ratsmitglied voll im Thema.
27. ...B 55? Die Position der Warsteiner Linke ist ja bekannt. Wenn die B 55n nicht kommt, braucht es eine innerstädtische Entlastung. In Stirpe bin ich auch dafür, dass sie kommt. Wir fördern ja sonst eher Schiene und ÖPNV, aber in den beiden Orten muss was passieren.
28. ...Windkraft? Wir sind voll dafür, dass Windkraft massiv ausgebaut wird. Wenn wir aus der Braunkohle raus wollen, muss ein Ersatz her. Aber das muss immer in Abstimmung mit den Anwohnern passieren und darf nicht aufgedrückt werden. Im Arnsberger Wald gilt das nicht. Den Wald sollten wir weiter renaturieren und nicht kaputt machen.
29. ...Lügenpresse? Ach Gott, ein Kampfbegriff der Rechten. Die Presse hat mal recht und mal unrecht, da aber Absicht zu unterstellen, ist ein wenig schräg. Viele Presseorgane sind profitorientiert, deswegen haben auch wir so unsere Probleme.
30. ...Inklusion? In NRW völlig unter die Räder geraten. Man hat den Eindruck von einem Sparmodell, es fehlt an Konzept und Personal. Grundsätzlich bin ich aber für Inklusion.
31. ...Schwarze Null? Schön, braucht man aber nicht unbedingt. Wenn Schulen und Straßen verfallen, werden die Kosten später nur noch höher. Es fehlen viele Investitionsmaßnahmen.
32. ...Fraktionsdisziplin? Bei uns gibt es keinen Fraktionszwang. Wenn ein, zwei Leute aus der Reihe springen und wir deswegen etwas nicht umgesetzt bekommen, wäre das aber natürlich fatal. Deswegen beißen einige dann schon mal auf die Zähne.
33. Welchen Satz können Sie nicht mehr hören? Das ist alternativlos.
34. Reden oder zuhören? Reden.
35. G8 oder G9? G9.
36. Mehr Polizei oder mehr Sozialarbeiter? Mehr Sozialarbeiter.
37. R2G oder GroKo? Besser, wir sind dabei: R2G.
38. Ampel oder Jamaika? Das ist nix, da kann ich nur eine Scherzantwort geben.
39. Schützenfest oder Karneval? Karneval.
40. Zeitung oder ePaper? ePaper.
41. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen? Ich habe einen ganzen Haufen Bücher über Armut, Politik und Wirtschaft – aber ich lese die selten von vorne bis hinten wie einen Roman.
42. Und welche Fernsehserie lassen Sie sich nicht entgehen? Dr. Who.
43. Brauchen wir eine Obergrenze für Flüchtlinge? Nein, das ist gegen das Grundgesetz und ein rassistisches Konstrukt. Wenn es brennt, muss man helfen.
44. Brauchen wir eine Obergrenze für Manager-Gehälter? Ja, das kann man übrigens auch steuerlich machen.
45. Brauchen wir eine Obergrenze für die Staatsverschuldung? Ich denke: nein. Investitionen in Infrastruktur und Beschäftigung sind manchmal wichtiger.
46. Brauchen wir eine Obergrenze für Politikerforderungen? Nein, es wird noch viel zu wenig gefordert. Ich finde es immer wieder unspannend, wie die Wahlkämpfe laufen. Es sind zum Beispiel alle für sozialen Wohnungsbau, aber dann muss man sich auch angucken, wie man das erreichen will oder was gemacht worden ist. Ganz oft wird sich da weggeduckt.
47. Sind Sie ein Dorfkind? Nein.
48. Merken Sie im Wahlkreis einen Unterschied zwischen Stadt und Dorf? In Lippstadt nicht so sehr.
49. Ich lebe gerne in Südwestfalen, weil... Ich finde Südwestfalen so unsinnig. Lippstadt liegt in der Mitte von Nordrhein-Westfalen, warum sollten wir hier Südwestfalen sein? Wir sind richtige Westfalen.
50. Wie lange fährt man mit dem Bus von Hemmern nach Soest? Eine Stunde?!
In Wirklichkeit sind es mindestens 93 Minuten. „Noch schlimmer, als ich dachte“, sagt Bruns.
51. Und mit dem Auto? 20 Minuten.
Da unterschätzt der Linken-Politiker die Strecke: 33 Minuten sagt das Internet.
52. Bewerten Sie sich auf einer Skala von 1 (überhaupt kein Talent) bis 10 (großes Talent): Sänger... 3 – wobei ich sogar mal im Schulchor war.
53. Zocker... 8. Ich spiele einmal im Jahr Lotto und oft gewinne ich.
54. Populist... Wenn man den Begriff so versteht, dass man die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung durchsetzen will, dann hoffe ich, dass ich recht gut bin: 5. Ich bin nicht unbedingt Oscar Lafontaine. Schade, dass der Begriff Populismus durch die AfD so durch den Dreck gezogen wurde.
55. Was machen Sie am 14. Mai gegen 20 Uhr? Ich werde erst im Kreishaus sein und später mal in der Kreisgeschäftsstelle vorbeischauen. Und ich werde hoffentlich fröhlich sein, dass wir im Landtag sind.
Michael Bruns wird sich womöglich für seine Partei freuen. Er selbst hat keine Chancen auf den Einzug in den Landtag, denn er hat einen Platz auf der Landesliste verfehlt und müsste den Wahlkreis damit direkt gewinnen.