Suttrop. . Seelsorger der Warsteiner Heilanstalt und Hitlers Freund: Der Anstaltspfarrer, der zum Euthanasie-Gegner wurde.

Ein besonderer Charakter in der Geschichte der Warsteiner Heilanstalt war Pastor Dr. Lorenz Pieper. Pieper, gebürtig aus Eversberg stammend, galt als persönlicher Freund Adolf Hitlers, war bekennender Nationalsozialist. Und doch war er ein Kämpfer gegen die Verbrechen der Euthanasie.

Seit April 1936 Pfarrer in Warstein

Die Vita Piepers ließt sich wie eine Achterbahnfahrt. Regelmäßig änderte der Seelsorger seine Arbeitsstätten, wurde vom Erzbistum versetzt oder gleich ganz in den Ruhestand verabschiedet. „Ein Charakter mit dem Herz auf der Zunge“, so würde man Lorenz Pieper im heutigen Sprachgebrauch beschreiben.

Ein Mann mit besonderer Eigenart: Dr. Lorenz Pieper.
Ein Mann mit besonderer Eigenart: Dr. Lorenz Pieper. © Alexander Lange

Am 1. April 1936 wird Pieper Pfarrer der Warsteiner Heilanstalt - trotz aller Auseinandersetzungen mit dem Paderborner Erzbistum. Fortan leitet er die St. Elisabeth-Gemeinde auf dem Klinikgelände. Die Begeisterung der Warsteiner hielt sich anfangs jedoch in Grenzen. Man hatte Angst vor einem Pastor, der seine nationalsozialistische Gesinnung offen zeigte. Das goldene Parteiabzeichen der NSDAP trug er tagtäglich an seinem Rock.

Doch mit seiner Arbeit in Warstein verblasste die nationalsozialistische Ideologie von Pastor Pieper.

Den Vorschriften der Nationalsozialisten, sämtliche Kreuze abzuhängen, kirchliche Feiertage zu unterlassen, widersetzte sich Pieper rigoros. Und so erfuhr Pieper ebenso von den Verlegungen der zahlreichen Patientinnen und Patienten aus Warstein. Er wusste von dem Zweck der Transporte, äußerte sich offen gegen die Maßnahmen.

Pieper schrieb Briefe an sämtliche katholische Ärzte im deutschen Reich und forderte die katholische Kirche auf, sich klar gegen die Euthanasie zu positionieren. Er titulierte die Euthanasie als „himmelschreiende Sünde“, als „Widerspruch mit dem positiv-menschlichen Sittengesetz“.

Aufruf zum Widerstand

Die Gründe sind dringend, Eile ist geboten: Mit den Briefen versuchte Pieper, Kranke vor der Verlegung zu schützen.
Die Gründe sind dringend, Eile ist geboten: Mit den Briefen versuchte Pieper, Kranke vor der Verlegung zu schützen. © Alexander Lange

Doch zu diesem Zeitpunkt waren bereits hunderte Patienten aus Warstein abtransportiert worden. Also wurde Pieper selber aktiv. Im Namen der Patientinnen und Patienten verfasste er Briefe (siehe unten) an deren Familien. Inhalt: Die Familien sollen ihre Kranken schnellstmöglich aus der Anstalt fortholen, da ein Abtransport bevorstünde. Ziel und Schicksal der Patienten sei ungewiss. Eile sei geboten.

Die Aktion Lorenz Piepers war höchstgefährlich, die Nationalsozialisten durften unter keinen Umständen davon erfahren. So fuhren die Ordensschwestern in dunkelster Nacht per Fahrrad durch die Ortsteile und warfen die Briefe in die Postkästen.

Doch die Rückmeldungen waren enttäuschend. Nur ein Bruchteil der Familien meldete sich, kaum jemand wollte seine Angehörigen heimholen. Zu groß war offenbar die persönliche Last, zu stark die Sorge um die private Pflege. Doch Pieper blieb stark und kämpfte um seine Patienten.

Zur Person Dr. Lorenz Piepers

Lorenz Pieper wird am 15. Mai 1875 in Eversberg geboren.

Seine Doktorarbeit verfasst er über die Bergbauarbeiter im Ruhrgebiet.

Bereits in den frühen 1920er Jahren wird Pieper Mitglied der NSDAP.

Gegen den Willen des Erzbistums betrieb Pieper nationalsozialistische Propaganda.

In Warstein erlebte Pieper einen politischen Sinnenswandel.

1951 stirbt Lorenz Pieper.

1942 muss Pieper auf Antrag des NSDAP-Landeshauptmanns Warstein wieder verlassen. Zu stark, sein Widerstand gegen die Euthanasie. Pieper zieht es zurück ins heimische Eversberg.